Israel macht Weg frei für Nationalgarde – Polizeichef stellt sich gegen die Pläne
Israels Regierung hat Medienberichten zufolge den Weg zur Gründung einer Nationalgarde unter Polizeiminister Itamar Ben-Gvir freigegeben. Zur Finanzierung des umstrittenen Vorhabens genehmigte das israelische Kabinett am Sonntag die Kürzung des Haushalts aller Ministerien, wie mehrere israelische Medien am Sonntag berichteten.
Oppositionsführer Jair Lapid verurteilte den Schritt auf Twitter als «lächerlich und verabscheuungswürdig». Die Regierungsmitglieder hätten für «eine private Armee von Schlägern» gestimmt - zulasten von anderen Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Sicherheit. Ein Ex-Generalstabschef des Militärs, der Abgeordnete Gadi Eisenkot, sprach zuvor von einem «schwerwiegenden Vorfall, der die Grundsätze der Gewaltanwendung im Lande destabilisiert und das Land gefährdet».
Demnach sprachen sich mehrere Minister zunächst dagegen aus, stimmten letztlich jedoch auf Drängen von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu. Das Vorhaben solle rund eine Milliarde Schekel (255 Millionen Euro) kosten, hiess es.
Kurz zuvor hatte sich auch Israels Polizeichef Jaakov Schabtai hat die Pläne zur Gründung einer Nationalgarde unter Führung des rechtsextremen Ministers Itamar Ben-Gvir kritisiert. «Eine zusätzliche Sicherheitsbehörde, deren Zuständigkeits- und Tätigkeitsbereiche sich mit denen der israelischen Polizei überschneiden, ist eine Entscheidung, die dramatische Folgen für die innere Sicherheit des Staates Israel hat», schrieb er in einem Brief an Ben-Gvir, wie mehrere israelische Medien am Sonntag berichteten. Die Gründe für diesen «unnötigen» Schritt seien ihm unklar.
Um «zivile Unruhen» kümmern
Berichten zufolge soll auch Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara Bedenken geäussert haben. Das Kabinett wollte sich am Sonntag mit dem Thema befassen. Unklar war zunächst, ob die Pläne Ben-Gvirs in der Sitzung bereits genehmigt würden.
Laut seinem Ministerium soll die Einheit parallel zu Polizei und Militär arbeiten und sich um «zivile Unruhen» landesweit kümmern. Die Schwerpunkte sollen demnach in den Bereichen «persönliche Sicherheit, illegale Waffen und Verbrechensbekämpfung» liegen. Kritiker warnen davor, dass Ben-Gvir die Truppe mit rund 2000 Einsatzkräften gezielt gegen die arabische Bevölkerung oder regierungskritische Demonstranten einsetzen könnte.
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte Ben-Gvir eine Nationalgarde zugesagt, um dessen Rücktritt abzuwenden. Er hatte damit gedroht, die Regierung zu verlassen, sollte Netanjahu die umstrittene Justizreform nach monatelangen Massenprotesten aussetzen. (sda/dpa)
