Auch nach seinem Rücktritt hält sich Boliviens Ex-Präsident Evo Morales weiterhin für den offiziellen Staatschef des Andenlandes. Das Parlament müsse den Rücktritt entweder annehmen oder ablehnen, sagte er am Mittwoch, einen Tag nach seiner Ankunft im mexikanischen Exil, im Interview der spanischen Zeitung «El País»
«Solange es das nicht tut, bin ich weiterhin Präsident.» Der Senat und die Abgeordnetenkammer Boliviens hatten zuletzt keine Beschlussfähigkeit feststellen können, da die Parlamentarier von Morales MAS-Partei die Sitzung boykottierten.
In Bolivien starben unterdessen am Mittwoch zwei Menschen bei Zusammenstössen zwischen Anhängern von Morales, der neuen Interimsregierung und den Sicherheitskräften. Damit stieg die Zahl der Todesopfer bei den seit drei Wochen andauernden Unruhen auf insgesamt zehn. In verschiedenen Teilen des Landes kam es zu Plünderungen und Brandanschlägen.
Morales war am Sonntag nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl zurückgetreten. Der Sozialist, der für eine vierte Amtszeit kandidierte, hatte sich nach der Abstimmung am 20. Oktober zum Sieger in der ersten Runde erklärt, obwohl die Opposition und internationale Beobachter ihm Wahlbetrug vorgeworfen hatten.
Die Organisation Amerikanischer Staaten stellte am vergangenen Wochenende in einem vorläufigen Bericht zur Wahl Manipulationen fest und empfahl eine Annullierung.
Morales kündigte zunächst noch eine Neuwahl an, trat dann aber nur Stunden später auf Druck des Militärs und der Polizei zurück. Der 60-Jährige spricht von einem Putsch. Am Dienstag kam er in Mexiko an, wo ihm Asyl gewährt wird.
Wenn sein Rücktritt bestätigt würde, stehe nach dem Rücktritt seines Vizepräsidenten verfassungsgemäss der Präsidentin des Senats, Adriana Salvatierra, das Amt des Staatschefs zu, führte Morales im Interview fort. Diese hatte zwar am Sonntag im Fernsehen ihren Rücktritt erklärt; am Mittwoch reklamierte sie aber ebenfalls, ihr Rücktritt sei mangels Annahme des Parlaments bislang nicht in Kraft getreten.
In einem Video der Zeitung «Opinión» ist zu sehen, wie Polizisten der 30-jährigen Salvatierra den Zutritt zum Parlament verweigern. Bei einer Pressekonferenz warf sie den Sicherheitskräften vor, weibliche Abgeordnete geschlagen zu haben.
Die zweite Vizepräsidentin des Senats, Jeanine Añez, hatte sich am Dienstag zur Interimspräsidentin erklärt. Das verstosse gegen die Verfassung, sagte Morales, der von einem Putsch gegen sich spricht. Das Verfassungsgericht hat die Machtübernahme von Añez allerdings als rechtmässig gebilligt. Die 52-Jährige muss innerhalb von 90 Tagen eine Neuwahl organisieren.
Die USA anerkannten am Mittwoch Añez als amtierende Präsidentin Boliviens an. «Die Vereinigten Staaten begrüssen die Entscheidung der bolivianischen Senatorin Jeanine Añez, die Interimspräsidentschaft zu übernehmen, um ihre Nation während dieses demokratischen Übergangs zu führen», sagte US-Aussenminister Mike Pompeo in einer Erklärung.
#Bolivia La represión es cada día más feroz. Hoy en Montero, Santa Cruz, las fuerzas represivas asesinaron a Roberth Calizaya Soto, un pibe de 20 años que se movilizaba en contra del golpe. Le dieron un tiro en el tórax. pic.twitter.com/j7Gs9gRW9t
— Sebastián Cazón (@sfcazon) November 14, 2019
Sie wolle die öffentliche Ordnung wiederherstellen und den Staatsgewalten ihre Unabhängigkeit zurückgeben, sagte Añez nach einem Bericht der Zeitung «El Deber» am Mittwoch. Ziel ihrer Präsidentschaft sei es, möglichst schnell Neuwahlen zu organisieren.
Morales gab am Mittwoch in Mexiko-Stadt eine Pressekonferenz. Er wolle «so bald wie möglich» nach Bolivien zurück, erklärte der erste indigene Staatschef des südamerikanischen Landes. «Wenn mein Volk darum bittet, sind wir bereit, zurückzukehren, um für Frieden zu sorgen.» Dafür sei er auch bereit, auf die Macht zu verzichten, sagte er «El País». (sda/dpa/afp)
Es ist hier doch sehr auffällig dass gerade die Amis und Brasilien so vorpreschen und es ist nicht auszuschliessen, dass es sich hier um eine von langer Hand geplante politische Agenda handelt, wie dies in südamerikanischen Staaten in der Vergangenheit wiederholt praktiziert wurde.
Auffällig ist die Häufung der Konflikte, angefangen im letzten Jahr mit Brasilien, dann Ecuador, Chile und nun auch noch Bolivien, obwohl diese Länder in den vergangenen Jahren für südamerikanische Verhältnisse recht stabil waren.