Im Rechtsstreit um Italiens umstrittenes Asyl-Modell wirft ein Gutachten des Generalanwalts des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Zweifel auf, ob es in dieser Form bestehen kann.
Zwar dürften EU-Mitgliedstaaten für ihre Asyl-Verfahren sichere Herkunftsländer selbst bestimmen, erklärte Generalanwalt Richard de la Tour. Die entsprechende Regelung müsse aber offenlegen, auf welchen Quellen diese basiere, damit Gerichte sie überprüfen könnten.
Als erstes EU-Land wollte Italien gewisse Asyl-Verfahren im sogenannten Albanien-Modell ausserhalb der EU ansiedeln. Die Asylanträge von männlichen Migranten, die im Mittelmeer aufgegriffen wurden, sollten in eigens errichteten Lagern in Albanien geprüft werden. Wer Anspruch auf Asyl hat, darf nach Italien einreisen – abgelehnte Bewerber sollen zurückgeführt werden.
Um Rückführungen zu beschleunigen, hat die italienische Regierung auch eine Liste sicherer Drittstaaten erstellt. Ob sie dazu befugt ist und ob die Liste in dieser Form rechtens ist, ist Kern des Verfahrens am EuGH.
Ein Gericht in Rom hatte den EuGH angerufen, weil das italienische Gesetz aus seiner Sicht nicht die Quellen erläutert, auf denen die Einstufung in sichere Länder fusst.
Eigentlich sollen in den beiden Lagern in Albanien italienische Beamte im Schnellverfahren über die Asylanträge von Mittelmeer-Flüchtlingen entscheiden. Die italienische Justiz blockierte die Pläne jedoch mehrfach. Zuletzt standen die Lager – ein Prestigeprojekt der Regierung – leer. An diesem Freitag sollen 40 Asylbewerber, deren Anträge auf italienischem Boden abgelehnt wurden, dorthin gebracht werden. Eigentlich wären dazu aber keine zusätzlichen Lager im Ausland erforderlich.
Das Gutachten des Generalanwalts ist für die Richterinnen und Richter nicht bindend, im Ergebnis folgen sie ihm aber häufig. Ein Urteil wird im Mai oder Juni erwartet. Einen Termin dafür gibt es noch nicht.
Das Urteil des EuGH wird nicht nur in Rom mit Spannung erwartet: Sollte das Modell grünes Licht bekommen, könnte es in Europa Schule machen. Auch die EU hatte zuletzt Pläne für Zentren in Staaten ausserhalb der EU veröffentlicht. Anders als das ursprüngliche «Albanien-Modell» geht es dabei allerdings nur um Rückführungszentren für abgelehnte Asylbewerber. Meloni hatte vor kurzem angekündigt, die Lager in Albanien ebenfalls für Rückführungen nutzen zu wollen. (sda/dpa)