International
Israel

Israels Militär stoppt Greta Thunberg auf dem Weg nach Gaza

Climate activist Greta Thunberg stands near a Palestinian flag after boarding the Madleen boat and before setting sail for Gaza along with activists of the Freedom Flotilla Coalition, departing from t ...
Wenige Momente vor der Festsetzung: Greta Thunberg auf dem Schiff Madleen. Bild: keystone

«Die Show ist vorbei»: Israels Militär stoppt Greta Thunberg auf dem Weg nach Gaza

Greta Thunberg wollte mit einem Schiff Hilfsgüter nach Gaza bringen – nun wurde sie von der israelischen Marine abgefangen. In einem Video spricht sie von «Entführung in internationalen Gewässern» – Israel betont hingegen, alle Passagiere seien sicher und unversehrt.
09.06.2025, 03:0409.06.2025, 11:33
Mehr «International»

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg ist auf dem Weg in den Gazastreifen offenbar von der israelischen Marine in internationalen Gewässern gestoppt und festgesetzt worden. Thunberg befand sich an Bord des Hilfsschiffs Madleen, das im Rahmen der «Freedom Flotilla» Hilfsgüter wie Babynahrung und Medikamente nach Gaza bringen wollte. In einem Video, das sie auf Instagram veröffentlichte, sagt sie:

«Wenn du dieses Video siehst, wurden wir abgefangen und entführt – in internationalen Gewässern, durch die israelischen Besatzungskräfte oder Kräfte, die Israel unterstützen. Bitte setzt die schwedische Regierung unter Druck, damit ich und die anderen so schnell wie möglich freigelassen werden.»
Greta Thunberg bittet auf Instagram die schwedische Regierung um Hilfe. Video: instagram

Das Schiff werde von der Marine zur israelischen Küste geschleppt, die Passagiere sollten in ihre Heimatländer zurückkehren, teilte das israelische Aussenministerium am frühen Morgen auf der Plattform X mit. Zuvor hatte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mitgeteilt, israelische Soldaten seien an Bord der «Madleen» gegangen.

Das israelische Aussenministerium betonte, alle Passagiere des - abschätzig als «Selfie-Jacht» bezeichneten - Schiffs seien sicher und unversehrt. Sie seien mit Wasser und Sandwiches versorgt worden. «Die Show ist vorbei.»

Die Aktivisten hätten versucht, eine mediale Provokation zu inszenieren mit dem einzigen Zweck, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen. Ihre Ladung sei so geringfügig gewesen, dass sie nicht einmal einer Lkw-Lieferung mit Hilfsgütern entspreche. «Es gibt Wege, Hilfe in den Gazastreifen zu bringen - ohne Instagram-Selfies», hiess es in der Stellungnahme.

Israels Botschaft: «Ihr werdet Gaza nicht erreichen»

Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte die Armee am Sonntag angewiesen, die Ankunft des Schiffes zu verhindern. «Der Staat Israel wird niemandem erlauben, die Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen», verkündete Katz. In einer scharf formulierten Mitteilung hiess es zudem: «Der antisemitischen Greta und ihren Freunden, den Hamas-Propagandisten, sage ich ganz klar: Ihr solltet umkehren – denn ihr werdet Gaza nicht erreichen.» Israel hatte Aktivisten auch in früheren Fällen schon die Genehmigung verweigert, mit ihren Schiffen an der Küste des abgeschotteten Gazastreifens anzulegen.

Tagelange Fahrt durchs östliche Mittelmeer

Thunberg war mit elf weiteren Aktivistinnen und Aktivisten am 1. Juni von Sizilien aus in See gestochen, um mit dem Schiff dringend benötigte Hilfsgüter wie Babynahrung und medizinische Güter nach Gaza zu bringen. Zugleich wollten sie mit der Aktion internationale Aufmerksamkeit auf die humanitäre Notlage in dem dicht besiedelten Küstengebiet mit rund zwei Millionen Bewohnern richten. Nach der tagelangen Fahrt durchs östliche Mittelmeer wollten sie eigentlich am Montagmorgen an der Küste Gazas eintreffen.

Thunberg ist mit ihrem rigorosen Kampf für mehr Klimaschutz weltbekannt geworden. Die mittlerweile 22-jährige Schwedin setzt sich seit längerem aber auch - und inzwischen vor allem - für die Belange der palästinensischen Bevölkerung ein. Ihr Credo: Ohne soziale Gerechtigkeit könne es auch keine Klimagerechtigkeit geben.

