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Italien

Übertourismus: Venedig verlangt künftig doppelt so viel Eintritt

Venedig verlangt künftig doppelt so viel Eintritt

24.10.2024, 15:3324.10.2024, 15:33

Als erste Stadt der Welt verlangt Venedig seit diesem Jahr Eintritt von Kurzbesuchern: bislang fünf Euro. Künftig wird es bis zu doppelt so teuer.

Venedig Gondel
Ein Besuch in Venedig wird künftig in der Hochsaison teurer.Bild: Shutterstock

2025 müssen Touristen bis zu zehn Euro bezahlen, um für ein paar Stunden in die Lagunenstadt an der italienischen Adria zu dürfen. Zudem wird die Gebühr dann an insgesamt 54 Tagen fällig. Dieses Jahr, das offiziell noch als Testphase galt, waren es erst 29 Termine.

Davon abschrecken liess sich kaum jemand. Im Gegenteil: Die Besucherzahlen für die mehr als anderthalb Jahrtausende alte Stadt, die unter dem Massentourismus schwer zu leiden hat, gingen noch weiter in die Höhe. Trotzdem kündigte Bürgermeister Luigi Brugnaro nun an, dass es bei dem Eintrittsgeld bleibt - so wie das auch die allermeisten erwartet hatten.

Fünf Euro für Frühbucher - für die anderen zehn

Im Grundsatz läuft alles weiter wie bisher - nur, dass jetzt häufiger und mehr gezahlt werden muss. Wer frühzeitig bucht, darf weiterhin für fünf Euro in die Stadt. Wer sich bis drei Tage vor dem Besuch (oder noch länger) Zeit lässt, muss künftig allerdings das Doppelte zahlen. Brugnaro behauptete: «Venedig ist die erste Stadt der Welt, die sich mit dem Problem des Übertourismus auseinandersetzt.» Deshalb mache man weiter. Als Ziel nannte er ausdrücklich, zu bestimmten Terminen Leute vom Besuch abhalten zu wollen.

Die Stadt wählte nun 54 Tage aus, an denen 2025 mit besonders viel Betrieb gerechnet wird: den gesamten Zeitraum rund um Ostern vom 18. April bis 4. Mai sowie danach alle Wochenenden bis Ende Juli, immer freitags bis sonntags. Gezahlt werden muss zwischen 8.30 Uhr und 16.00 Uhr. Dieses Jahr wurden 485.000 zahlende Besucher registriert, was mehr als 2,4 Millionen Euro in die Kassen brachte. Die Kosten für Entwicklung und Betrieb des Systems sind allerdings längst noch nicht gedeckt. Übernachtungsgäste müssen nach wie vor keinen Eintritt zahlen, aber Kurtaxe. Die meiste Zeit des Jahres bleibt Venedig gratis.

Massentourismus bereitet grosse Probleme

Der Strom an Besuchern bringt der Stadt viel Geld ein, bereitet aber auch grosse Probleme. Heute leben im Zentrum mit seinen Hunderten Kanälen keine 50.000 Einwohner mehr. Dafür gibt es mehr als 50.000 Gästebetten. Pro Jahr kommen mehr als 15 Millionen Besucher. Tendenz: steigend. An vielen Tagen ist in den engen Gassen rund um Markusplatz und Rialtobrücke kaum noch ein Durchkommen. Manchen Gebäuden ist anzusehen, wie ihnen der Tourismus zu schaffen macht. Die Einnahmen sollen deshalb später einmal auch genutzt werden, um Kanäle, Strassen und Gebäude zu sanieren.

Allerdings haben viele Einheimische Zweifel, ob die Gebühr jemals etwas bringt. Stadtrat Giovanni Andrea Martini verwies darauf, dass die Besucherzahlen auch an den Tagen in die Höhe gingen, an denen die Stadt Eintritt kostete. «Die Zahlen sprechen für sich: Mit welcher Begründung kann jemand behaupten, dass fünf Euro Touristen abschrecken?» Tatsächlich ist der Besuch in Venedig ohnehin nicht billig. Am Markusplatz kostet beispielsweise die Tasse Cappuccino mehr als zehn Euro.

Partys an den Kanälen erst nach 16.00 Uhr

Für Einheimische bleibt die Stadt selbstverständlich weiterhin gratis. Ausgenommen von der Gebühr sind nach wie vor auch Kinder unter 14 Jahren sowie einige andere Gruppen. Auf eine Obergrenze, wann Venedig wegen zu vieler Besucher dichtgemacht wird, wollen die Stadtoberen weiterhin verzichten. Das Bezahlmodell wird weltweit auch von anderen Städten verfolgt, die unter Massentourismus leiden. Bislang hat allerdings noch niemand beschlossen, sich Venedig zum Vorbild zu nehmen.

Bezahlt wird in der Regel damit, dass man sich schon vor der Ankunft in Venedig übers Internet einen QR-Code besorgt und aufs Handy lädt. Wer ohne Quittung erwischt wird, muss theoretisch bis zu 300 Euro Strafe zahlen - was bislang aber nie zur Anwendung kam. Zur Zahl der Touristen, die sich um den Eintritt herummogelten, gibt es keine genauen Angaben. Auffällig war im Sommer aber, dass vor allem junge Besucher ohne viel Geld kurz nach 16.00 Uhr in die Stadt kamen und dann an den Kanälen Party machten. (sda/dpa)

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Langweilige Touristenbilder mal anders
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Vermeintlich langweilige Touristenbilder mal anders

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44 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hyper80
24.10.2024 14:26registriert Juni 2020
In Mallorca protestieren die Einwohner über die Touristen und Venedig verlangt mittlerweile Eintritt um die Stadt überhaupt besuchen zu dürfen. Die Entwicklung ist schon krass. Massentourismus findet man überall und es wird nicht besser. Ich kann den Ärger in den Städten verstehen.
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Campino
24.10.2024 15:44registriert Februar 2015
Ich war schon 3 mal in Venedig.
Mir ist es nie zu viel gewesen etwas mehr zu bezahlen.
Wenn ich gewisse Touristen sah, wird mir schlecht!
Müll von mit gebrachtem Essen wird liegen gelassen.
Finde der Tarif könnte deutlich höher sein.
Florenz, Rom machen es vor.
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Chris B.
24.10.2024 16:12registriert April 2020
Ich bin schon lange der Meinung, dass man einfach irgendwo sonst einen reinen Vergnügungspark aufstellen sollte, der sehr ähnlich wie Venedig aussieht und alle Touristen dort hin lenken. Den könnte man dann auch auf die grossen Touristenströme auslegen, inkl. Eingangskontrolle und Ticketstand.

Die meisten interessiert die historische Bedeutung kein Bisschen und wollen ein paar Fotos schiessen. Die Leute, welche sich für die Geschichte interessieren, können dann das echte Venedig wieder geniessen und natürlich würden die Einheimischen ihre Stadt zurückbekommen.
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