Im YouTube-Kanal der CDU sind am Donnerstag zahlreiche Videos verschwunden. Vorher hatte der Satiriker Nico Semsrott, Kandidat der «Partei» zur Europawahl, öffentlich auf die Verwendung von Mitschnitten aus den Programmen von ARD und ZDF hingewiesen und die Sender nach einer Vereinbarung gefragt.
Nun wird klar: Eine solche Vereinbarung gibt es nicht. Darauf wies auch die ARD in einer Antwort hin, erklärte aber, man nehme sich des Themas an.
Hab mal kurz dafür gesorgt, dass die CDU alle ihre raubkopierten Videos von ihrem Youtube-Kanal nehmen musste. @DiePARTEI wirkt. #ohtheirony https://t.co/7HbtzVDusI
— Nico Semsrott (@nicosemsrott) 23. Mai 2019
Selbstverständlich gibt es keine solchen Absprachen. Wir gehen der Sache bereits nach.
— Das Erste (@DasErste) 23. Mai 2019
Die CDU-Pressestelle bestätigte watson-Medienpartner t-online.de, dass die Partei veröffentlichte Videos wieder offline genommen hat. Durch den Hinweis auf Twitter sei man darauf aufmerksam geworden, dass sie «irrtümlich auf unserem YouTube-Kanal veröffentlicht worden waren».
Die Erklärung dazu: Im Wahlkampf habe man rund um die TV-Auftritte der Spitzenpolitiker in den vergangenen Tagen auf Twitter kurze, bearbeitete Video-Schnipsel verwendet. Die CDU verweist darauf, dass dies bei Bearbeitungen durch die Zitatfreiheit grundsätzlich gedeckt sei. Auf YouTube landeten aber die Original-Ausschnitte aus Talkshows und TV-Duell, irrtümlich, wie eine Sprecherin erklärte.
Darin sah demnach auch die CDU ein Problem. Auf Twitter ergoss sich bereits Häme darüber, dass die Partei Urheberrechtsverletzungen begehe, die mit der europäischen Urheberrechtsreform (Artikel 13, Uploadfilter) das Urheberrecht verschärft und die Verwendung fremden Materials erschwert hat.
CDU/CSU so: "Wir sind die Regierung! Keine Kleinstpartei oder irgendwelche dahergelaufenen Youtuber können uns etwas anhaben."
— Lord Fastener (@Warnipple) 23. Mai 2019
oh wait...@DiePARTEI wirkt! pic.twitter.com/oRJL2w4rBk
Das E in #CDU steht führ #Ehrlichkeit....
— Ronny Gängler (@gaengler) 23. Mai 2019
So sieht es auch der Rechtsanwalt und ZDF-Fernsehrat Leonhard Dornbusch. Sender gingen bisher nicht proaktiv gegen Verstösse vor. «Nach Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie könnte es mit der bisherigen Praxis der Duldung derartiger Inhalte vorbei sein», schreibt er in einem Beitrag auf netzpolitik.org.
Er hatte sich schon im vergangenen Jahr in einem Interview mit t-online.de für eine freie Verfügbarkeit der Inhalte ausgesprochen: «Man sollte das Verbreiten nicht verfolgen, sondern ermöglichen! Es darf aber nicht nur bei Parteien geduldet werden. Alle sollten das Material der Sender verbreiten dürfen.» Problem seien aber vielfach die Rechte, die nicht nur bei den Sendeanstalten liegen. «Das Erste» erklärte auf seinem Twitteraccount, zu möglichen rechtlichen Schritten könne man noch keine konkreten Aussagen machen.
Und hier nochmal der total richtige Hinweis darauf, dass gerade in Bezug auf gebührenfinanziertes Fernsehen die ganze Urheberrechtsnummer natürlich totaler Quatsch ist und jeder das Videomaterial der Öffentlich-Rechtlichen nutzen sollen dürfte. https://t.co/y30HHZnj8i
— Nico Semsrott (@nicosemsrott) 24. Mai 2019
Der YouTube-Kanal der CDU war in den vergangenen Tagen auch deshalb in den Blickpunkt gerückt, weil Nutzer auf ein Video mit Philipp Amthor warteten. Aus der CDU-Zentrale hiess es, der 26-jährige Konservative solle auf ein Video von YouTuber Rezo antworten. Das Video mit dem Titel «Die Zerstörung der CDU» und einer Abrechnung mit der Unionspolitik der vergangenen Jahre hat bereits über sieben Millionen Aufrufe und grosse Wellen geschlagen. Die CDU hat nun zunächst mit einem Brief auf elf Seiten ausführlich geantwortet.
t-online.de hatte im vergangenen Jahr öffentlich gemacht, dass vor allem die AfD, aber auch andere Parteien im grossen Stil Material der öffentlich-rechtlichen Sender verwendeten. t-online.de war auf mehr als 250 Fälle gestossen, in denen politische Parteien urheberrechtlich geschütztes Material von Fernsehsendern für ihre Wahlwerbung einsetzten.
Der Deutsche Journalisten-Verband forderte danach die im Bundestag vertretenen Parteien auf, Urheber- und Nutzungsrechte zu achten. Die Linke verteidigte dagegen ihr Vorgehen verteidigt und plädierte für ein Treffen der Parteien mit den Sendern. «Es gehört auch zur Öffentlichkeitsarbeit unserer Partei, Aussagen unserer PolitikerInnen zu verbreiten, die sie in den Medien tätigen», sagte ein Sprecher. Die «rechtliche Grauzone» sei kein wünschenswerter Zustand.
Man kann die CDU z.B. auch für ihre menschenverachtende Grenzpolitik, ihre ignorante Klimapolitik oder ihre Zusammenarbeit mit Orbàn kritisieren. Jetzt wird einfach ganz viel über ihren Youtube-Kanal geschrieben. Aber am Ende ist ja egal, warum man die CDU nicht wählt.
— Nico Semsrott (@nicosemsrott) 24. Mai 2019
Verwendete Quellen:
Immer wieder lustig.
Herlich, oder eher Herrlich?
Abgesehen davon müsste der Content der Gebührenfinanzierten Sender eh frei verfügbar sein...