International
Naher Osten

Libanon Israel: Hisbollah verweigert Entwaffnung

KEYPIX - epa12405515 Supporters of Hezbollah burn an Israeli flag at the Raouche Rock during a rally organized by Hezbollah to mark the first anniversary of the deaths of the late Hezbollah leaders Ha ...
Mitglieder der Hisbollah verbrennen am 27. September eine Israel-Flagge in Beirut, der Hauptstadt des Libanons.Bild: keystone

Israelischer Einmarsch droht: Hisbollah verweigert Entwaffnung

Washington erhöht den Druck, Israel fliegt Angriffe, die libanesische Regierung warnt vor einem neuen Bürgerkrieg. Wie stark ist die Terrororganisation noch?
09.11.2025, 17:1709.11.2025, 17:17
Michael Wrase, Limassol / ch media

In Beirut wird dieser Tage der Sondergesandte von Donald Trump für den Libanon und Syrien erwartet. Nach libanesischen Presseberichten soll Tom Barrack die libanesische Regierung in einer «letzten Warnung» dazu auffordern, in Abstimmung mit Washington und Jerusalem einen Zeitplan und Mechanismus für die Entwaffnung der Hisbollah vorzulegen.

Die Zeit drängt: Laut dem im November letzten Jahres in Kraft getretenen Waffenstillstandsabkommen mit Israel muss die libanesische Armee nicht nur dafür sorgen, dass die Region südlich des Litani-Flusses bis zur israelischen Grenze frei von jeglicher Hisbollah-Präsenz ist. Darüber hinaus soll die Terrororganisation bis Ende Dezember ihre Waffen niederlegen oder einer Entwaffnung durch die libanesische Armee zustimmen.

Dazu ist die Hisbollah nicht bereit. Seine Gruppe bleibe auch zukünftig im «Verteidigungsmodus», betonte Naim Qassem, der Generalsekretär der pro-iranischen Schiitenmiliz, vor kurzem. Eine Vermittlung von Trumps Sondergesandten für den Libanon lehne man ab, weil dieser «mit Israel unter einer Decke stecke». Zuvor hatte der libanesische Staatspräsident Joseph Aoun den amerikanischen Topdiplomaten wissen lassen, dass «eine Entwaffnung der Hisbollah mit Gewalt unmöglich ist». Entsprechende Versuche, sagte Aoun, würden unweigerlich zu einem neuen Bürgerkrieg im Libanon führen.

Neuaufbau mit Hilfe aus dem Iran

Tatsächlich ist die libanesische Armee auch nach den schweren Verlusten der Hisbollah im Krieg mit Israel im letzten Jahr noch immer zu schwach, um sich gegen die Terrororganisation durchzusetzen. Die Hisbollah habe zwar einen hohen Preis gezahlt, aber sie sei nicht zerstört worden, zitiert der Libanon-Korrespondent der Zeitung «Figaro», Georges Malbrunot, den Beiruter Analysten Ali Fayad.

A Civil Defense first-responder carries a wounded man whose handheld pager exploded at al-Zahraa hospital in Beirut, Lebanon, Tuesday, Sept. 17, 2024. (AP Photo/Hussein Malla)
Der israelische Geheimdienst führte im September 2024 eine grosse Aktion durch, bei der die Pager von Hisbollah-Kämpfern explodierten. Bild: AP

Nach dessen Erkenntnissen hat die Gruppe mit massiver iranischer Unterstützung eine neue militärische Struktur aufgebaut. Die neue Führung sei jung und dynamischer als die von Israel eliminierte, und könne beim technologischen Fortschritt mithalten.

Die neuen Kommandeure müssten sich nicht mehr an die zentrale Führung wenden. Befehle würden meist persönlich erteilt und nicht mehr über das von Israel infiltrierte Kommunikationsnetz der Hisbollah.

Analysten warnen vor neuer Bodenoffensive

Die Hibsollah verfügt nach arabischen Geheimdienstberichten noch immer über «genügend Kriegswaffen», welche, ähnlich wie im Iran, in 100 Meter tiefen Bunkern gelagert werden. Neue Waffen würden weiterhin über Irak und Syrien in den Libanon geschmuggelt werden.

