Israel hat mit dem angekündigten Angriff auf Irans Atomanlagen begonnen. In der iranischen Hauptstadt Teheran waren mehrere Explosionen zu hören. Iranische Medien zeigten Bilder zerstörter Häuserfassaden in der Hauptstadt. In Videos ist zu sehen, wie Rettungskräfte unter Trümmern nach Verschütteten suchen. Ein Reporter im Staatsfernsehen sagte, er habe bereits mehrere Todesopfer gesehen. Von der Atomanlage Natanz im Zentrum der Islamischen Republik stieg Rauch auf, wie das Staatsfernsehen berichtete.
Generalmajor Hussein Salami sei bei einer Attacke auf das Hauptquartier des Oberkommandos der Revolutionsgarden getötet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Tasnim, die als Sprachrohr der iranischen Elitestreitmacht gilt. Salami galt bis zuletzt als einer der mächtigsten Männer in der Islamischen Republik.
Ebenfalls getötet wurde der iranische Generalmajor Mohammad Bagheri. Zuvor hatte die staatliche Nachrichtenagentur IRNA noch erklärt, dass Bagheri sich unversehrt in einer Kommandozentrale befinde.
Tasnim bestätigte zudem den Tod von zwei bekannten Atomwissenschaftlern. Sowohl Mohammed Mehdi Tehrantschi, Professor für Physik, als auch Fereydun Abbassi, der frühere Leiter des iranischen Atomprogramms, kamen laut der Nachrichtenagentur beim Angriff ums Leben.
Die Lage war zunächst angespannt. Rafael Grossi, Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), schrieb auf der Plattform X, die Situation sei «äusserst besorgniserregend». Später folgte eine erste Entwarnung: Bei der von Israel angegriffenen Uran-Anreicherungsanlage Natans im Iran sind bislang keine erhöhten Strahlenwerte festgestellt worden. Dabei beruft sich die IAEA auf Informationen von iranischen Behörden. Die Behörden hätten der IAEA auch mitgeteilt, dass das Kernkraftwerk Buschehr nicht angegriffen worden sei, hiess es.
Auch das Nuklear-Zentrum in Isfahan sei «nicht betroffen», meldete die IAEA. In Isfahan wird unter anderem Uran-Erz für die Anreicherung vorbereitet.
Im Zuge des israelischen Angriffs auf den Iran ist die Uran-Anreicherungsanlage Fordo nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) bislang nicht betroffen. Das teilte die Behörde in Wien auf der Plattform X mit. Die Anlage befindet sich rund 150 Kilometer südlich der Hauptstadt Teheran.
In Natanz im Zentraliran wird unter anderem Uran mit einem Reinheitsgrad von bis zu 60 Prozent produziert. Dieses Material ist nach Angaben der IAEA beinahe waffentauglich, denn es könnte mit relativ wenig Aufwand auf ein Niveau von 90 Prozent gebracht werden, das für Atomwaffen nötig ist. Teheran hat bislang stets beteuert, keine Atomwaffen bauen zu wollen.
Israel bestätigt die Angriffe. Laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wurde eine «gezielte Militäroperation» gestartet, «um die iranische Bedrohung für das Überleben Israels zurückzudrängen». Es sei ein «sehr erfolgreicher Eröffnungsschlag» erfolgt. Netanjahu sagte in einer aufgezeichneten Ansprache: «Diese Operation wird so viele Tage andauern, wie es braucht, um diese Bedrohung zu beseitigen.» Das Militär habe mehrere elementare Ziele des iranischen Atomprogramms ins Visier genommen.
Ein ranghoher israelischer Militärvertreter erklärte derweil, die Angriffe sollen auch in den kommenden Tagen weitergehen. «Wir verfügen über einen langfristigen, breit angelegten Angriffsplan für die kommenden Tage – vor uns liegen schwierige Zeiten», sagte der Militär nach Angaben des regierungsnahen israelischen TV-Senders C14.
«Die Iraner werden reagieren. Wenn die Bevölkerung (in Israel) diszipliniert bleibt, wird es nur wenige Verletzte geben», sagte er demnach weiter. Anderenfalls seien viele Opfer zu befürchten. Und weiter:
Zu dem Grossangriff im Iran sagte der Militär laut dem Bericht: «Wir haben einen beispiellosen Erfolg erzielt – einen erheblichen Schlag gegen die Spitze des iranischen Militärs und der Revolutionsgarden. Zusätzlich auch gegen Atomwissenschaftler, die die Umsetzung vorantreiben.»
