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Hunderte Tote befürchtet – was wir zum Boots-Drama in Griechenland wissen

Hunderte Opfer, verweigerte Rettung, rostiges Schiff: Was zum Boots-Drama bekannt ist

15.06.2023, 10:0915.06.2023, 11:08
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Was ist passiert?

Am Mittwochmorgen ist ein Boot rund 50 Seemeilen (rund 92 Kilometer) vor der südwestlichen Küste Griechenlands gekentert und untergegangen. An Bord ist es offenbar zu einer Panik gekommen sein, woraufhin es laut griechischer Küstenwache schnell sank.

This undated handout image provided by Greece's coast guard on Wednesday, June14, 2023, shows scores of people on a battered fishing boat that later capsized and sank off southern Greece. A fishi ...
Bilder des Schiffes, bevor es sank.Bild: keystone

Das Boot war bereits am Dienstag in internationalen Gewässern zwischen Griechenland und Italien entdeckt worden. Die griechische Küstenwache und auch vorbeifahrende Frachter hatten den Menschen per Funk Hilfe angeboten, doch die Migranten lehnten ab und gaben an, weiter nach Italien fahren zu wollen.

Laut der NGO «Alarm Phone» ist das Boot in Tobruk, Libyen in See gestochen. Das letzte Mal Kontakt mit dem Kapitän des Schiffes hatte sie um ein Uhr morgens am Mittwoch. Die letzten Worte waren: «Hello my friend… The ship you send is…». Danach verstummte der Kanal.

Wie viele Opfer gibt es?

Über die genaue Anzahl Opfer kann derzeit nur spekuliert werden. Dies, weil man nicht weiss, wie viele Menschen sich wirklich an Bord des Schiffes befanden. Sicher ist: Die Anzahl ist hoch.

Was man weiss: 104 Personen - meist Männer zwischen 16 und 41 Jahren - wurden von der Küstenwache gerettet. 79 Menschen wurden bisher tot geborgen.

Survivors of a shipwreck rest in a warehouse at the port in Kalamata town, about 240 kilometers (150 miles) southwest of Athens, Wednesday, June 14, 2023. A fishing boat carrying migrants trying to re ...
Bild: keystone

Über die Anzahl Menschen an Bord des Bootes gibt es unterschiedliche Berichte. Die Internationale Organisation für Migration der UNO (IOM) tweetete, dass Meldungen zufolge rund 400 Menschen an Bord waren.

Gerettete berichten von bis zu 700 Menschen, die sich in das Boot quetschen mussten.

«Wir fürchten, die Opferzahl wird noch stark ansteigen», sagt ein Sprecher der griechischen Regierung. Angesichts der kolportierten Zahlen eine realistische Einschätzung.

Wie verläuft die Rettungsaktion?

Nicht gut. Die Suche ist in der Nacht zum Donnerstag ohne Erfolg fortgesetzt worden. «Weder Überlebende noch weitere Opfer wurden in der Nacht entdeckt», sagte ein Sprecher der griechischen Küstenwache im Staatsrundfunk.

Paramedics transfer an injured survivor of a shipwreck to an ambulance at the port in Kalamata town, about 240 kilometers (150 miles) southwest of Athens, Wednesday, June 14, 2023. A fishing boat carr ...
Bild: keystone

Schiffe der griechischen Küstenwache und Kriegsmarine brachten die Leichen zum südgriechischen Hafen von Kalamata. Die 104 Überlebenden wurden in Zelten im Hafen dieser Hafenstadt untergebracht. 26 von ihnen hätten im Krankenhaus hauptsächlich wegen Unterkühlung behandelt werden müssen, teilten die Behörden mit. Die Suchaktion dauere an, hiess es.

Wie war die Situation auf dem Boot?

This undated handout image provided by Greece's coast guard on Wednesday, June14, 2023, shows scores of people covering practically every free stretch of deck on a battered fishing boat that late ...
Bild: keystone

Beim gesunkenen Boot handelt es sich um einen alten Fischkutter. Er war rund 30 Meter lang und komplett verrostet.

Fotos zeigen, dass sich allein schon an Deck bis zu 200 Menschen drängten. Auszumachen sind ein weiteres Zwischendeck und der Rumpf.

Survivors of a shipwreck sleep at a warehouse at the port in Kalamata town, about 240 kilometers (150 miles) southwest of Athens, Wednesday, June 14, 2023. A fishing boat carrying migrants capsized an ...
Bild: keystone

Die übrigen Passagiere, darunter nach Angaben der Überlebenden auch schwangere Frauen und viele Kinder, sollen sich unter Deck aufgehalten und beim schnellen Sinken des Bootes keine Chance gehabt haben, sich nach draussen zu retten.

Was sind die Reaktionen?

Greek President Katerina Sakellaropoulou speaks during a press conference after talks with her Serbian counterpart Aleksandar Vucic at the Serbia Palace in Belgrade, Serbia, Tuesday, March 28, 2023. S ...
SakellaropoulouBild: keystone

Griechenlands Präsidentin Katerina Sakellaropoulou besuchte die Geretteten vor Ort. Sie sagt: «Wir sind schockiert. Wir sind schockiert, wie alle in Griechenland.»

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres bezeichnet das Bootsdrama als «schrecklich». Er mahnt, dass jeder Mensch Sicherheit und Würde verdiene.

(aeg/sda)

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112 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Müller Lukas
15.06.2023 10:20registriert August 2020
"Die griechische Küstenwache und auch vorbeifahrende Frachter hatten den Menschen per Funk Hilfe angeboten, doch die Migranten lehnten ab und gaben an, weiter nach Italien fahren zu wollen"
Was soll man da noch sagen? 🤦‍♀️😑
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Darkside
15.06.2023 11:08registriert April 2014
Erst freiwillig in den Seelenverkäufer einsteigen, dann Hilfe ablehnen. Sorry, aber dafür kann ich mittlerweile kein Mitleid mehr empfinden.
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Twil
15.06.2023 13:59registriert März 2022
Anfang 90er Jahre lernte ich an einem Fest eines grossen Asylbewerberheims eine iranische Familie mit 2-monate altem Säugling kennen und lieben. Die folgenden drei Jahre begleitete und unterstützte ich sie in jeder möglichen Form - auch Anwaltskosten für Einspruch gegen die Zurückweisung ihres Antrags. Sie offenbarten mir am Tag vor ihrer Rückschaffung, dass sie mich all die Jahre belogen hatten. Es tut heute noch sehr weh.
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