Es ist davon auszugehen, dass die israelische Armee über die Waffenarsenale der Hisbollah im Bilde ist. Da die offenbar gut gefüllten Depots im letzten Krieg nicht mit bunkerbrechenden Waffen zerstört werden konnten, erwarten Militäranalysten in Beirut in absehbarer Zeit eine neue israelische Bodenoffensive nördlich des Litani-Flusses. Der mündet etwa 20 Kilometer nördlich der israelischen Nordgrenzen ins Mittelmeer.

Auch die sich häufenden israelischen Luftangriffe, die sich auch am letzten Wochenende auf das Gebiet südlich des Litanis beschränkten, könnten ausgeweitet werden. Das hatte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu unlängst angeregt.

Libanon steht vor Richtungsentscheidung

Diese und andere mögliche militärische Szenarien will Tom Barrack, der aus dem Libanon stammende Sondergesandte von Donald Trump, bei seinem bevorstehenden Besuch in Beirut der libanesischen Regierung darstellen. Die «Geduldsfäden der Amerikaner im Libanon sind gerissen», berichten europäische Diplomaten in Beirut in diesem Zusammenhang.

Trotzdem habe man in Washington die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Aussicht neuer israelischer Angriffe sowohl bei der Beiruter Regierung als auch aufseiten der Hisbollah zu einem Umdenken führe.

Die Libanesen stünden jetzt vor einer Richtungsentscheidung, sagte der Beiruter Journalist Tariq Abu Zeinab dem arabischen Nachrichtenportal «Al Ain»: «Entweder sie entscheiden sich für einen vollständig souveränen Staat mit einer Armee und einer politischen Autorität oder für einen Hisbollah-Mini-Staat im Staat, der das Land endgültig in den Ruin treibt». (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
96 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Andreas Joss
09.11.2025 18:29registriert Oktober 2025
Oh Libanon, Schweiz der Levante, Oh Beirut, Paris des Orients. Was ist nur aus diesem wunderschönen Land geworden. Ethnisch und religiös so vielfältig. Leider wurde der Libanon ein Tummelfeld von Religionsfanatikern, Warlords und dubiosen Geschäftsleuten. Ich befürchte, dass die libanesische Regierung zu schwach ist, diese Anforderungen durchzusetzen. Trump könnte eine Lösung sein. Er müsste nur seine Reputation, die er in dieser Weltgegend hat, konstruktiv nutzen. Eigentlich hat er dort mehr Autorität als seine Vorgänger. Leider ist er ein solcher "Schpinnsiech".
6813
Melden
Zum Kommentar
avatar
Tschowanni
09.11.2025 19:25registriert Oktober 2015
Das war absehbar dass die Hisbollah eine Entwaffnung nicht zustimmen wird. Ich hoffe es hat nicht jemand ernsthaft daran geglaubt? Genau so wenig wie radikale Siedler aufhören werden, mit den Übergriffen auf Palästinenser in den Grenzregionen.
5921
Melden
Zum Kommentar
avatar
Vitai Lampada
09.11.2025 20:06registriert Dezember 2022
Solange der Iran den Huptzweck seiner Politik darin sieht, die regionale Hegemonie zu erlangen, wird er Israel vernichten wollen, völlig unabhängig von dessen Politik. Libanon ist da zwischen die Fronten geraten, da sich seine Schiitische Bevölkerungsgruppe gegenüber Christen und Suniten stark vermehrt hat (höhere Geburtenrate), aber politisch unterrepräsentiert blieb. Dies hat der Iran ausgenutzt.
298
Melden
Zum Kommentar
96
OpenAI-Chef Sam Altman erhält Gerichtsvorladung – live auf der Bühne
Sam Altman erlebte bei einer Diskussionsveranstaltung eine ziemliche Überraschung. Statt einer Frage zu KI erhielt er plötzlich ein Gerichtsdokument.
Bei einer Veranstaltung mit dem Gründer und Chef von OpenAI, Sam Altman Anfang der Woche in San Francisco, ereignete sich eine kuriose Szene. Kurz nach Beginn der Diskussion zwischen Altman und dem Trainer des Basketballteams Golden State Warriors, Steve Kerr, sprang ein Mann auf die Bühne, hielt ein Dokument in die Höhe und erklärte, dass es eine gerichtliche Vorladung für Altman sei.
Zur Story