Israels Generalstabschef Ejal Zamir nannte den Angriff eine Notwendigkeit. «Wir haben diese Operation begonnen, weil die Zeit gekommen ist – wir befinden uns an einem Punkt ohne Wiederkehr», sagte Zamir nach Angaben der Armee. «Wir können es uns nicht leisten, auf einen anderen Zeitpunkt zu warten, wir haben keine andere Wahl.»
Zamir sagte demnach ferner: «Die jüngsten wie auch die vergangenen Ereignisse der Geschichte haben uns gelehrt, dass wir nicht die Augen verschliessen dürfen, wenn der Feind versucht, uns zu vernichten. Wir müssen für unser Existenzrecht kämpfen – Freiheit wird denen zuteil, die bereit sind, für sie zu kämpfen.» Der Iran hatte Israel immer wieder mit Vernichtung gedroht, der jüdische Staat sieht sich durch das iranische Atomprogramm in seiner Existenz bedroht.
Der israelische Militärchef sprach gleichzeitig eine Warnung aus:
Man gehe gemeinsam mit einem Ziel in diese Operation, nämlich «eine sichere Zukunft für den Staat Israel und seine Bürger zu gewährleisten». Zamir äusserte sich zuversichtlich: «In geeinter Anstrengung und mit festem Glauben werden wir siegen.»
Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei droht Israel als Reaktion auf den nächtlichen Grossangriff mit Vergeltung. Israel müsse mit «einer harten Bestrafung» rechnen, wurde der Religionsführer in einer Mitteilung seines Büros zitiert.
Israel habe sein «bösartiges Wesen» durch Angriffe auf Wohngebiete «mehr als je zuvor offengelegt», hiess es in der Mitteilung weiter. Chamenei bestätigte auch den Tod mehrerer Kommandeure und Wissenschaftler, die zu «Märtyrern» geworden seien.
Irans Aussenministerium verurteilte den Angriff Israels aufs Schärfste. Dieser stellte einen klaren Verstoss gegen die Charta der Vereinten Nationen dar, hiess es in einer Erklärung des Ministeriums. Iran werde sich auf sein Selbstverteidigungsrecht berufen und entsprechend antworten:
Am Freitagmorgen gibt es bereits erste Berichte von Drohnenangriffen, die Iran gegen Israel gestartet habe. Wie ausgedehnt diese erfolgten und ob es dabei zu Todesopfern kam, ist bislang unklar.
Weiter ist die iranische Regierung überzeugt, dass Israels Handlungen nicht ohne Koordination und Genehmigung der USA hätten erfolgen können. Daher sei auch die US-Regierung als Hauptunterstützer Israels für die Konsequenzen und Folgen mitverantwortlich.
Die US-Regierung bestreitet eine Beteiligung am Angriff. Die oberste Priorität der USA sei der Schutz der eigenen Truppen und Einrichtungen in der Region, erklärte Aussenminister Marco Rubio in einer vom Weissen Haus verbreiteten Pressemitteilung. An Teheran gerichtet betonte er:
Israel habe den Angriff einseitig begonnen und die US-Regierung lediglich informiert, dass es den Schritt als nötige Selbstverteidigung bewerte. «Wir sind bei den Angriffen auf den Iran nicht involviert und unsere oberste Priorität ist es, die amerikanischen Truppen in der Region zu beschützen», erklärte Rubio weiter.
Erst am Mittwoch war bekanntgeworden, dass die USA aufgrund der angespannten Lage im Nahen Osten ihr Botschaftspersonal im Irak reduzieren. Zudem sollen Medienberichten zufolge teils auch Familienangehörige von in der Region stationierten Soldaten evakuiert worden sein.
Die Stützpunkte des US-Militärs am Persischen Golf, etwa in Bahrain und Katar, sind in Luftlinie nicht sehr weit vom Iran entfernt und könnten im Falle einer Eskalation zu Zielen werden. In seinem Nachbarland Irak wiederum übt der Iran grossen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen.
US-Präsident Donald Trump war am Abend (Ortszeit) noch wenige Minuten vor dem Bekanntwerden erster Informationen zu den Angriffen bei einem Picknick mit Vertretern des US-Kongresses im Garten des Weissen Hauses gewesen. Am Mittag hatte er angedeutet, es sehe wohl so aus, als ob es zu einem solchen israelischen Angriff kommen könnte. Der Iran dürfe keine Atomwaffen haben, betonte er.
Nach Rubios Stellungnahme erklärte das Weisse Haus am Abend gegenüber Journalisten, dass nicht mehr mit Auftritten des Präsidenten zu rechnen sei. Dieser vom Presseamt mitgeteilte sogenannte Lid (Englisch für «Deckel») ist nicht ungewöhnlich, sondern tägliches Prozedere.
(rbu/dab) mit Material von sda und dpa