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Europäer setzen Atom-Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft

British Foreign Secretary David Lammy, High Representative of the European Union for Foreign Affairs and Security Policy Kaja Kallas, France's Minister for Europe and Foreign Affairs Jean-Noel Ba ...
Die Aussenminister vn Grossbritannien (David Lammy), Deutschland (Johann Wadephul) und Frankreich (Jean-Noël Barrot, von links).Bild: keystone

Europäer setzen Atom-Sanktionen gegen Iran wieder in Kraft

Knapp zehn Jahre nach dem historischen Atomabkommen mit dem Iran sind die UN-Sanktionen gegen das Land nach gescheiterten Verhandlungen wieder in Kraft getreten.
28.09.2025, 02:3628.09.2025, 07:35

Die Frist für eine Einigung zwischen Teheran und seinen Verhandlungspartnern Deutschland, Grossbritannien und Frankreich lief in der Nacht zum Sonntag um 2:01 Uhr mitteleuropäischer Zeit ab.

Die nun wieder geltenden Strafmassnahmen umfassen unter anderem ein allgemeines Waffenembargo, ein Verbot weiterer Urananreicherungen sowie zahlreiche Sanktionen gegen Einzelpersonen und Organisationen zum Einfrieren von Geldern. Unter einem Waffenembargo versteht man ein Verbot, Waffen und Ausrüstungsgüter an das betroffene Land zu liefern. Der Iran hatte für den Fall der Wiedereinsetzung der Massnahmen eine harsche Reaktion angekündigt.

Deutschland, Frankreich und Grossbritannien hatten Ende August den sogenannten Snapback-Mechanismus aktiviert. Er diente dazu, den Iran bei Nichteinhaltung seiner Verpflichtungen im Rahmen des Atomabkommens von 2015 wieder mit vorherigen Sanktionen belegen zu können. Die Europäer sind neben den USA, Russland und China Mitunterzeichner des Deals, der als Meilenstein der Diplomatie gilt.

Der Vertrag sah eine Begrenzung der iranischen Urananreicherung auf maximal 3,67 Prozent sowie eine strenge Überwachung vor, damit Teheran keine Atombombe erlangen konnte. Im Gegenzug sollten Sanktionen aufgehoben werden.

US-Präsident Donald Trump war der Vertrag, der unter seinem von ihm verachteten Vorgänger Barack Obama ausgehandelt worden war, seit jeher ein Dorn im Auge. 2018 kündigte Trump die Vereinbarung einseitig auf. Zugleich liess er neue und härtere Sanktionen gegen den Iran verhängen.

Erhoffte Lockerungen und ein wirtschaftlicher Aufschwung blieben indes aus. Seitdem hatte Teheran seine Pflichten gemäss dem Abkommen zusehends missachtet. Seit Jahren bereits wird es faktisch nicht mehr umgesetzt. Teheran hat die Wiedereinführung der Sanktionen daher als illegitim kritisiert. Verhandlungen scheiterten.

Deutschland, Grossbritannien und Frankreich warnten nun den Iran vor einer Eskalation des Atomstreits. «Wir fordern den Iran nachdrücklich auf, von jeglichen eskalierenden Massnahmen abzusehen und sich wieder an seine rechtlich bindenden Sicherungsmassnahmen zu halten», teilten die Aussenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs (E3) in der Nacht gemeinsam mit.

«Die Wiedereinführung von UN-Sanktionen bedeutet nicht das Ende der Diplomatie.»

Vor wenigen Tagen hatte Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei möglichen Verhandlungen mit den USA eine klare Absage erteilt und Trump vorgeworfen, keine echten Gespräche führen zu wollen.

Der deutsche Aussenminister Johann Wadephul hatte den Iran bereits vor Ablauf der Frist zu neuen Verhandlungen aufgerufen. «Mit dem Snapback endet ein Kapitel unserer diplomatischen Bemühungen», hatte der CDU-Politiker wenige Stunden vor dem Fristende in New York gesagt. Er fügte hinzu:

«Der Iran hat die Möglichkeit, ein neues Kapitel von Diplomatie aufzuschlagen. Es ist an ihm, den Weg hin zu neuen Gesprächen zu beschreiten. Wir sind dafür bereit.»

Wadephul sagte weiter, die Formel der Wiener Atomvereinbarung sei einfach gewesen: Sanktionsaufhebung gegen Beschränkung des Atomprogramms. Der Iran habe über Jahre hinweg seine Verpflichtungen missachtet. «Es gibt keine plausible Begründung, Uran auf 60 Prozent anzureichern. Iran ist der einzige nicht-atomar bewaffnete Staat der Welt, der so hoch angereichertes Uran besitzt.»

Laut einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA verfügte der Iran vor Beginn des israelischen Kriegs gegen das Land im Juni über mehr als 400 Kilogramm Uran mit einem Reinheitsgrad von 60 Prozent. Für den Bau von Atomwaffen wäre eine weitere Anreicherung auf einen Reinheitsgrad von mehr als 90 Prozent erforderlich. Wie viel von dem Material und den Kapazitäten des Irans nach den schweren Angriffen der USA und Israels im Juni noch übrig ist, bleibt derweil umstritten.

Die iranische Opposition im Exil bezeichnet die erneut in Kraft getretenen UN-Sanktionen als unerlässlich. Nur so könne die «religiöse Diktatur» daran gehindert werden, «in den Besitz einer Atombombe zu kommen», sagte die Präsidentin des im Iran verbotenen Nationalen Widerstandsrates (NWRI), Maryam Rajavi. Sie fügte hinzu:

«Die endgültige Lösung ist ein Regimewechsel durch das iranische Volk, und das Recht auf Widerstand gegen das Regime des Terrors und der Massaker muss anerkannt werden.»

Wie sich die bevorstehende Einsetzung der früheren Sanktionen auswirken wird, ist schwer abzuschätzen. Die Islamische Republik könnte auf Konfrontationskurs gehen und ein Abkommen zur Wiederaufnahme von IAEA-Inspektionen aufkündigen.

Weitere mögliche Eskalationsschritte wären ein Ausstieg aus dem Atomwaffensperrvertrag oder sogar die Ankündigung, eine Atombombe zu bauen. Israel, die USA und europäische Länder werfen dem Land vor, nach Kernwaffen zu streben. Die iranische Führung weist dies zurück und verweist auch auf ein religiöses Rechtsgutachten von Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei, demzufolge Massenvernichtungswaffen verboten sind.

Die Sanktionen dürften für den Iran nach Einschätzung von Experten begrenzte wirtschaftlichen Folgen haben. Der Staat mit etwa 90 Millionen Einwohnern ist unter anderem bereits aufgrund von US-Strafmassnahmen ökonomisch stark angeschlagen. Zudem ist das Vorgehen zwar ein weiteres Signal an Unternehmen weltweit, dass eine Zusammenarbeit mit dem Iran heikel werden kann. Viele internationale Unternehmen meiden den Iran jedoch bereits seit langem aus Sorge vor US-Strafmassnahmen.

Bis jetzt war der Iran schon mit harten Strafmassnahmen belegt, die vor allem auf den Energiesektor des öl- und gasreichen Landes zielen. Zudem ist das Land weitgehend vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen. (sda/dpa)

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