Papst Franziskus hat im Vatikan 20 neue Kardinäle ernannt. Das 85 Jahre alte Oberhaupt der katholischen Kirche setzte fast allen neuen Kardinälen bei der Zeremonie am Samstag im Petersdom persönlich die purpurrote Kappe auf. Ein Kardinal liebe die Kirche - egal, ob er sich mit grossen oder kleinen Fragen befasse, sagte Franziskus. Einer der neuen Würdenträger, Richard Kuuia Baawobr aus Ghana, fehlte wegen gesundheitlicher Probleme.
Bei den Ernennungen wurden dieses Mal keine Bischöfe aus Deutschland berücksichtigt. Nach der Zeremonie besuchten Franziskus und die neuen Kardinäle den emeritierten deutschen Papst Benedikt XVI. in seinem Klosterhaus im Vatikan, wie der Heilige Stuhl mitteilte. Der heute 95-Jährige - mit bürgerlichem Namen Joseph Ratzinger - hatte 2013 als erster Papst seit vielen Jahrhunderten seinen Rücktritt erklärt. Inzwischen gibt es auch Spekulationen über einen Amtsverzicht seines Nachfolgers.
Mit den Ernennungen kann Franziskus auch Einfluss auf die Wahl seines Nachfolgers nehmen: Bis zum Alter von 80 Jahren haben Kardinäle in einem Konklave das Stimmrecht, wenn über einen neuen Papst entschieden wird. Derzeit liegen 16 der 20 neuen Würdenträger unter dieser Altersgrenze. Insgesamt zählt das Kollegium der Kardinäle nun 226 Männer - 132 von ihnen dürften wählen.
Für Franziskus, der seit März 2013 amtiert, war es bereits die achte Ernennung. Die von ihm ernannten Kardinäle sind inzwischen in der Mehrheit. Die anderen wurden noch von seinen Vorgängern Benedikt XVI. und Johannes Paul II. in den Kardinalsstand erhoben. Der Termin im Sommermonat August ist ungewöhnlich. An diesem Montag beginnt zudem eine zweitägige Kardinalsversammlung. Dabei will der Papst über die neue Verfassung des Vatikans - «Praedicate Evangelium» (Verkündet das Evangelium) - sprechen.
Dass Franziskus mitten im Sommer Kardinäle aus allen Teilen der Welt nach Rom berief, sorgte für Gerüchte über einen möglichen Amtsverzicht. Der 85-Jährige, dem das Alter inzwischen sichtbar zu schaffen macht, schliesst einen Rücktritt grundsätzlich nicht aus. Auch die Auswahl der neuen Kardinäle überraschte manche. Daraus lässt sich Franziskus' Linie ablesen, bislang wenig beachtete Bistümer besser zu integrieren.
Als jüngster Kardinal mit erst 48 Jahren trägt nun auch der Italiener Giorgio Marengo die purpurrote Kappe. Er arbeitet als Apostolischer Präfekt in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator. «Ich bin dem Papst für diese Wahl sehr dankbar. Allen voran hat sie mich überrascht», sagte Marengo. Dies sei ein Zeichen der Öffnung für kleine Gemeinden. Seine eigene katholische Gemeinde in der Mongolei zählt nicht einmal 1500 Gläubige.
Zudem bekamen beispielsweise die Erzbischöfe von Singapur, William Goh, und Asunción in Paraguay, Adalberto Martínez Flores, die Kardinalswürde. Kirchenhistoriker Johannes Grohe erläuterte: «In den vergangenen Jahrzehnten ist das Kardinalskolleg zunehmend international geworden.» Mehrere Erzbischöfe aus Diözesen, die klassischerweise Kardinäle werden, wurden diesmal nicht berücksichtigt.
Ein Deutscher ist nicht unter den Neulingen, aber dafür ein Brasilianer mit deutschen Wurzeln: der Erzbischof von Manaus im brasilianischen Bundesstaat Amazonas, Leonardo Ulrich Steiner. «Ich verstehe die Ernennung auch als Zeichen seiner (Franziskus') Nähe zum Amazonasgebiet», sagte der 71-Jährige.
Bei der Ernennung war auch Kardinal Giovanni Angelo Becciu in der Basilika, der sich im Vatikan wegen eines Finanzskandals vor Gericht verantworten muss. Von deutscher Seite nahmen die Kardinäle Rainer Maria Woelki, Reinhard Marx und Gerhard Ludwig Müller teil. (sda/dpa)