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USA warnen Israel vor Bodenoffensive in Rafah – das Nachtupdate

USA warnen Israel vor Bodenoffensive in Rafah – das Nachtupdate ohne Bilder

17.02.2024, 08:35
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Israel steht unter wachsendem Druck, seine Pläne für eine Bodenoffensive in Rafah im Süden des Gazastreifens auf Eis zu legen. US-Präsident Joe Biden warnte Israel am Freitag mit deutlichen Worten: Er sei der festen Überzeugung, dass es «einen vorübergehenden Waffenstillstand» geben müsse, um die Geiseln zu befreien. Er erwarte, «dass die Israelis in der Zwischenzeit keine massive Bodenoffensive durchführen werden», sagte Biden im Weissen Haus. Israels Armee will dem Kriegskabinett in Kürze einen detaillierten Plan für den Einsatz in Rafah vorlegen, berichtete die «Times of Israel» in der Nacht zum Samstag. UN-Organisationen lägen Berichte vor, wonach einige Palästinenser aus Angst vor Israels Angriffen Rafah bereits in Richtung des Zentrums Gazas verliessen.

Waffenlieferung an Israel vor

Trotz des Drängens auf eine Feuerpause bereiten die USA einem Medienbericht zufolge die Lieferung weiterer Bomben und Waffen an Israel vor. Wie das «Wall Street Journal» in der Nacht zum Samstag unter Berufung auf amtierende und ehemalige US-Beamte berichtete, werden die Pläne innerhalb der Regierung von US-Präsident Joe Biden derzeit geprüft und könnten sich im Detail noch ändern, bevor sie dem US-Kongress zur Genehmigung vorgelegt werden. Die israelische Regierung habe um eine «rasche Beschaffung dieser Güter zur Verteidigung Israels gegen andauernde und neue regionale Bedrohungen» gebeten. Die neu vorgeschlagene Waffenlieferung umfasst laut dem Bericht Präzisionswaffen. Die USA drängen Israel dazu, von massiven Bombardierungen zu präziseren Schlägen überzugehen.

Israels Präsident traf Katars Regierungschef in München

In dem seit über vier Monaten dauernden Krieg bereitet sich Israel auf eine Offensive in der an Ägypten grenzenden Stadt vor. Die Armee soll Pläne ausarbeiten, die eine Evakuierung von Hunderttausenden Zivilisten vorsehen, die dort auf engstem Raum Schutz suchen. Zeitgleich laufen unter Hochdruck schwierige Verhandlungen unter Federführung von Vermittlern aus Ägypten, Katar und den USA über eine befristete Waffenruhe. Sie soll dazu führen, dass die noch mehr als 130 israelischen Geiseln in der Gewalt der Hamas in Phasen gegen palästinensische Häftlinge ausgetauscht werden. Israels Präsident Izchak Herzog traf sich hierzu am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz heimlich mit Katars Ministerpräsidenten Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, wie die Nachrichtenseite «Axios» in der Nacht zum Samstag unter Berufung auf informierte Kreise berichtete. Das ungewöhnliche Treffen der beiden Politiker verdeutliche, wie dringlich die Lage ist.

Biden hofft auf schnellen Geisel-Deal

Die Unterhändler arbeiten nach Informationen der israelischen Zeitung «Haaretz» darauf hin, dass eine Feuerpause mit dem muslimischen Fastenmonat Ramadan zusammenfällt, der am 10. März beginnt. Er hoffe, dass es schnell einen Deal mit der Hamas zur Befreiung der Geiseln geben werde, sagte Biden. Er habe in der vergangenen Woche täglich mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gesprochen, jeweils fast eine Stunde. Bidens unverblümte Worte zeigten, dass das Schicksal Rafahs ein potenzieller Kipppunkt in den Beziehungen zwischen Washington und Jerusalem sei, berichtete die «Financial Times» in der Nacht zum Samstag. US-Vertreter, darunter auch Biden, hätten Israel seit Beginn des Krieges stets unterstützt, doch ihre Toleranz gegenüber dem Vorgehen von Netanjahu und der sich verschärfenden humanitären Krise «schwindet zusehends», schrieb die Zeitung.

