Seit gestern ist Robert Francis Prevost Papst Leo XIV. Der US-Amerikaner gilt in einigen Fragen als progressiv: so bei der Aufnahme von Migranten, dem Klimawandel und der Sorge um die Armen. In anderen Bereichen gilt er hingegen als eher konservativ – so tickt der neue Papst.
Prevost soll generell gegen die Einbeziehung von Frauen in kirchliche Funktionen sein. Auf der Synode 2023 sagte er, dass «die Ausweitung des Priesteramtes auf Frauen nicht unbedingt ein Problem löst, sondern ein neues schaffen könnte». Er sagte auch, dass Frauen «auf verschiedenen Ebenen einen grossen Beitrag zum Leben der Kirche leisten können», wie die italienische Online-Tageszeitung «Il Post» berichtet.
Ausserdem äusserte sich der neue Papst 2017 kritisch gegenüber Abtreibungen, wie CBS News schreibt. Nach den US-Präsidentschaftswahlen 2016 repostete er einen Artikel der Catholic News Agency mit der Überschrift: «Clinton ignorierte Abtreibungsgegner auf eigene Gefahr, sagen Demokraten».
Im Jahr 2015 postete Prevost ein Foto von der «March For Life»-Kundgebung in Chiclayo und forderte seine Anhänger auf: «Lasst uns das menschliche Leben zu jeder Zeit verteidigen!»
Marcha por la vida en Chiclayo. ¡Defendamos la vida humana en todo momento! pic.twitter.com/L5rUMYF3Kt
— Robert Prevost (@drprevost) March 21, 2015
Die italienische Zeitung «Il Post» berichtet, dass Prevost in Bezug auf die Klimakrise in Kontinuität mit Papst Franziskus steht. In einem Seminar im vergangenen November sagte er, dass es an der Zeit sei, «von Worten zu Taten» überzugehen, und dass die «Kontrolle über die Natur» nicht «tyrannisch» sein sollte, sondern eine «Beziehung der Gegenseitigkeit».
In Bezug auf soziale Ungleichheiten und seinen Fokus auf nicht-westliche Länder und Migration scheint der neue Papst ebenfalls auf einer Linie mit Franziskus zu sein. Wahrscheinlich auch aufgrund seiner langen Erfahrung als Missionar in Peru.
Letztes Jahr sagte er gegenüber «Vatican News», dass «ein Bischof nicht wie ein Fürst in seinem Reich sitzen sollte» und dass stattdessen ein religiöser Führer «authentisch demütig sein muss, den Menschen, denen er dient, nahe sein muss, mit ihnen gehen und leiden muss».
Ein ähnliches Bild schildert Jesus Leon Angeles, ein Koordinator einer religiösen Gruppe in Chiclayo (Peru), der den neuen Papst seit 2018 kennt. Dieser sagte Reuters, dass er sich besonders um die vielen venezolanischen Migranten gekümmert habe, die in den letzten Jahren in Peru Zuflucht gesucht haben.
Papst Franziskus hat wichtige Schritte zur Akzeptanz von Homosexuellen in der Kirche unternommen, während das Wenige, was über Prevosts Ansichten bekannt ist, auf eine weniger inklusive Haltung hindeutet.
Die «New York Times» schreibt, dass er sich 2012 in einem Gespräch mit anderen Bischöfen darüber beklagte, wie Medien und Popkultur «Sympathie für Überzeugungen und Praktiken zum Ausdruck bringen, die im Widerspruch zum Evangelium stehen». Dabei führte er «homosexuelle Lebensstile und alternative Familienmodelle einschliesslich gleichgeschlechtlicher Paare und ihrer adoptierten Kinder» an.
Als Bischof von Chiclayo in Peru sprach er sich gegen eine Regierungsinitiative zur Einführung von Geschlechterstudien in den Schulen aus, da «die Förderung der Gender-Ideologie verwirrend ist, weil sie versucht, Geschlechter zu schaffen, die nicht existieren».
Aktueller ist seine Äusserung vom Oktober 2024: Prevost betonte die Notwendigkeit grösserer Gespräche zwischen den einzelnen Bischofskonferenzen, um die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare zu erörtern. Man müsse diese in einer Weise anwenden, welche den kulturellen Unterschieden auf der Welt gerecht werde, da einige Länder Homosexualität immer noch kriminalisieren, zitiert ihn die «Times».
Im Februar teilte der jetzige Papst einen Artikel des «National Catholic Reporter», der die Antwort von Vizepräsident J.D. Vance auf eine Frage zur Einwanderung kritisierte. Vance ist ein katholischer Konvertit, der sich letzten Monat mit Papst Franziskus traf, nur einen Tag vor dessen Tod.
In einem Interview hatte Vance gesagt, dass die christliche Lehre dafür plädiere, der Liebe den Vorrang zu geben: zuerst für die Familie, dann für die Nachbarn, die Gemeinschaft, die Mitbürger und schliesslich für die Welt. Prevost zitierte die Überschrift des Artikels: «J.D. Vance irrt sich: Jesus möchte nicht, dass wir unsere Liebe zu anderen in eine Rangordnung bringen».
JD Vance is wrong: Jesus doesn't ask us to rank our love for others https://t.co/hDKPKuMXmu via @NCRonline
— Robert Prevost (@drprevost) February 3, 2025
Laut den Wahlunterlagen, die «CBS News» zur Verfügung gestellt wurden, ist Prevost im Chicagoer Vorort New Lenox als Wähler registriert.
In Illinois gibt es keine offizielle Parteiregistrierung vom neuen Papst. Aber um an einer Vorwahl teilnehmen zu können, muss man den Stimmzettel einer Partei wählen. Dabei wird ersichtlich: Prevost hat an mehr Vorwahlen der Republikaner als der Demokraten teilgenommen. Die letzte Vorwahl, an der er teilgenommen hat, war die republikanische Präsidentschaftsvorwahl 2016. Unklar bleibt, ob Sieger Donald Trump oder ein anderer Kandidat seine Stimme erhielt.
Prevost hat an mindestens neun allgemeinen Wahlen teilgenommen, darunter an fünf Präsidentschaftswahlen: 2000, 2004, 2008, 2012 und 2024. Es gibt keine Aufzeichnungen über seine Teilnahme an den Wahlen 2016 oder 2020.
In einem Interview mit «Vatican News» aus dem Jahr 2023 wurde der heutige Papst nach dem Verhältnis zwischen Bischöfen und sozialen Medien gefragt.
«Soziale Medien können ein wichtiges Werkzeug sein, um die Botschaft des Evangeliums zu vermitteln und Millionen von Menschen zu erreichen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, soziale Medien gut zu nutzen», sagte er.
Gleichzeitig gäbe es in der heutigen Welt, die sich ständig verändere, Situationen, in denen man mehrmals nachdenken müsse, bevor man sprechen würde oder eine Nachricht auf X schreibe. «Manchmal besteht das Risiko, Spaltungen und Kontroversen zu schüren», fuhr er fort.