Diese Geschichte ist an Absurdität schwer zu überbieten: Cinzia Paolina De Lio ist eine italienische Sekundarlehrerin aus Chioggia in der Region Venedig. Doch die Motivation für ihren Beruf schien und scheint sich in Grenzen zu halten. De Lio war während 24 Jahren an einer Schule angestellt – allerdings tauchte sie zusammengerechnet während rund 20 Jahren ihrer Anstellung nicht im Klassenzimmer auf, wie unter anderem die BBC berichtet.
Dabei sei sie die ersten zehn Jahre gar nie im Klassenzimmer erschienen, in den folgenden 14 Jahren zumindest gelegentlich. Allerdings überwogen auch da die Absenzen aus verschiedensten Gründen: De Lio gab unter anderem Krankheiten, persönliche oder familiäre Gründe für ihre Abwesenheit an.
Wie ein solcher Fall möglich wurde, ohne dass jemand früher intervenierte? Das weiss man nicht so genau. Auf jeden Fall hatte De Lios Schulbehörde erst 2017 genug von ihrer gelegentlichen Unzuverlässigkeit und entliess sie. Das wollte die Pädagogin, deren Fachgebiete Geschichte und Philosophie sind, allerdings nicht auf sich sitzen lassen: Sie ging gerichtlich gegen die Entlassung vor und bekam 2018 von einem venezianischen Richter tatsächlich Recht und durfte wieder arbeiten. Oder präziser: Sie wurde wieder angestellt.
Daran hatten weder die Verantwortlichen im italienischen Bildungsministerium, die den Entscheid anfochten, noch De Lios Schülerinnen und Schüler Freude. Denn die Lehrerin schien es mit ihren Pflichten auch nicht so genau zu nehmen, wenn sie ausnahmsweise mal im Klassenzimmer erschien.
Als sie im Jahr 2015 für einige Monate unterrichtete, beschwerten sich ihre Schülerinnen und Schüler mehrfach. De Lio vergesse jeweils, Unterrichtsmaterialien wie Lehrbücher mitzubringen, zudem sei ihre Notengebung «zufällig und improvisiert». Ihre Schüler hätten sich nach einer Weile geweigert, an den Lektionen bei De Lio teilzunehmen, auch weil diese «häufig am Telefon abgelenkt war».
Nach einem langen Rechtsstreit wurde die Rechtmässigkeit der Entlassung De Lios schliesslich bestätigt – nach mehreren Berufungen und Weiterzügen bis vor das höchste italienische Gericht. In der Begründung wurde ihr wegen ihrer zahlreichen Abwesenheiten eine «dauerhafte und absolute Unfähigkeit» attestiert. De Lio hatte argumentiert, dass sie als Lehrerin die «Freiheit des Unterrichtes» besitze und selbst entscheiden könne, wie sie diesen gestalten wolle. Damit blitzte sie beim höchsten Gericht ab: Es sei die Verantwortung des Lehrers, das Recht der Schüler auf Unterricht zu gewährleisten.
Doch was sagt die Betroffene eigentlich selbst zu den Vorwürfen? Nach De Lio war alles ganz anders, wie sie gegenüber der italienischen Zeitung «Repubblica» erklärte. Sie habe Beweise, mit denen sie belegen könne, dass sie nicht 20 Jahre abwesend war. «Ich werde die Wahrheit dieser einzigartigen, surrealen Geschichte aufzeigen», sagte sie der «Repubblica». Damit will sie allerdings noch ein wenig warten, wie sie den Journalisten ebenfalls mitteilte. Die Begründung: