In Lateinamerika ist der Tod den Lebenden näher als in unseren Breiten: Ob beim Karneval, bei anderen Volksfesten und selbst bei kirchlichen Anlässen sind Skelette wie selbstverständlich mit dabei. In Mexiko gilt der Dia de los Muertos, der Tag der Toten, gar als einer der wichtigsten Feiertage.
Das erklärt womöglich auch eine morbide Gruselgeschichte, die uns aus Honduras erreicht: Eine Familie hat dort das Grab einer frisch Verstorbenen geöffnet, weil die Trauernden Schreie aus dem Sarg gehört haben wollen, berichtet «New York Daily News». Sie hatten zuvor Abschied von Nelsy Pérez genommen, bevor das Drama seinen Lauf nahm.
Die junge Frau wurde nur 16 Jahre alt, hatte gerade geheiratet und war zu allem Unglück auch noch im dritten Monat schwanger, als sie eines Nachts aufwachte und zusammenbrach. Weil die Bewusstlose Schaum vor dem Mund hatte, glaubten ihre religiösen Eltern, sie sei besessen. Sie riefen einen Priester, mit dem das Mädchen laut «Irish Times» nicht reden wollte. Schliesslich wurde sie ins Spital gebracht, wo nur noch ihr Tod festgestellt wurde.
Nach der Beerdigung schöpften die Hinterbliebenen neue Hoffnung, als sie ein vermeintliches Lebenszeichen von Nelsy vernahmen. «Als ich meine Hand auf ihr Grab legte, konnte ich Geräusche hören. Ich hörte ein Klopfen, dann hörte ich ihre Stimme. Sie schrie um Hilfe», sagte ihr Mann Rudy Gonzales in «Primer Impacto», der Nachrichtensendung eines Lokalsenders.
«Es war bereits einen Tag her, dass wir sie beerdigt hatten», fuhr Gonzales fort. «Ich konnte es nicht glauben. Ich war ekstatisch, voller Hoffnung.» In heller Aufregung wandte sich die Familie an einen Friedhofmitarbeiter. Auch der will Rufe vernommen haben: «Ich überzeugte mich zuerst, dass die Schreie nicht von woanders her kommen», so Jesus Villanueva.
Dann schlug er den Betonmantel auf und zusammen zogen alle den Sarg hervor. Nelsy Pérez lag so darin, wie sie bestattet worden war: im Hochzeitskleid, leichenblass, kalt. Dennoch fuhr die Familie mit der Toten in ein Spital. «Sie brachen beinahe die Tür ein», erinnert sich Ärztin Claudia Lopez im TV-Interview. «Weil alle behaupteten, sie hätte gelebt, führte ich sämtliche notwendigen Untersuchungen durch.»
Allein: Der Teenager kehrte nicht ins Lebens zurück. «Wir haben alles geprüft und alles versucht, aber das Mädchen war tot», schliesst Dr. Lopez. Und die Hinterbliebenen? Die glauben nach wie vor, das Herz ihrer Nelsy habe nochmal geschlagen. Ein Glas im Sarg sei zerschlagen worden, die Tote habe Blutergüsse an den Fingern. «Ich dachte, ich bekomme meine Tochter wieder», sagte die trauernde Mutter.
Das Handy-Video der Aktion ist für Europäer leicht verstörend: Auf diese Art und Weise mit einem Leichnam umzugehen, ist für uns kaum vorstellbar. In Mittel- und Südamerika behält der Tod dagegen seinen festen Platz im Leben. Auch, wenn das in diesem morbiden Fall nicht wörtlich genommen werden kann – zum Leidwesen von Nelsys Liebsten.
(phi)