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Polen und die Ukraine einigen sich im Streit um Weltkriegsmassaker

epaselect epa11826390 Polish Prime Minister Donald Tusk (R) and Ukrainian President Volodymyr Zelensky (L) react during a joint press conference after their meeting at the prime minister's office ...
Die Ukraine und Polen haben sich nach langem Streit auf die Exhumierung polnischer Zivilisten geeinigt, die im Zweiten Weltkrieg in der heutigen Westukraine von ukrainischen Nationalisten ermordet worden waren.Bild: keystone

Streit über Weltkriegsmassaker geschlichtet – jetzt werden 100'000 Leichen ausgegraben

15.01.2025, 22:32
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Polen und die Ukraine haben sich nach langem Streit auf die Exhumierung polnischer Zivilisten geeinigt, die im Zweiten Weltkrieg in der heutigen Westukraine von ukrainischen Nationalisten ermordet worden waren.

«Es geht um die Lösung für ein offensichtliches Problem, nämlich das Bedürfnis polnischer Familien, ihre Angehörigen, die Opfer der Wolhynien-Massaker waren, ist Würde zu bestatten», sagte Polens Regierungschef Donald Tusk in Warschau nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Dieser Grundsatz sollte alle Parteien verpflichten.

Bei den Massakern in Wolhynien und Ostgalizien zwischen 1943 und 1945 ermordeten ukrainische Nationalisten der Aufstandsarmee UPA etwa 100'000 Polen. Sie hofften, durch einen Aufstand gegen die deutschen Besatzer und die Beseitigung der polnischen Zivilbevölkerung den ukrainischen Anspruch auf das Gebiet zu untermauern.

Die Gewalt in der heutigen Westukraine erreichte im Juli 1943 ihren Höhepunkt. Viele Opfer wurden bei lebendigem Leib in den Kirchen ihrer Dörfer verbrannt. Bei Vergeltungsaktionen wurden Schätzungen zufolge bis zu 20'000 Ukrainer getötet.

Kein klares Statement von Selenskyj

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj vermied es, sich direkt zu den Vorgängen in der heutigen Westukraine in den 1940ern zu äussern. «Für uns ist die Unterstützung Polens sehr wichtig. Wir müssen in unseren Beziehungen voran gehen, nach vorne schauen», unterstrich er auf der gemeinsamen Pressekonferenz. Nach einem Treffen mit Polens Präsident Andrzej Duda räumte er ein, für eine starke gemeinsame Zukunft sei es nötig, dass Fragen aus der Geschichte geklärt seien.

Aus ukrainischer Sicht ist der Umgang mit den Wolhynien-Massakern ein schwieriges Thema: Viele damalige Nationalisten gelten heute als Helden. Ihr Status als Kämpfer für die Unabhängigkeit wurde gesetzlich verankert.

Streit belastete das Verhältnis zwischen Kiew und Warschau

Polen, das derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, zählt zu den wichtigsten politischen und militärischen Unterstützern der Ukraine, die seit knapp drei Jahren einen russischen Angriff abwehrt. Der Streit um die Exhumierung der Opfer hat das Verhältnis zwischen Warschau und Kiew seit Jahren belastet.

Vor diesem Hintergrund stand auch Regierungschef Tusk unter zunehmenden Druck, eine Einigung mit der Ukraine über die Exhumierung herbeizuführen. Am 18. Mai wählt Polen einen neuen Präsidenten. Unter den Bürgern wuchs zuletzt der Unmut darüber, dass ihr Land der Ukraine so viel hilft und eine knappe Million Kriegsflüchtlinge aufgenommen hat, während Kiew kaum Anstalten machte, ein aus polnischer Sicht wichtiges Thema anzupacken.

Tusk sagte: «Wir werden das Problem des Gedenkens an die Opfer der Wolhynien-Massaker lösen. Ich möchte nicht, dass irgendjemand in Polen oder in Europa dies zu einer politischen Bedingung für die Unterstützung der Ukraine in ihrer Konfrontation mit Russland macht.» (sda/dpa/lyn)

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