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Irans Präsident Raisi hält die Proteste für gescheitert

Irans Präsident Raisi hält die Proteste für gescheitert

11.02.2023, 13:1311.02.2023, 17:46
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Irans Präsident Ebrahim Raisi hält die seit Monaten andauernden landesweiten Proteste gegen die Regierung für gescheitert. «Das iranische Volk hat das Projekt Unruhen und Medienkrieg der ausländischen Feinde scheitern lassen», sagte Raisi am Samstag. Damit sei eine weitere vom Ausland gesteuerte Verschwörung neutralisiert und ein weiterer Sieg der Revolution errungen worden, so der Präsident anlässlich des 44. Jahrestages der islamischen Revolution von 1979.

epa10460405 A handout picture made available by the Iranian presidential office shows Iranian president Ebrahim Raisi speaks during the 44th anniversary of the 1979 Islamic Revolution, at the Azadi (F ...
Irans Präsident Ebrahim RaisiBild: keystone

Erneut hielt Raisi dem Ausland – namentlich den USA – vor, die Proteste gesteuert und finanziert zu haben, um den Fortschritt im Iran zu stoppen. Auch die ausländischen Darstellungen zur Rolle der Frauen im Iran sind laut Raisi schlicht falsch. Frauen seien frei und in allen Spitzenpositionen vertreten, nur würden sie anders als im Westen «nicht als Objekte vermarktet». Ausserdem stehe im Iran die Familie im Vordergrund und nicht Themen wie Homosexualität. «Dies (Homosexualität) macht den Status der Familie zunichte und löscht letztendlich die menschliche Generation», sagte der Kleriker.

Die Realität im Iran sieht jedoch anders aus als von Raisi dargestellt. Zwar finden weniger Strassendemonstrationen statt, dafür werden die Proteste in anderen Formen kontinuierlich fortgesetzt. Unter anderem ignorieren immer mehr Frauen den Kopftuchzwang in der Öffentlichkeit und somit die islamischen Vorschriften. Darüber hinaus gibt es vermehrt Forderungen nach einer Verfassungsänderung und einem Referendum, das den neuen politischen Kurs des Landes bestimmen soll.

Ausserdem steckt die Raisi-Regierung wirtschaftlich in der schlimmsten Krise der iranischen Geschichte. Die nationale Währung Rial hat weiter stark an Wert verloren und eine Verbesserung der Lage ist nicht in Sicht. Wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen die Demonstranten wurden gegen den Gottesstaat weitere Sanktionen verhängt, die zu einer internationalen Isolierung des Landes geführt haben.

epa10460372 Iranians celebrate during the 44th anniversary of the 1979 Islamic Revolution, at the Azadi (Freedom) square in Tehran, Iran, 11 February 2023. The event marks the 44th anniversary of the  ...
Iraner feiern während des 44. Jahrestages der Islamischen Revolution von 1979 auf dem Azadi-(Freiheits-)platz in Teheran.Bild: keystone

Inmitten von systemkritischen Protesten fanden im Iran die Feiern zum 44. Jahrestag der islamischen Revolution statt. An den staatlich organisierten Kundgebungen am Samstag haben nach Angaben des Staatssenders IRIB Millionen Menschen in der Hauptstadt Teheran und in anderen Städten teilgenommen.

Im Februar 1979 hatte ein Aufstand unter Revolutionsführer Ajatollah Ruhollah Chomeini zum Zusammenbruch der Monarchie geführt. Diesmal wurde der Jahrestag der islamischen Revolution von den seit dem Herbst andauernden Protesten überschattet. Diese richteten sich zunächst im Rahmen einer Frauenbewegung gegen den islamischen Kopftuchzwang, dann aber gegen das gesamte islamische System. Die Demonstranten und die iranische Opposition im In- und Ausland fordern eine säkulare Demokratie anstelle der theokratischen Herrschaft der letzten vier Jahrzehnte.

Nach Einschätzung von Menschenrechtlern sind seit Beginn der Proteste im September 2022 mehr als 500 Menschen getötet und fast 20'000 Demonstranten festgenommen worden. Zum Jahrestag der Revolution hat Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei Zehntausende Gefangene begnadigt. Darunter sollen auch Demonstranten sein, die im Rahmen der jüngsten Protestwelle inhaftiert worden waren. (sda/dpa)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lordkanzler-von-Kensington
11.02.2023 13:32registriert September 2020
Und ich halte seine Wahrnehmung für deutlich gescheitert......
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Rikki-Tiki-Tavi
11.02.2023 13:59registriert April 2020
Schön gesagt Herr Raisi. Und jetzt ab in den Mülleimer der Geschichte!
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Patsia
11.02.2023 13:53registriert Juni 2016
Die Revolution gescheitert? Wer in den sozialen Medien die "Menschemengen", die das islamische Regime feiert gegenüber den tatsächlichen Menschenmengen, die gerade in Minderheitenregionen für einen Regimewechsel protestieren sieht, der weiss: zwar waren sie leider noch nicht vollständig erfolgreich, aber die Revolution ist immer noch im Gange, gescheitert ist reines Wunschdenken und Propaganda! Zudem haben sich gestern zum ersten mal ganz unterschiedliche Oppositionspolitiker im Exil getroffen: https://twitter.com/Khani2Mina/status/1624376419613609984?t=msc3AZn9vedAp4vovhE8fA&s=19
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