Nix Tinder: So will Putin seinen Soldaten jetzt bei der Frauensuche helfen
Als der weltweit führende Dating-App-Anbieter Tinder Russland verlassen hatte, war der Aufschrei unter jungen Leuten gross. Im Juni 2023 war das. In der Folge beschlossen der Kreml und andere Befürworter «traditioneller orthodoxer Werte», die frei gewordene Nische der Online-Partnervermittlung in die eigenen Hände zu nehmen.
Putins Vertreter im Ural, Artem Zhoga, schlug vor, eine Heiratsagentur zu gründen, um alleinstehende russische Soldaten, die am Krieg in der Ukraine teilnehmen, mit einer Partnerin zu versorgen. «Mit einer guten Frau klappt für einen Mann immer alles: sowohl die Sozialisierung als auch die Arbeitssuche», erklärte Zhoga. Familiäre Beziehungen seien komplexe Angelegenheiten, hier müsse man einen Ansatz finden.
Eine einheitliche Heiratsagentur für Soldaten wird derzeit vom Ministerium für digitale Entwicklung aufgebaut. Das Vorhaben stösst jedoch auf Widerstand – das Verteidigungsministerium befürchtet mögliche Hackerangriffe auf die Datenbank.
In Russland spielen Dating-Apps nach wie vor eine bedeutende Rolle bei der Partnersuche. Vor seinem Weggang aus Russland im Jahr 2023 hatte Tinder mehr als eine Million monatliche Nutzer. Beliebt sind in Russland auch die einheimischen Dienste «Mamba» (1,7 Millionen Nutzer pro Monat) und «Drug Wokrug» (etwa 2 Millionen).
Dating-Apps für LGBT-Personen wurden von der russischen Zensurbehörde Roskomnadzor gesperrt. Vor diesem Hintergrund sind in Russland in letzter Zeit mehrere Dating-Apps erschienen, die sich an ein orthodoxes und konservatives Publikum richten.
Tochter einer Putin-Vertrauten steckt hinter der App
Einer dieser neuen Online-Dating-Dienste heisst plbvi.ru («Aus Liebe») und wurde von Alexandra gegründet, der Tochter der russischen Kinderbeauftragten Maria Lwowa-Belowa. Die Putin-Vertraute ist für die Entführungen ukrainischer Kinder verantwortlich und wird deshalb vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl gesucht.
Die Dating-App wurde im Juli 2025 gestartet und verspricht «ernsthafte Beziehungen und echte Liebe.» Die App von Lwowa-Belowa erhielt staatliche Unterstützung und wurde in die Liste der nationalen Projekte Russlands aufgenommen. Wenn jemand freizügige Fotos veröffentlicht, wird das Konto gesperrt.
Obwohl die App bereits mehr als zehntausend Mal bei Google Play heruntergeladen wurde, sind die Bewertungen den Kommentaren zufolge alles andere als begeistert. So beklagen sich die Nutzer über die geringe Anzahl an Profilen in Moskau, während es im Landesinneren Russlands im Umkreis von 100 Kilometern überhaupt keine Profile gibt.
Der Administrator antwortet, dass die App gerade erst an den Start gegangen ist und verspricht, in Zukunft eine Vielzahl von Optionen für den Aufbau von Beziehungen anzubieten.
Etwa zur gleichen Zeit, im Juli dieses Jahres, erstellte der rechtsextreme Blogger Wladislaw Pozdnjakow auf Telegram seinen eigenen Bot für Online-Dating mit dem klangvollen Namen «Nataschki und Stepaschki». Männer müssen für ein Monatsabonnement etwa 10 Franken bezahlen, während Frauen «nach sorgfältiger Moderation» kostenlosen Zugang erhalten.
Eine Nacht für 10'000 Franken
Pozdnjakow verspricht den Frauen «staatliche Vergünstigungen, eine starke männliche Schulter und Fürsorge» von «jungen und heissen Soldaten». In seinem Telegram-Kanal (über 700'000 Abonnenten) forderte Pozdnjakow Soldaten auf, ihren Freundinnen nichts über die Geschehnisse an der Front zu erzählen und «keine Dickpics zu verschicken.» Es ist schwer zu beurteilen, wie gross die Auswahl an Dating-Angeboten dieses Bots ist.
Trotz des Bestrebens der Kreml-nahen Strukturen, den Kriegsteilnehmern traditionelle Familienwerte zu vermitteln, ist in den von Russland besetzten Gebieten ein Anstieg der Prostitution zu beobachten. Wie regionale Medien berichteten, sind in den Regionen Donezk und Luhansk «sehr viele alleinstehende Männer mit einem für lokale Verhältnisse sehr hohen Einkommen aufgetaucht».
Das unabhängige russische Online-Magazin «Verstka» hat eine Recherche zum Thema Prostitution in den besetzten Gebieten durchgeführt. Frauen kommen aus den Tiefen Russlands in diese Regionen, um Geld zu verdienen. Sie finden ihre Kunden in Telegram-Chats. Nach ihren Angaben sind 99 Prozent der Kunden in den besetzten Gebieten russische Soldaten. (aargauerzeitung.ch)
