Der politische Konflikt im Irak ist in der Nacht zum Dienstag weiter in Gewalt umgeschlagen. Videos zeigten die Miliz Saraja al-Salam des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr, die sich in der sogenannten Grünen Zone in Bagdad mit Iran-treuen Milizen schwere Kämpfe liefert. Dabei waren lange Feuersalven zu hören. Mindestens elf Menschen seien getötet und 160 weitere verletzt worden, hiess es aus medizinischen Kreisen. Medien berichteten von 15 Toten und 350 Verletzten. Die Kämpfe gingen am Dienstagmorgen teils weiter.
In der rund zehn Quadratkilometer grossen und eigentlich hoch gesicherten Grünen Zone im Zentrum Bagdads befinden sich zahlreiche Regierungseinrichtungen, das irakische Parlament sowie mehrere Botschaften, darunter auch die diplomatische Vertretung der USA.
Berichten zufolge gingen in der Nacht auch mehrere Raketen in der Grünen Zone nieder. Videos in sozialen Netzwerken sollen zeigen, dass daraufhin auch das Raketenabwehrsystem (C-Ram) zum Schutz der US-Botschaft aktiviert wurde. Der niederländische Aussenminister Wopke Hoekstra teilte mit, in der Gegend um seine Botschaft werde gekämpft. Die Mitarbeiter seien evakuiert worden und würden vorübergehend aus der deutschen Botschaft arbeiten. Die Lage im Irak sei «sehr angespannt» und ändere sich rasch, schrieb Hoekstra bei Twitter.
Er zijn vuurgevechten in het gebied rond de 🇳🇱 ambassade in #Bagdad. Onze medewerkers werken nu op de Duitse ambassade elders in de stad, met dank aan @GermanyDiplo. Ik leef zeer met onze BZ-collega’s mee. Het reisadvies voor #Irak is aangescherpt: https://t.co/lsqrjfyo4d 1/2
— Wopke Hoekstra (@WBHoekstra) August 29, 2022
Kurz vor dem Sturm hatte der 48 Jahre alte Geistliche seinen Rückzug aus der Politik erklärt. In dem Gebäude in der eigentlich hoch gesicherten Grünen Zone liegt unter anderem das Büro von Ministerpräsident Mustafa al-Kasimi.
Damit spitzt sich die politische Krise im Irak weiter zu, nachdem Demonstranten vor einem Monat bereits in das Parlamentsgebäude eingedrungen waren. Auch rund zehn Monate nach der Parlamentswahl können sich die Parteien weder auf einen Präsidenten noch einen Regierungschef einigen, während das Land unter einer Wirtschaftskrise, Inflation und Korruption ächzt.
Al-Sadrs Bewegung ging bei der Wahl zwar als klarer Wahlsieger hervor, konnte jedoch nicht die wichtige Zweidrittelmehrheit erreichen, die für die Präsidentenwahl erforderlich ist. Damit entstand eine politische Pattsituation.
Bereits zum zweiten Mal seit 2014 kündigte Al-Sadr seinen Rückzug aus der Politik an. Keine zwei Stunden nach der Ankündigung strömten Demonstranten in die Grüne Zone. Die Protestler beseitigten Barrieren und kletterten über Zäune. Sicherheitskräfte versuchten, die Menge mit Wasserwerfern auseinanderzutreiben. Die Belagerung des Palasts ging trotz einer ab dem Nachmittag geltenden Ausgangssperre weiter. Zeugen berichteten, sie hätten am späten Abend noch Schüsse innerhalb der Grünen Zone gehört. (sda/dpa)