Italiens Norden – die Reiskammer Europas – trocknet aus: Rissige Äcker anstatt wogende Felder und Rinnsale dort, wo Flüsse sein sollten.
In den Städten der Region wird seit Monaten das Wasser rationiert. Vor einer Woche rief die italienische Regierung in fünf nördlichen Regionen den Ausnahmezustand aus. Die Folge: Kraftwerke und Thermalbäder wurden geschlossen, Zierbrunnen in Mailand wurden stillgelegt und in einigen Städten wird das Leitungswasser in der Nacht abgestellt. In Castenaso bei Bologna dürfen Coiffeure die Haare ihrer Kunden nur noch einmal spülen.
Summer in Italy. My cartoon for @trouw: https://t.co/osIAKDQDTk#Italy #summerholiday #climate #drought #climateemergency pic.twitter.com/DoViiccJVz
— Tjeerd Royaards (@Royaards) July 11, 2022
Schuld daran ist eine langanhaltende Trockenheit, die auf zunehmend aride Winter, höhere Temperaturen und deutlich weniger Niederschlag zurückgeht.
Normalerweise produzieren die norditalienischen Regionen Piemont und Lombardei 52 Prozent des gesamten Reises in Europa. Doch dieses Jahr könnte ein Grossteil dieser Reisernte wegfallen. Grund dafür ist, dass gerade die schlimmste Dürre seit 70 Jahren Italien heimsucht.
Und diese Dürre könnte die neue Normalität werden: Massimiliano Pasqui, Experte für Klimawandel beim nationalen Forschungsrat Italiens, sagt der «New York Times»:
Höhere Temperaturen haben zur Folge, dass die Böden austrocknen. Gleichzeitig führen höhere Temperaturen dazu, dass während der kälteren Jahreszeit Regen anstatt Schnee fällt. So fehlt im Sommer die Schneeschmelze, die Wasser für die Landwirtschaft im Frühling und Sommer bringt.
«Ich versuche, das zu retten, was noch zu retten ist», sagt der Reisbauer Gianluigi Tacchini der «New York Times». Die Frage ist nur, wie Tacchini seine Ernte retten will. Denn seine Felder sind in Santa Cristina e Bissone, wo er zur Bewässerung auf das Wasser im Fluss Po angewiesen ist. Doch dessen Pegel steht aktuell 2,5 Meter unter seinem normalen Wasserstand.
Taccini verrät der «New York Times» darum, dass er seine Felder nur noch alle 18 Tage wässere, anstatt alle acht bis zehn Tage. Einige Felder habe er mittlerweile sogar ganz aufgegeben. Er resümiert, dass er bereits die Hälfte seiner Ernte verloren habe und dass er Gefahr laufe, sogar die gesamte Saison zu verlieren.
Die pessimistische Prognose des Bauern stützt auch Paolo Carrà, der Präsident des italienischen Reiskomitees. Er sagt, es sei zwar «verfrüht», die Situation vor September zu beurteilen, «aber es gibt Anzeichen dafür, dass in einigen Gebieten die Reiskulturen vollständig zerstört wurden.»
🇮🇹 The damage that will be caused to Italy by the drought, the strongest since the middle of the last century, is estimated at 3 billion euros
— marina alikantes (@Marianna9110) July 6, 2022
The main problems for rice producers. Grain fields and reservoirs for their irrigation have completely dried up. pic.twitter.com/8vOSHtrEBS
Die ausgetrockneten Felder sind auch für die italienische Wirtschaft verheerend, denn nach Angaben von Coldiretti, dem nationalen Verband der Landwirtschaft, entfallen auf die Po-Region etwa 30 Prozent der nationalen landwirtschaftlichen Produktion gemessen am Marktwert. Neben Reis werden hier vorwiegend Tomaten und Oliven für Olivenöl angebaut.
Coldiretti schätzt, dass die aktuelle Dürre die Landwirte in diesem Jahr etwa 3 Milliarden Euro kosten werde. Kyle Holland, Analyst bei der Marktforschungsgruppe Mintec, sagt dem «The Guardian», dass Marktanalysen darauf hindeuten würden, dass die italienische Olivenölproduktion zwischen 20 und 30 Prozent unter der des letzten Jahres liegen könnte – was die weltweiten Marktpreise von Olivenöl unweigerlich in die Höhe schiessen lassen würde.
Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) veröffentlichte kürzlich ein Vorher-Nachher-GIF mit dem Titel «Po River dries up» (Deutsch: «Der Po trocknet aus»). Darin werden Satellitenbilder der Po-Ebene um die Stadt Piacenza über den Zeitraum von Juni 2020 bis 2022 verglichen. Deutlich erkennbar ist, wie innerhalb von drei Jahren immer mehr Uferregionen des Flusses austrocknen:
Der Po ist Italiens längste Wasserstrasse. Er erstreckt sich von den Alpen bis zur Adria. Jahrhundertelang war er ein Teil eines komplizierten Bewässerungssystems, das dazu beitrug, «die fruchtbarsten Ebenen der Welt» zu bewässern – wie Napoleon seinerzeit die Poebene nannte. Denn aufgrund der flachen Ebene waren die Ufer des Flusses häufig eher ein sich langsam bewegender Sumpf. Die nährstoffreichen Böden waren daher immer optimal mit Wasser versorgt.
Heute ist der Po in einigen Abschnitten zu einem Rinnsal geschrumpft: In Gualtieri, einer Stadt am mittleren Po, tauchten Anfang dieses Jahres sogar zwei Schiffswracks wieder auf, die seit 1944 vollständig unter Wasser lagen.
Italy has declared a state of emergency in five northern regions following a worsening drought.
— DW News (@dwnews) July 4, 2022
Even the country's longest river, Po, is drying up.
Water levels are so low that even a shipwreck from WWII has resurfaced. pic.twitter.com/kPhzkMDk4R
Normalerweise sind der Po und seine Zuläufe im Juni aufgrund der Schneeschmelze ziemlich voll, aber in Italien wurden im letzten Winter lediglich ein Drittel der durchschnittlichen Schneemenge gemessen. Entsprechend fiel auch das Wasser der Schneeschmelze geringer aus.
Der antike Dichter Vergil bezeichnete den Po aufgrund seines mächtigen Umfangs einst als «fluviorum rex» – «König der Flüsse». Heute, knapp 2000 Jahre später, liegt der einst mächtige König im Sterben. (yam)
das gleiche problem wie italien hatte vor langer zeit auch amerika als sie die prärie nur noch für weizen benötigten und so das ganze gebiet austrockneten weil das heimische gras vernichtet wurde wo den boden zusammen gehalten hat.
wäre eventuell ein ansatz. wir müssen lösungen finden und die wirtschaft zurück stufen!