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Grossbritannien

Patrick Hutchinson: Held von London erklärt Neonazi-Rettung

«Du tust, was du tun musst» – der Held von London erklärt seine Neonazi-Rettung

Bei Anti-Rassismus-Protesten in London wird ein weisser Mann von Demonstranten überwältigt. Ein Schwarzer rettet ihm womöglich das Leben. Das Bild geht um die Welt. Der Helfer erklärt sein Handeln.  
16.06.2020, 10:09
Liesa Wölm / t-online
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Ein Bild geht um die Welt.
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t-online

Das Bild sorgt inmitten der weltweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt für Aufsehen: Der schwarze Aktivist Patrick Hutchinson rettet einen weissen Mann aus dem Gedränge, in dem Rechtsextreme und Demonstranten aneinandergeraten.

In einem Interview mit dem britischen Sender Channel 4 spricht der Retter über seine Beweggründe: «Sein Leben war in Gefahr. Also bin ich runter, hab ihn aufgehoben und auf meine Schulter gelegt und bin mit ihm in Richtung der Polizei gelaufen.» Weiter erklärt der Personal Trainer und Grossvater: «Du denkst zu diesem Zeitpunkt nicht darüber nach. Du tust einfach das, was du tun musst.»

Die Situation ereignete sich am Samstag in der britischen Hauptstadt London. Hutchinson und seine Freunde nahmen nach eigener Aussage an dem antirassistischen Protest teil, «um den Frieden zu bewahren», berichtet Channel 4. Die Männer hätten Erfahrung mit Kampfkunst und Sicherheit. Auf ihrem Heimweg gerieten sie in einen Konflikt zwischen rechtsextremen Gruppen und schwarzen Demonstranten, sagt Hutchinson in dem Interview. Der Mann, dem er half, sei von seinen Freunden alleingelassen worden. Offenbar gehörte er den Rechtsextremen an. 

«Es wäre wirklich schlimm geworden»

Hutchinson ist sich sicher, dass auch George Floyds Leben hätte gerettet werden können, wenn jemand etwas unternommen hätte: «Wenn die anderen drei Polizisten, die herumstanden, als  George Floyd  ermordet wurde, darüber nachgedacht hätten, einzugreifen und ihren Kollegen daran zu hindern, das zu tun, was er tat – so wie wir –, wäre George Floyd heute am Leben.» Floyd starb am 25. Mai bei einem Polizeieinsatz. Ein Beamter hatte fast neun Minuten auf seinem Nacken gekniet. Seine Kollegen hatten ihn nicht daran gehindert und werden mitverantwortlich für den Tod gemacht. 

Ein Freund des Retters erklärt in dem Interview zu dem jüngsten Vorfall in  London : «Es wäre wirklich schlimm geworden, weil jemand gestorben wäre. Und sofort hätte es geheissen: Schwarze Jungs haben jemanden getötet, sie haben einen weissen Mann getötet. Das hätte es nur noch schlimmer gemacht. Deshalb mussten wir da mit ihm raus.» Ein weiterer Sicherheitsmann erklärt, er habe nicht den Mann schützen wollen, sondern die Kinder: «Ich habe ihre Zukunft geschützt, weil ich weiss, dass der Richter nicht gesehen hätte, was vorher passiert ist.»

Über hundert Festnahmen in London

Die Gruppe habe gemerkt, dass die Situation eskaliere und Hutchinson sei sofort eingeschritten, um dem Mann zu helfen, erklärt ein weiterer Freund von Hutchinson. Das Foto davon ging daraufhin um die Welt. Hutchinson wird seitdem weltweit als Held gefeiert. David Lammy, ein Labour-Abgeordneter von Tottenham, schrieb zu dem Bild auf Twitter: «Patrick Hutchinson bringt einen verletzten Fremden während der gestrigen Proteste in Sicherheit. Es ist leicht, sich auf die schlimmsten Instinkte menschlichen Verhaltens zu konzentrieren. Aber es ist wichtig, dass wir auch das Beste feiern.»

Nach Angaben von Channel 4 wurden am Samstag in London über hundert Personen festgenommen, darunter ein 28-jähriger Mann, der auf ein Denkmal uriniert haben soll. 

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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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swisscheese
16.06.2020 10:25registriert September 2018
«Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es!» (Erich Kästner).
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Schso
16.06.2020 10:37registriert April 2017
Toller Typ, Kudos!
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freeLCT
16.06.2020 10:52registriert Januar 2020
Sofern diese Story 1:1 so abgelaufen ist, kann man dem Hutchinson nur gutsprechen, was er getan hat.
Situativ ein Menschenleben gerettet, unabhängig der Gesinnung oder der Erscheinungsform.

Solche Aktionen sind Gold für das Empathie-Verständnis unserer gottverwahrlosten Gesellschaft.
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