Inmitten laufender Gespräche zu einer Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon greift das israelische Militär immer wieder heftig an – unter anderem im Herzen von Beirut. Auch im Südlibanon gehen die Kämpfe weiter. Während israelische Bodentruppen dort nach libanesischen Angaben immer weiter vorrücken, feuert die Hisbollah Raketen auf den Norden Israels.
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Ein schwerer Luftangriff hat um 4 Uhr Ortszeit die libanesische Hauptstadt Beirut erschüttert. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur wurde bei dem Angriff ein achtstöckiges Gebäude komplett zerstört. Auch anliegende Gebäude seien schwer beschädigt worden. Augenzeugen berichteten, dass die Explosionen die ganze Stadt erschüttert hätten. Es habe massive Schäden gegeben.
Das israelische Militär hatte zuvor keine Evakuierungsaufforderung an die Bewohner der getroffenen Gegend gerichtet. Das Wohnviertel liegt nicht weit entfernt vom Parlament und dem Regierungspalast Grand Serail.
Auch in den Vororten der Hauptstadt setzte Israels Luftwaffe ihre Angriffe fort. Auf mehrere Evakuierungsaufrufe an die Bewohner der als Dahija bekannten Vororte folgten Luftangriffe. Seit Freitag greift das israelische Militär dort intensiv an.
Nach Behördenangaben sind mindestens 20 Menschen getötet worden. Zunächst wurde die Zahl der Toten mit 15 angegeben. 66 Menschen seien bei dem Angriff auf ein Gebäude im dicht besiedelten Stadtteil Basta verletzt worden, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Es wird erwartet, dass die Opferzahl weiter steigen wird. Insgesamt wurden laut der Behörde bei landesweiten Angriffen am Samstag rund 50 Menschen getötet.
Am Vormittag suchten Angehörige und Retter in den Trümmern weiter nach Überlebenden. «Meine Mutter und meine Schwester liegen immer noch unter den Trümmern», sagte ein Anwohner der dpa. Ein weiterer Bewohner sagte mit Blick auf das zerstörte Gebäude: «Meine Mutter hat hier geschlafen, und meine dreijährige Tochter hat hier geschlafen. Jetzt liegen sie im Krankenhaus.»
Libanesische Sicherheitskreise berichteten, dass der Angriff einem Hisbollah-Funktionär gegolten habe. Weitere Details gab es zunächst nicht.
Die israelische Armee sprach von Angriffen auf Waffenlager, Kommandozentralen und «terroristischer Infrastruktur» der Hisbollah. Die Vororte sind dicht besiedelte Wohngebiete. Viele der Bewohner aus Dahija sind bereits geflohen. Die Gegend gilt als Hochburg der Hisbollah. Schon vor den erneuten intensiven Angriffen der letzten 24 Stunden berichteten Augenzeugen von grosser Zerstörung.
Unterdessen rückten israelische Truppen auch im Südlibanon weiter in strategisch wichtige Orte vor. Libanesische Sicherheitskreise und lokale Medien berichteten, dass Israels Armee zu mehreren Orten im Südosten und Südwesten vorgerückt sei. Auch eine wichtige Verbindungsstrasse zwischen der Stadt Nabatia und Grenzorten sei zerstört worden, hiess es aus Sicherheitsquellen. Die Strasse galt als wichtige Versorgungsroute für die Hisbollah-Miliz. Die israelische Armee äusserte sich nicht zu den angeblichen Truppenbewegungen.
Israel will erreichen, dass sich die Hisbollah hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht – so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht, die das Ende des vergangenen Krieges von 2006 markierte. Ein aktuell diskutierter Entwurf zu einer Waffenruhe sieht die vollständige Umsetzung der Resolution und einen Abzug der israelischen Truppen aus dem Libanon vor.
Die schiitische Miliz hat offenbar erneut den Nordfen Israels mit Raketen beschossen. Nach israelischen Armeeangaben sind fünf Raketen in der Region Metula an der Grenze zum Libanon eingeschlagen. Die Zeitung «Haaretz» berichtete unter Berufung auf den örtlichen Bürgermeister, dass die Raketen landwirtschaftliche Flächen getroffen hätten. Es habe keine Verletzten gegeben.
Die Hisbollah reklamierte mehrere Raketenangriffe auf Orte im Norden Israels für sich.
Beobachter sehen in dem weiteren Vorrücken eine mögliche Gefahr für die Gespräche zu einer Feuerpause. Der Experte und Gründer des Militärinstituts INEGMA in Dubai, Riad Kahwadschi, sagte der dpa, beide Seiten probierten vor einer möglichen Einigung zu einer Waffenruhe ihre Bedingungen zu verbessern. Das könne die Gespräche beeinträchtigen.
Die kriegerische Auseinandersetzung zwischen der proiranischen Hisbollah-Miliz und Israel dauert seit mehr als einem Jahr, hat sich zuletzt aber deutlich verschärft. Die Hisbollah beschiesst das Nachbarland nach eigener Darstellung zur Unterstützung der islamistischen Hamas im Gazastreifen, die am 7. Oktober 2023 ein Massaker mit rund 1'200 Toten in Israel angerichtet hatte.
Israel greift seither Ziele im Libanon an und kämpft mittlerweile auch mit Bodentruppen im Süden des Landes. Nach libanesischen Behördenangaben sind im Libanon bereits mehr als 3'500 Menschen in dem Krieg getötet worden. Im Norden Israels kamen durch den Beschuss der Hisbollah 77 Menschen ums Leben, von denen 46 Zivilisten waren. (sda/dpa)
Mir graut nur noch vor diesem Vorgehen.
Ich unterstütze die Existenz Israels voll und ganz und bin grundsätzlich voll auf seiner Seite. Immer noch. Nix mit Palästina from the river to the sea.
Aber was Israel da an Verbrechen ausübt, geht weit, weit über Verteidigung hinaus. Es kommt mir vor wie ein Blutrausch mit schrecklichem Ausgang, so oder so.