UN-Gericht weist Antrag gegen Israels geplante Rafah-Offensive ab

Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen lehnte unterdessen einen Eilantrag Südafrikas auf Überprüfung der Rechtmässigkeit der von Israel geplanten Militäroffensive in Rafah ab. Die gefährliche Situation in dem Ort voller Flüchtlinge verlange «die unverzügliche und wirksame Umsetzung der Aufforderungen des Gerichts», die dieses Ende Januar erlassen hatte, teilte der Gerichtshof am Freitag an seinem Sitz in Den Haag mit. Diese Aufforderungen hätten Geltung für den gesamten Gazastreifen, einschliesslich Rafah. «Ein Erlass zusätzlicher Massnahmen ist nicht erforderlich», hielt das Gericht fest. Verbündete Israels wie die USA und Deutschland raten Israel von einem grossangelegten militärischen Vorgehen in Rafah entschieden ab. Die Vereinten Nationen haben für den Fall einer solchen Offensive vor einer humanitären Katastrophe grössten Ausmasses gewarnt.

Ausschreitungen um Laster mit Hilfslieferungen in Rafah

Dutzende Menschen versuchten am Grenzübergang Rafah, einen Lastwagen mit Hilfslieferungen zu erstürmen. Die Polizei schritt ein und vertrieb die Menge, teilte die von der Hamas kontrollierte Behörde am Freitag mit. Videoaufnahmen, die in sozialen Medien geteilt wurden, zeigten Menschen, die in den Abfertigungsbereich des Grenzübergangs eindrangen. Es sind Schüsse zu hören und schwarzer Rauch zu sehen. Augenzeugen berichteten, dass die von der Hamas gestellte Polizei in die Menge geschossen habe und einen Jugendlichen getötet habe. Die Behörde wollte dies zunächst nicht bestätigen.

In Rafah unmittelbar an der ägyptischen Grenze drängen sich auf engstem Raum 1,3 Millionen Menschen zusammen. Die meisten von ihnen sind aus anderen Teilen des Gazastreifens geflohen, um dort Schutz vor dem Krieg zu suchen. Sie leben in riesigen Zeltlagern oder auf der Strasse. Hilfsorganisationen können ihre Versorgung mit dem Notwendigsten kaum gewährleisten. Über den Grenzübergang zu Ägypten kommen die Hilfslieferungen in das abgeriegelte Küstengebiet, nachdem Israel diese kontrolliert hat.

Israels Armee weiter in Nasser-Klinik in Chan Junis im Einsatz

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Sie ermordeten dabei 1200 Menschen. Bei Israels Gegenangriffen im Gazastreifen wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde von Freitag bislang 28 775 Menschen getötet. Die Angaben lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen. Unterdessen dauerte der Einsatz der israelischen Armee im Nasser-Krankenhaus in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens am Freitag an. Soldaten hätten bislang 20 Verdächtige festgenommen, die am Massaker der Hamas beteiligt gewesen seien, teilte das Militär mit. Israelische Soldaten hätten im Krankenhaus auch Waffen und im Bereich der Klinik Granaten der Hamas gefunden. Auch seien Schachteln mit Medikamenten mit den Namen von israelischen Geiseln gefunden worden. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde kamen vier Patienten auf der Intensivstation wegen eines Stromausfalls im Zuge des israelischen Einsatzes ums Leben. Ihre Sauerstoffversorgung sei unterbrochen worden.

Was am Samstag wichtig wird

In München geht die Sicherheitskonferenz weiter. Zum weltweit wichtigsten Politiker- und Expertentreffen zur Sicherheitspolitik werden rund 50 Staats- und Regierungschefs und etwa 100 Minister erwartet, darunter Israels Präsident Herzog und Aussenminister Israel Katz sowie ranghohe Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde und der arabischen Länder Saudi-Arabien, Katar, Ägypten und Jordanien. Hauptthemen werden die Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine sein. Zugleich gehen die Verhandlungen internationaler Vermittler über eine erneute Feuerpause und Geiselfreilassung im Gaza-Krieg weiter.

(saw/sda/dpa)

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Putin beauftragte Nawalnys Tod laut US-Geheimdiensten nicht direkt

US-Geheimdienste gehen laut einem Bericht des «Wall Street Journals» davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Tod des Kreml-Gegners Alexej Nawalny nicht direkt angeordnet hat. Dies entbinde Putin zwar nicht von seiner Verantwortung, vertiefe aber das Rätsel um den Tod des im Februar in einem Straflager gestorbenen Dissidenten, schrieb die Zeitung am Samstag unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Zuvor hatte Nawalnys Team im Exil im Ausland unter anderem behauptet, Putin habe Nawalny töten lassen, um einen geplanten Austausch des Gefangenen mit im Westen inhaftierten Russen zu verhindern.

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