Libyen erlebt eine Katastrophe, die es in den vergangenen Jahrzehnten so noch nicht gegeben hat. Sturmtief «Daniel» ist über das Land einher gebrochen und brachte Tod und Verwüstung mit sich. Eine WHO-Vertreterin sprach von einer Katastrophe «epischen Ausmasses».
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
Auf Videobildern in sozialen Medien waren in Folge massiver Regenfälle zerstörte Häuser und Autos in von Schlammmassen überschwemmten Strassen zu sehen.
Die Regierung in der Hauptstadt Tripolis unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba sprach von den schwersten Regenfällen seit mehr als 40 Jahren.
WATCH: Catastrophic flooding hits Derna, Libya after dams collapse during Storm Daniel, more than 2,000 people feared dead pic.twitter.com/WP7LquuOCa
— BNO News (@BNONews) September 12, 2023
Der Bürgermeister in Schahat sprach von rund 20'000 Quadratkilometern überfluteter Gebiete. Die betroffenen Regionen wurden zu Katastrophengebieten erklärt.
In Derna war die Lage nach Angaben des Gemeinderats «ausser Kontrolle». Dort sollen zwei Staudämme gebrochen sein. Rettungsmassnahmen gestalteten sich nach Angaben des Notfalldiensts schwierig. Man sei auf die Unterstützung von Hubschraubern angewiesen. Strom und Internetverbindung seien unterbrochen. Die betroffenen Regionen wurden zu «Katastrophengebieten» erklärt.
Libyen mit seinen heutigen Grenzen entstand erst 1934, als Italien seine nordafrikanischen Eroberungen als Provinz Libia vereinte. Vorher war Libyen in Tripolitanien im Westen, Kyrenaika (unter den Ottomanen hiess es Barka) im Osten und Fezzan im Süden unterteilt.
Diese Teilung zwischen Ost und West, zwischen Kyrenaika und Tripolitanien, ist auch ungefähr die Teilung, der Libyen heute unterliegt. Im Westen, mit der offiziellen Hauptstadt Tripolis, befindet sich die von der UNO anerkannte Regierung Libyens. Im Osten befindet eine 2014 ausgerufene Regierung, die von vereinzelten Staaten, wie Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützt wird. Teile des Süden kontrollieren unabhängige Rebellengruppen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand von 1951 an das Königreich Libyen. 1969 wurde die Monarchie dann gestürzt und die Arabische Republik Libyen wurde von Muammar Al-Gaddafi ausgerufen. Dieser war bis zu seinem Sturz 2011 Diktator des ölreichen Staates. Seit Gaddafis Sturz kam das Land nicht mehr wirklich zur Ruhe. 2011 sowie von 2014 bis 2020 kam es zu Bürgerkriegen im nordafrikanischen Land.
Theoretisch muss Internationale Katastrophenhilfe über die offizielle Regierung eines Landes geleistet werden. Das Problem in Libyen: Die Regierung kontrolliert das betroffene Gebiet im Osten des Landes gar nicht.
Ein Sprecher einer der beiden Regierungen sagte am Mittwoch, dass bis zu 9000 Tote zu beklagen sein könnte. Derzeit trieben rund 25 Kilometer entfernt von der Küstenstadt Darna immer noch Leichen im Meer.
Am Dienstag waren bereits rund 5200 Menschen geborgen worden. Unabhängig liessen sich die Zahlen zunächst nicht bestätigen.
Am Mittwoch wurde bekannt, dass mehr als 3000 Menschen beerdigt werden konnten. Hunderte unidentifizierte Leichen seien in Massengräbern beerdigt worden, nachdem am Dienstag schon mehr als 2000 identifizierte Opfer begraben worden waren. Etwa 90 Tote aus Ägypten seien in ihre Heimat geflogen worden.
Tausende weitere Menschen in dem Land mit knapp sieben Millionen Einwohnern seien vermisst. Das Rote Kreuz rechnete gar mit 10'000 Vermissten. Das sagte Tamer Ramadan, Leiter des Libyen-Büros der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC), am Dienstag.
Die Opferzahlen steigen immer noch.
Die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis sagte Millionenhilfen für die Katastrophengebiete zu – obwohl sie die Gegend nicht kontrolliert. Zwei Milliarden libysche Dinar (rund 384 Millionen Schweizerfranken) Unterstützung stelle die Regierung unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba bereit, meldete die staatliche libysche Nachrichtenagentur Lana am Dienstag. Damit sollten Wiederaufbaumassnahmen in betroffenen Gebieten finanziert werden.
Während die Dimension der Katastrophe langsam deutlich wird, bieten immer mehr Länder ihre Unterstützung an. Auch die Vereinten Nationen wollen helfen.
Man arbeite mit lokalen, nationalen und internationalen Partnern zusammen, «um den Menschen in den betroffenen Gebieten dringend benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen», sagte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres in New York. Ein UN-Team sei vor Ort. Man kooperiere mit den Behörden, um Bedarf zu ermitteln und laufende Hilfsmassnahmen zu unterstützen. Neben Darna waren auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen.
Die Türkei organisierte inzwischen die Entsendung von Rettungskräften. Man habe Flüge mit Bergungstrupps samt Rettungsbooten, Zelten und Versorgungsgütern an Bord organisiert, teilte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) mit.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verfolgt die Situation in Libyen. Sie prüft finanzielle Unterstützung für lokale oder multilaterale Partner.
Es gehe darum, die dringenden Bedürfnisse der von den Überschwemmungen betroffenen Menschen zu decken, teilte das EDA am Dienstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mit.
Rettungskräfte suchen zurzeit weiter nach Überlebenden. Wegen der Wassermassen sind viele Gebiete von der Aussenwelt abgeschnitten. Bilder aus dem Bürgerkriegsland zeigen das Ausmass der Schäden, besonders drastisch ist die Lage in der Hafenstadt Darna.
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) sei in Libyen nicht präsent. Sie koordiniere ihr humanitäres Engagement aber vom benachbarten Tunesien aus. Mögliche Anpassungen laufender Aktivitäten, um neuen Bedürfnissen gerecht zu werden, würden derzeit geprüft.
Am Mittwoch hat Libyen seine Öl-Exporte wieder aufgenommen. Die staatliche Ölgesellschaft (NOC) berichtete ein Produktionsvolumen von rund 1,2 Millionen Barrel pro Tag. Die Exporte waren in dem ölreichen Land am Sonntag unterbrochen worden, nachdem Sturm «Daniel» das Land getroffen hatte.
(yam/hah/sda/dpa)
Hoffentlich kommt es nicht noch bei Neapel zu einem Vulkanausbruch.
Leider sagen die Anpasser nie, wer das bezahlt, und, noch wichtiger, wie das technisch überhaupt umzusetzen ist..
Aber Marokko nimmt ja nur Hilfe von "befreundeten" Staaten an. Also eigentlich von praktisch niemandem 😉