International
Natur

Sturzflut in Texas: Deshalb war die Naturkatastrophe so verheerend

epa12223225 First responders search an area along the Guadalupe river near Blue Oak RV Park in Ingram, Texas, USA, 07 July 2025. At least 91 people have been killed in floods in central Texas, the Whi ...
Die Suche nach Vermissten im Kerr County geht weiter.Bild: keystone

Deshalb waren die Überschwemmungen in Texas so verheerend

Über 100 Menschen sind bei schweren Überschwemmungen im US-Bundesstaat Texas ums Leben gekommen. Behörden sprechen von einer Jahrhundert-Katastrophe. Mehrere Faktoren führten zu den verheerenden Fluten.
08.07.2025, 14:5508.07.2025, 16:16
Mehr «International»

Über 100 Tote, zahlreiche Vermisste, darunter auch Kinder. Schwere Überschwemmungen im südlichen US-Staat Texas haben viele Opfer gefordert. Die Menschen sind teilweise im Schlaf überrascht worden. Den Fluten zu entkommen war oft kaum mehr möglich, weil die Pegel derart schnell stiegen. Die Behörden sprechen laut BBC von einer Jahrhundert-Katastrophe.

July 5, 2025, Kerville, Texas, Tx, United States of America: Aerial view from a Coast Guard Search and Rescue helicopter of the Guadalupe River flooding the surrounding area, July 5, 2025 near Kervill ...
Der Fluss Guadalupe am Freitag, 4. Juli 2025.Bild: www.imago-images.de

Im Zentrum der Überschwemmungen steht der Fluss Guadalupe. An seinem Ufer befand sich auch das Sommerlager Camp Mystic, in dem 27 Personen starben, darunter auch Kinder.

In nur 27 Minuten verwandelte sich der Fluss in eine reissende Flut, wie Videoaufnahmen zeigen:

So schnell wuchs die Sturzflut in Texas

Video: watson/Michael Shepherd

Noch während nach Vermissten gesucht wird, kommen Fragen auf, wie es zu dem Unglück kommen konnte und ob es hätte verhindert werden können. Bei der Katastrophe spielen mehrere Faktoren mit.

Das Wetter

Es waren keine normalen Regenfälle, die den Fluss ansteigen liessen. Ein tropischer Sturm sorgte für Feuchtigkeit in der Atmosphäre. Auch in Mexiko richtete er Überschwemmungen an. Während er Richtung Norden zog, nahm seine Intensität ab. Über dem Süden von Texas war er jedoch noch aussergewöhnlich stark. Teilweise fiel währenddessen innerhalb von 3 bis 6 Stunden bis zu 250 Liter Regen pro Quadratmeter – so viel wie sonst in 4 Monaten zusammen, berichtet BBC.

Der Klimawandel wird ebenfalls als Mitverursacher vermutet. Allerdings ist seine Beteiligung schwieriger nachzuweisen. Fest steht, dass die Wasseroberfläche des Golfs von Mexiko wärmer war als sonst. Das führte dazu, dass mehr Feuchtigkeit vorhanden war, die den Sturm zusätzlich nährte.

Das Tückische war: In manchen Regionen fiel fast kein Regen, in anderen dafür extrem viel. Der Stadtverwalter von Kerrville – vom Sommerlager aus gesehen weiter flussabwärts – war gegen 3.30 Uhr nachts noch unterwegs. Es war jene Zeit, als das Camp überschwemmt wurde. In Kerrville habe es jedoch nur leicht geregnet, berichtet er gegenüber den Medien.

Die geografische Lage

Am stärksten betroffen war Kerr County, wo auch das Camp Mystic – das christliche Sommerlager, in dem viele Kinder ums Leben kamen – liegt. Das Gelände in der Region ist laut BBC hügeliger als andere Countys. Dies führte dazu, dass die feuchte Luft aufstieg und grosse Sturmwolken bildete. Aus ihnen fiel eine grosse Menge Niederschlag über dem Gebiet. Weil sich die Wolken nur langsam bewegten, fiel umso mehr Regen in dem Gebiet.

Dass die Region ein gewisses Gefahrenpotenzial birgt, ist bekannt. Sie werde auch als «Sturzflut-Tal» bezeichnet, berichtet BBC. Das Wasser fliesst von den Hügeln direkt in die umliegenden Flüsse und lässt diese rasch anschwellen. Das niedere Ufer und die tiefliegenden Hütten in Flussnähe verschärften die Lage zusätzlich.

Die Uhrzeit

Möglicherweise hätten zahlreiche Todesopfer vermieden werden können, wenn der Regen zu einem anderen Zeitpunkt gekommen wäre. Weil der Fluss in der Nacht anschwoll, wurden viele im Schlaf überrascht. Überlebende berichten, wie sie erwachten und das Wasser bereits knöcheltief im Zimmer stand. Wenn man bedenkt, wie schnell der Pegel stieg, wie stark die reissende Kraft des Wassers war und wie viel Schwemmmaterial darin enthalten war, kann dies schnell zur tödlichen Gefahr werden.

Camp Mystics cabins left in ruins after floods kill 27 children TEXAS, US - JULY 7: A view of damage following the devastating flash floods that hit Central Texas, United States, on Monday, July 7, 20 ...
Ruinen in Camp Mystic.Bild: www.imago-images.de

Bereits am Donnerstagnachmittag war klar, dass eine Flutgefahr besteht. Eine erste Warnung wurde herausgegeben. Kurz nach Mitternacht wurde sie erhöht, die Menschen sollten sich in höhergelegene Gebiete begeben, hiess es da. Gegen 4 Uhr gab der Nationale Wetterdienst eine Notfall-Flutwarnung heraus und warnte vor «teilweise gefährlichen Situationen».

