Der Frust ist deutlich herauszulesen: «Wir hätten eure derzeitigen Bedenken gerne besser ausgeräumt und unseren Passagieren ermöglicht, entsprechend ihren Bedürfnissen mit uns und nicht mit der Konkurrenz zu reisen.» Das schreibt die Swiss in einer internen Mitteilung an ihre Crew-Mitglieder, die CH Media vorliegt. Denn die Airline sieht sich gezwungen, die für Mitte Mai geplanten Ausbaupläne für Tel Aviv zu verschieben.
Offensichtlich ist das Unbehagen bei vielen Angestellten angesichts der Kriegssituation in Gaza nach wie vor zu gross. Zuletzt war bekannt geworden, dass sich viele Flight Attendants deshalb von den Flügen dispensieren lassen (CH Media berichtete) - zum Missfallen der Airline. Diese kündigte in der Folge an, diese Absagen strenger anzugehen.
Kommt hinzu, dass es sich beim geplanten Ausbau um einen Abendflug mit Übernachtung in Tel Aviv handelt, was möglicherweise für zusätzliche Verunsicherung sorgt. In der Branche ist von einem «Nightstop» die Rede.
Bisher hätten alle Flüge nach Tel Aviv wie geplant mit Crews besetzt werden können, schreibt die Swiss. «Angesichts der aktuellen Abmeldungen und Erfahrungen müssen wir jedoch daran zweifeln, ob wir diese Stabilität für unsere Fluggäste und euch bei einer Erhöhung der Flugfrequenzen und der Einführung eines Nightstops aufrechterhalten können.»
Deshalb verschiebt die Swiss nun die Wiederaufnahme des Abendflugs «um mindestens einen Monat». Die bisherigen Flüge im System seien davon nicht tangiert und würden weiterhin durchgeführt.
Die Swiss gibt allerdings nicht auf und will sich die Zusatzumsätze nicht entgehen lassen: Es bleibe die feste Absicht, schreibt die Airline, den Flugbetrieb mit Nightstops zeitnah aufzunehmen. «Wir erwarten, dass dies mit euch gemeinsam möglich ist.»
Auf Nachfrage betont Swiss-Sprecher Michael Pelzer, dass die Airline Flüge nach Tel Aviv «nur nach sorgfältiger Prüfung der Lage vor Ort» durchführe. «Die Sicherheit für unsere Besatzungen, unsere Bodencrews und Passagiere hat immer oberste Priorität.»
Die eigenen Spezialisten würden die Lage laufend prüfen. Zurzeit kämen sie in Absprache mit den lokalen Behörden zum Schluss, dass die Situation stabil und sicher sei. «Deshalb fliegen wir genauso wie eine ganze Reihe weiterer Fluggesellschaften grundsätzlich regulär nach Tel Aviv und auch Beirut.» Einen Flug in die libanesische Hauptstadt musste die Swiss kürzlich allerdings abbrechen.
Und wie will die Swiss die Ängste bei der Belegschaft aus dem Weg räumen? «Wir sind in engem und transparentem Austausch, kommunizieren offen und viel über die Sicherheitsprüfungen und sind auch im Gespräch mit den Gewerkschaften», sagt Pelzer, «wenn einzelne Mitarbeitende Bedenken haben und diese bei ihren Vorgesetzten anbringen, nehmen wir diese ernst und suchen gemeinsam eine Lösung.»
Und wenn das nicht gelingt, könnte dann auch eine Auslagerung der Flüge an aktuelle Partner-Airlines wie Air Baltic oder Helvetic zum Thema werden, die in sogenannter Wet-Lease-Kooperation schon heute zahlreiche Flüge für die Swiss ausführen? Pelzer: «Eine Anpassung der aktuellen Wet-Lease-Planung ist in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen.»