Zuerst ist am Horizont nur die dunkle Silhouette vor dem grauen Himmel über der ostfriesischen Insel Borkum zu sehen. Dann nähert sich die «Fremantle Highway» langsam der Küste und dem niederländischen Eemshaven. Der gut 200 Meter lange Koloss hat deutlich Schlagseite. Der Autofrachter wird von zwei Schleppern gezogen, mehrere Schiffe sichern den Transport am Donnerstag. Auch aus Deutschland ist Unterstützung dabei. Ein Flugzeug der Küstenwache dreht im Tiefflug seine Runden.
An der Hafenmole von Eemshaven endet nach gut einer Woche das Drama rund um die «Fremantle Highway». Die Gefahr einer Umweltkatastrophe ist gebannt. Der Frachter liegt nun sicher. Alle atmen erleichtert auf. Auch die deutsche Bundesumweltministerin Steffi Lemke: «Das Wattenmeer entgeht einer potenziell verheerenden Umweltkatastrophe.» Das sei eine gute Nachricht für alle Bewohner und «den einzigartigen Nationalpark». Auch die deutschen Küsten wären bei einer Ölpest gefährdet gewesen.
Ende gut, alles gut? Das sehen die Menschen auf den Wattenmeerinseln anders. Sie fordern, dass endlich die so stark befahrene Schiffsroute von und nach Deutschland weiter nach Norden verlegt wird. Denn dies sei nicht die erste (Beinahe-)Katastrophe gewesen, sagte der Bürgermeister von Ameland, Leo Pieter Stoel, stellvertretend für alle fünf Wattenmeerinseln. «Das ist die grosse Angst auf den Inseln, dass auf dieser Route etwas geschieht, was der Umwelt schweren Schaden zufügt.»
Vor gut einer Woche war das Feuer ausgebrochen, in der Nacht zum 26. Juli. Schnell breitete es sich aus, die 23 Besatzungsmitglieder sassen «wie Ratten in der Falle», so beschrieb es der Kapitän eines Rettungsschiffes später. Einige sprangen von Bord, etwa 30 Meter tief. Ein Mann starb. Die übrigen wurden mit Hubschraubern gerettet und verletzt in Krankenhäuser gebracht. Inzwischen wurden bis auf den Kapitän alle entlassen.
Tagelang dümpelte der brennende Frachter vor der Küste, mit 1,6 Millionen Litern Schweröl an Bord. Wie eine treibende Parkgarage mit elf Autodecks. 3800 Neuwagen hat er geladen, darunter etwa 500 E-Autos. Nur ein Schlepper hielt den Koloss einigermassen stabil. Und das zwischen zwei stark befahrenen Schifffahrtsrouten - eine drohende Zeitbombe für die Nordsee und das Wattenmeer, das zum Unesco-Weltnaturerbe gehört.
Doch Experten, Behörden und auch die Bewohner der Inseln konnten nur machtlos zusehen, warten und hoffen. Wie lange würden die Stahlwände der ungeheuren Hitze standhalten?
Die Spuren des Feuers sind bis heute deutlich sichtbar. Ein grosser Teil der einst grauen Aussenhaut des Schiffes ist rotbräunlich verfärbt. Es riecht nach verbranntem Metall.
Im Hafen muss zunächst der Frachter entladen werden. Die Berger hatten bereits nach einer ersten Inspektion des Schiffes festgestellt, dass von den Autos kaum noch etwas übrig sein dürfte. Mehrere Autodecks waren total eingestürzt.
Im Eemshaven kann der Treibstoff abgepumpt werden. Auch Schadstoffe können entsorgt werden. Was dann geschieht mit der «Fremantle Highway» ist Sache des japanischen Reeders. Ist sie noch zu reparieren oder muss sich abgewrackt werden? Und soll das auch im Norden der Niederlande geschehen - oder hat der Frachter doch noch eine letzte Reise vor sich?
Aber eine andere Frage ist besonders drängend: Was war die Ursache des Feuers? Es war ausgebrochen nur wenige Stunden nach dem Ablegen des Frachters in Bremerhaven mit Ziel Singapur. Die Küstenwache vermutet, dass der Akku eines E-Autos die Ursache war. Das muss nun untersucht werden. Dafür ist der Flaggenstaat Panama zuständig. Lange gab es auch Unklarheit über die Ladung. So waren 500 E-Autos an Bord, statt 25, wie zunächst gemeldet worden war.
Für Umweltschützer auch in Deutschland ist das Drama mit der Fremantle Highway" ein Alarmsignal. Sie warnen vor den Gefahren von Autotransporten über See und insbesondere von E-Autos. (sda/dpa)
(yam/sda/dpa)