Die Warnungen wurden als Textnachricht verschickt. Viele bekamen dies in der Nacht jedoch nicht mit. Andere sahen die Nachricht zwar, nahmen sie aber nicht ernst genug. In der Region sind Flutwellen schliesslich nichts Ungewöhnliches. Dass sie an diesem Tag jedoch Dimensionen annehmen würde, die sie zu einer der tödlichsten Flutkatastrophe der USA machen würde, konnten sie nicht ahnen. Laut Zeugenberichten in verschiedenen US-Medien realisierten viele die Gefahr erst, als der Strom ausfiel.

Fehlende Finanzen

Der Vizegouverneur von Texas, Dan Patrick, fordert bis nächsten Sommer Warnsirenen entlang des Flusses. Diese hätten seiner Meinung nach Leben retten können. Sollten sich die Behörden die Anschaffung nicht leisten können, werde der Staat dafür aufkommen, sagt er zu Fox News.

Bereits vor acht Jahren war über die Installation eines besseren Warnsystems entlang des Flusses diskutiert worden, weil viele Sommerlager mit Kindern dort stattfanden. Doch passiert ist nichts, das Geld fehlte. Laut Rob Kelly, Richter von Kerr County, hätten auch die lokalen Steuerzahlenden nicht für die Kosten aufkommen wollen, berichtet die New York Times. Stattdessen wurde quasi per Buschtelefon informiert: Die Verantwortlichen höher gelegener Camps informierten jene flussabwärts über Flutwellen.

epa12223201 First responders search an area along the Guadalupe river near Blue Oak RV Park in Hunt, Texas, USA, 07 July 2025. At least 91 people have been killed in floods in central Texas, the White ...
Die Wassermassen rissen Bäume, Fahrzeuge und Häuser mit.Bild: keystone

Die Rettungseinsätze wurden durch das viele Geröll und den anhaltenden Regen beeinträchtigt. Noch werden weiterhin Menschen vermisst. Am Freitag will US-Präsident Donald Trump das betroffene Gebiet besuchen. Auch ihm wird teilweise eine Mitschuld vorgeworfen, da er die Gelder für den Nationalen Wetterdienst gekürzt hat und dort eine Unterbesetzung herrsche, berichtet die «New York Times». Karoline Leavitt, Sprecherin des Weissen Hauses, dementiert dies. (vro)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
26 Bilder, die die Kraft von Ebbe und Flut dramatisch darstellen
1 / 29
26 Bilder, die die Kraft von Ebbe und Flut dramatisch darstellen
Der Fotograf Michael Marten hat sich acht Jahre lang diesem Phänomen gewidmet. Ständig reiste er der 17'800 Kilometer langen Küste Grossbritanniens entlang, stets auf der Suche nach geeigneten Motiven, welche die Diskrepanz zwischen Ebbe und Flut möglichst dramatisch darstellen. quelle: michael marten ... Mehr lesen
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So schnell wuchs die Sturzflut in Texas
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
41 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Gina3
08.07.2025 17:00registriert September 2023
Der Klimawandel hat genau diese Auswirkungen
1- noch nie dagewesene starke Regenfälle oder Dürren, die in dieser Region bisher unbekannt waren.
2 - Nicht alle Regionen sind in gleichem Maße betroffen. Ein paar Kilometer entfernt gibt es vielleicht keinen Wind oder gar keinen Regen.

➡️ Dafür braucht man Wetterdienste, die Vorhersagen machen bzw. PROBILITÄTSmodelle ausgeben.
Und dann braucht man ein zuverlässiges Warnsystem.

Es reicht nicht aus, wenn jemand zufällig aus dem Fenster des Weißen Hauses schaut und sagt:
'ach, das Wetter ist ja toll zum Golfspielen'.
667
Melden
Zum Kommentar
avatar
PatCap
08.07.2025 16:54registriert Januar 2014
Durch die Kürzung von Trump fehlt Personal und Geld bei NOAA da hängt auch der NWS (National Weather Service) dran. Aufgrund dessen sind die Prognosen nicht mehr in gleicher Qualität möglich. Dies wurde auch bereits von John Morales einem Meteorologen aus Florida im Bezug auf Hurricanes angemerkt. Durch die Kürzung von FEMA fehlen auch Katastrophenhelfer der Regierung. Hauptsache die Reichen müssen jetzt weniger Steuern bezahlen. Ist klar verliert keiner von der MAGA Meuter oder Fox News ein Wort darüber. Welcome to Banana Republic’s
486
Melden
Zum Kommentar
avatar
Dragonlord
08.07.2025 15:33registriert Juli 2016
Tragisch, dass man die Situation nicht als potentiell erhebliche Gefahr eingeschätzt hat und normal zu Bett ging. Verantwortungsvolles und professionelles Handeln von den zuständigen Personen hätte wohl die Mehrheit dieser sinnlosen Tode verhindern können.
383
Melden
Zum Kommentar
41
Fähre in Indonesien fängt Feuer – mindestens fünf Tote
In Indonesien hat sich zum dritten Mal innerhalb weniger Wochen ein schweres Bootsunglück ereignet: Bei einem gewaltigen Feuer auf einer Fähre mit Hunderten Passagieren an Bord sind in der Provinz Nordsulawesi einer Mitteilung der Marine zufolge mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen. Die örtliche Such- und Rettungsagentur (Basarnas) sprach am Morgen (Ortszeit) von drei Toten und zwei Vermissten.
Zur Story