Über 100 Tote, zahlreiche Vermisste, darunter auch Kinder. Schwere Überschwemmungen im südlichen US-Staat Texas haben viele Opfer gefordert. Die Menschen sind teilweise im Schlaf überrascht worden. Den Fluten zu entkommen war oft kaum mehr möglich, weil die Pegel derart schnell stiegen. Die Behörden sprechen laut BBC von einer Jahrhundert-Katastrophe.
Im Zentrum der Überschwemmungen steht der Fluss Guadalupe. An seinem Ufer befand sich auch das Sommerlager Camp Mystic, in dem 27 Personen starben, darunter auch Kinder.
In nur 27 Minuten verwandelte sich der Fluss in eine reissende Flut, wie Videoaufnahmen zeigen:
Noch während nach Vermissten gesucht wird, kommen Fragen auf, wie es zu dem Unglück kommen konnte und ob es hätte verhindert werden können. Bei der Katastrophe spielen mehrere Faktoren mit.
Es waren keine normalen Regenfälle, die den Fluss ansteigen liessen. Ein tropischer Sturm sorgte für Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Auch in Mexiko richtete er Überschwemmungen an. Während er Richtung Norden zog, nahm seine Intensität ab. Über dem Süden von Texas war er jedoch noch aussergewöhnlich stark. Teilweise fiel währenddessen innerhalb von 3 bis 6 Stunden bis zu 250 Liter Regen pro Quadratmeter – so viel wie sonst in 4 Monaten zusammen, berichtet BBC.
Der Klimawandel wird ebenfalls als Mitverursacher vermutet. Allerdings ist seine Beteiligung schwieriger nachzuweisen. Fest steht, dass die Wasseroberfläche des Golfs von Mexiko wärmer war als sonst. Das führte dazu, dass mehr Feuchtigkeit vorhanden war, die den Sturm zusätzlich nährte.
Das Tückische war: In manchen Regionen fiel fast kein Regen, in anderen dafür extrem viel. Der Stadtverwalter von Kerrville – vom Sommerlager aus gesehen weiter flussabwärts – war gegen 3.30 Uhr nachts noch unterwegs. Es war jene Zeit, als das Camp überschwemmt wurde. In Kerrville habe es jedoch nur leicht geregnet, berichtet er gegenüber den Medien.
Am stärksten betroffen war Kerr County, wo auch das Camp Mystic – das christliche Sommerlager, in dem viele Kinder ums Leben kamen – liegt. Das Gelände in der Region ist laut BBC hügeliger als andere Countys. Dies führte dazu, dass die feuchte Luft aufstieg und grosse Sturmwolken bildete. Aus ihnen fiel eine grosse Menge Niederschlag über dem Gebiet. Weil sich die Wolken nur langsam bewegten, fiel umso mehr Regen in dem Gebiet.
Dass die Region ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt, ist bekannt. Sie werde auch als «Sturzflut-Tal» bezeichnet, berichtet BBC. Das Wasser fliesst von den Hügeln direkt in die umliegenden Flüsse und lässt diese rasch anschwellen. Das niedere Ufer und die tiefliegenden Hütten in Flussnähe verschärften die Lage zusätzlich.
Möglicherweise hätten zahlreiche Todesopfer vermieden werden können, wenn der Regen zu einem anderen Zeitpunkt gekommen wäre. Weil der Fluss in der Nacht anschwoll, wurden viele im Schlaf überrascht. Überlebende berichten, wie sie erwachten und das Wasser bereits knöcheltief im Zimmer stand. Wenn man bedenkt, wie schnell der Pegel stieg, wie stark die reissende Kraft des Wassers war und wie viel Schwemmmaterial darin enthalten war, kann dies schnell zur tödlichen Gefahr werden.
Bereits am Donnerstagnachmittag war klar, dass eine Flutgefahr besteht. Eine erste Warnung wurde herausgegeben. Kurz nach Mitternacht wurde sie erhöht, die Menschen sollten sich in höhergelegene Gebiete begeben, hiess es da. Gegen 4 Uhr gab der Nationale Wetterdienst eine Notfall-Flutwarnung heraus und warnte vor «teilweise gefährlichen Situationen».
Die Warnungen wurden als Textnachricht verschickt. Viele bekamen dies in der Nacht jedoch nicht mit. Andere sahen die Nachricht zwar, nahmen sie aber nicht ernst genug. In der Region sind Flutwellen schliesslich nichts Ungewöhnliches. Dass sie an diesem Tag jedoch Dimensionen annehmen würde, die sie zu einer der tödlichsten Flutkatastrophe der USA machen würde, konnten sie nicht ahnen. Laut Zeugenberichten in verschiedenen US-Medien realisierten viele die Gefahr erst, als der Strom ausfiel.
Der Vizegouverneur von Texas, Dan Patrick, fordert bis nächsten Sommer Warnsirenen entlang des Flusses. Diese hätten seiner Meinung nach Leben retten können. Sollten sich die Behörden die Anschaffung nicht leisten können, werde der Staat dafür aufkommen, sagt er zu Fox News.
Bereits vor acht Jahren war über die Installation eines besseren Warnsystems entlang des Flusses diskutiert worden, weil viele Sommerlager mit Kindern dort stattfanden. Doch passiert ist nichts, das Geld fehlte. Laut Rob Kelly, Richter von Kerr County, hätten auch die lokalen Steuerzahlenden nicht für die Kosten aufkommen wollen, berichtet die New York Times. Stattdessen wurde quasi per Buschtelefon informiert: Die Verantwortlichen höher gelegener Camps informierten jene flussabwärts über Flutwellen.
Die Rettungseinsätze wurden durch das viele Geröll und den anhaltenden Regen beeinträchtigt. Noch werden weiterhin Menschen vermisst. Am Freitag will US-Präsident Donald Trump das betroffene Gebiet besuchen. Auch ihm wird teilweise eine Mitschuld vorgeworfen, da er die Gelder für den Nationalen Wetterdienst gekürzt hat und dort eine Unterbesetzung herrsche, berichtet die «New York Times». Karoline Leavitt, Sprecherin des Weissen Hauses, dementiert dies. (vro)
1- noch nie dagewesene starke Regenfälle oder Dürren, die in dieser Region bisher unbekannt waren.
2 - Nicht alle Regionen sind in gleichem Maße betroffen. Ein paar Kilometer entfernt gibt es vielleicht keinen Wind oder gar keinen Regen.
➡️ Dafür braucht man Wetterdienste, die Vorhersagen machen bzw. PROBILITÄTSmodelle ausgeben.
Und dann braucht man ein zuverlässiges Warnsystem.
Es reicht nicht aus, wenn jemand zufällig aus dem Fenster des Weißen Hauses schaut und sagt:
'ach, das Wetter ist ja toll zum Golfspielen'.