Israel wirft sie dabei immer wieder vor, einen Völkermord an den Palästinensern zu begehen. Kritiker halten ihr dagegen vor, bei ihren Anschuldigungen das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 ausser Acht zu lassen, das den Gaza-Krieg ausgelöst hat. Dabei waren rund 1.200 Menschen getötet und mehr als 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden.

Seit Beginn des Gaza-Kriegs vor 20 Monaten wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 54.800 Palästinenser im Gazastreifen getötet und verheerende Schäden angerichtet. Israel hat die Lieferung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern im Zuge des Krieges gegen die islamistische Hamas fast drei Monate lang unterbunden, die Blockade zuletzt aber etwas gelockert. Damit will die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Hamas nach eigenen Angaben dazu bringen, die von ihr festgehaltenen Geiseln freizulassen.

Gaza-Aktivisten: «Wir werden erneut in See stechen»

Die Aktivistengruppe um Greta Thunberg will sich vom Stopp ihres Segelschiffs auf dem Weg zum Gazastreifen durch Israel nicht entmutigen lassen. «Wir werden wieder segeln. Wir lassen uns nicht abschrecken. Wir werden erneut in See stechen. Wir werden nicht aufhören, bis die Blockade endet und Palästina frei ist», teilte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mit.

epa12165926 Israeli activists holding placards and waving a Palestinian flag gather in protest near the port of Ashdod, Israel, 09 June 2025. The Freedom Flotilla Coalition (FFC) stated its Gaza-bound ...
Aktivistinnen und Aktivisten in Israel.Bild: keystone

Nicht der erste Versuch, die Gaza-Blockade zu durchbrechen

Nach der gewaltsamen Übernahme der Kontrolle im Gazastreifen durch die palästinensische Terrororganisation im Jahr 2007 hatte Israel seine Blockade des Küstenstreifens nochmals verschärft. Die von Ägypten mitgetragene Massnahme wird von Israel mit Sicherheitserwägungen begründet. Die Hamas hat sich die Zerstörung des jüdischen Staats auf die Fahne geschrieben.

Immer wieder haben Aktivisten versucht, die Blockade auf See zu durchbrechen. Bei einer solchen Aktion im Jahre 2010 hatten israelische Soldaten das türkische Schiff «Mavi Marmara» gestürmt, wobei zehn türkische Staatsbürger ums Leben kamen.

Das israelische Aussenministerium wies darauf hin, dass die Seezone vor Gaza Konfliktgebiet sei. «Unbefugte Versuche, die Blockade zu durchbrechen, sind gefährlich, rechtswidrig und unterminieren die derzeitigen humanitären Bemühungen.» (kma/hkl/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
167 Kommentare
Dein Kommentar
YouTube Link
0 / 600
Hier gehts zu den Kommentarregeln.
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Raki
09.06.2025 06:43registriert Januar 2024
Was ist am Begriff 'Selfie-Yacht' genau abschätzig? Es beschreibt den Charakter der ganzen Aktion perfekt. Es geht hier ja rein um eine PR-Übung mit erwünschter provizierter Eskalation; das war das Ziel und nichts anderes. Bald ist sie wieder in Schweden und diese undurchdachte Aktion geht in Vergessenheit und verschwindet in der Bedeutungslosigkeit und keinem einzigen Menschen in Palästina wurde damit geholfen.
21275
Melden
Zum Kommentar
avatar
CrispMüesli
09.06.2025 03:20registriert Dezember 2016
Seufz…🤦‍♂️

Ja das hat natürlich überhaupt niemand kommen sehen.
19866
Melden
Zum Kommentar
avatar
LiquidIce
09.06.2025 03:22registriert Juli 2018
Wieder ein Fall von ich bin mir nicht bewusst was für Konsequenzen meine Handlungen haben. Aber dann überrascht sein, über den Outcome.
190125
Melden
Zum Kommentar
167
    Mann fährt Ehefrau und Kind in Passau an – Haftbefehl erlassen

    Nach der Fahrt mit dem Auto in eine Menschengruppe in Passau ist gegen den Fahrer Haftbefehl wegen versuchten Totschlags erlassen worden. Das teilte die Polizei mit. Der Mann sei in eine Justizvollzugsanstalt überstellt worden.

    Zur Story