International
Interview

Satirepartei Die Partei bleibt im EU-Parlament.

epa07523223 MEP and 'The Party' party leader Martin Sonneborn (L), and satirist Nico Semsrott (R) pose during the EU election campaign opening of the German satirical party Die PARTEI (The P ...
Bild: EPA/EPA
Interview

Deutsche Satirepartei «Die Partei» bleibt im EU-Parlament – so bedankt sich der Präsident

27.05.2019, 04:4227.05.2019, 10:22
Timo Stein / watson.de
Mehr «International»

Er ist wieder drin. Zumindest sehr wahrscheinlich. Erste Prognosen sehen Martin Sonneborns Satirepartei «Die Partei» bei über zwei Prozent. Mit dem etwas reduzierten Wahlslogan «Für Europa reicht's» ging Sonneborn in Deutschland in den Wahlkampf. Und sollte Recht behalten.

Sonneborn war mit seiner Spassguerilla vor fünf Jahren zum ersten Mal mit 0.6 Prozent der Stimmen ins Europäische Parlament eingezogen. Er wollte die EU «melken wie einen kleinen südeuropäischen Staat». Damals fragten sich viele noch: Was bitte hat die EU mit Satire zu tun? Wie sich in den Folgejahren herausstellen sollte: eine ganze Menge.

Herr Sonneborn, überrascht über den sehr wahrscheinlichen Wiedereinzug?
Martin Sonneborn: Wie viel haben wir denn?

2.6 sagt die erste Prognose.
2.6? Super. Ja, klar, ich bin bereit.

Nur bereit oder auch überrascht?
Nein, eigentlich nicht. Ich möchte mich bedanken bei den anderen Parteien. Danke, dass alle Parteien in den vergangenen Monaten so intensiv für uns Wahlkampf geführt haben. Besonders die SPD in letzter Zeit.

«Meine Analyse ist, dass die SPD tot ist. Die Grünen werden die neue SPD. Und wir werden die neuen Grünen.»

Woran hat es gelegen? Warum wurden Sie wiedergewählt?
Einerseits natürlich an der hervorragenden Arbeit. Ich habe die Briten aus der EU befördert. Und arbeite daran, die EU zu verkleinern. Das gefällt den Leuten. Andererseits – wie angesprochen – an der sehr aktiven Mitarbeit der anderen Parteien.

Vor fünf Jahren wollten Sie eigentlich nach vier Wochen wieder zurücktreten. Wieso dauert das so lange?
Es gab ein paar bürokratische Hindernisse. Der Parteienforscher von Arnim hatte damals ja erklärt, dass man uns das Mandat sofort aberkennen könnte, wenn wir durchwechseln. Da hatte ich keine Wahl und musste dableiben. Ich bin aber jetzt froh, dass ich das getan habe. Nach fünf Jahren weiss jetzt ungefähr, wie die EU funktioniert, und dass das Konstrukt in Ordnung ist – nur mit den falschen Leuten besetzt.

epa07567058 The founder and federal chairman of Die PARTEI and member of the European Parliament, Martin Sonneborn (L) and German politician and candidate to the European Parliament, Nico Semsrott, ho ...
Sonneborn und Nico Semsrott mit Propagandamaterial ihrer «Die Partei». Bild: EPA/EPA

Nicht nur Sie haben zugelegt, auch sehr wahrscheinlich Rechtspopulisten in ganz Europa. Kann man Populismus mit Satire bekämpfen?
Ja und das äusserst effektiv. So aggressiv und so erfolgreich wie wir, hat sich mit der AfD niemand auseinandergesetzt. Wir haben auf einen Fehler im Parteiengesetz aufmerksam gemacht, den vor allem die AfD mit ihrem Goldhandel ausgenutzt hatte. Wenn man sich heute die Rechenschaftsberichte der AfD ansieht, dann haben wir denen Jahr für Jahr faktisch 500'000 Euro an Einnahmen gestohlen. Von der Verärgerung Jörg Meuthens, der vor mir im Parlament sitzt, und sich bei mir auch über die Plakate beschwert hat, die wir über ihn gemacht haben, bis zu den Kontrapunkten, die wir in Ostdeutschland setzen, um in Konkurrenz zu den rechten Strukturen zu treten. Deswegen ist Satire nach wie vor gefragt und sie funktioniert. Jeder kämpft mit den Mitteln, die er hat. Unsere sind halt die satirischen.

«So aggressiv und so erfolgreich wie wir, hat sich mit der AfD niemand auseinandergesetzt.»

Welches Ihrer Wahlversprechen werden Sie jetzt am ehesten umsetzen? Klimaleugnern den Führerschein zu entziehen, könnte ja schwierig werden.
Bei 2.5 Prozent wird wohl auch Nico Semsrott mit einziehen. Wir können und werden dann für die nächste Legislaturperiode viel mehr Öffentlichkeit herstellen. Gerade für das, was die Konservativen im Europaparlament so machen. Ich glaube, dass das die Wahlergebnisse nachhaltig verändern wird. Eben weil die Leute dann sehen, wofür und wogegen die CDU so alles abstimmt im Europaparlament.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Europa wählt
1 / 13
Europa wählt
Am 26. Mai 2019 – in einzelnen Ländern schon etwas früher – wählen rund 400 Millionen stimmberechtigte EU-Bürger die 751 Abgeordneten des EU-Parlaments neu.
quelle: epa/epa / clemens bilan
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Das könnte dich auch noch interessieren:
12 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Atombömbeli
27.05.2019 09:45registriert Juni 2015
Ich finde die Partei sehr gut :-)
573
Melden
Zum Kommentar
avatar
ItsMee
27.05.2019 08:54registriert Juni 2017
Super !
Ich habe irgendwo gelesen dass die Partei sogar 3 sitze bekommen hat ?

Jedenfalls geniale Aktion, ich bin ein großer Befürworter von der Partei (sie ist ja auch ziemlich gut) - ich freue mich schon auf die Redezeit von Nico ...
Die CDU hat immernoch zu viele stimmen ...
Artikel 13 war halt doch ein Fehler ;) (oder zumindest der Umgang mit den Demonstranten und den Unterschriftensammler ...)
322
Melden
Zum Kommentar
avatar
ChlyklassSFI // FCK NZS
27.05.2019 09:16registriert Juli 2017
Grosses Kino.
242
Melden
Zum Kommentar
12
Britischer Ex-Minister über Scholz: Falscher Mann, falscher Platz, falsche Zeit

Der frühere britische Verteidigungsminister Ben Wallace hat Bundeskanzler Olaf Scholz im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine Führungsschwäche vorgeworfen. Ausserdem verstelle der SPD-Politiker durch schlechte Kommunikation den Blick auf die beachtliche Unterstützung, die Deutschland für die Ukraine leiste, sagte der Konservative der Deutschen Presse-Agentur in London.

Zur Story