«Nicht wirklich», sagt Spencer auf die Frage, ob er sich von der Politik gehört fühlt, und nennt sogleich ein Beispiel: «Hier auf dem Campus findet eine Klimademo statt, gleichzeitig unterstützen beide Präsidentschaftskandidaten das Fracking. Doch viele junge Leute sind gegen diese Form der Erdgasförderung, die schädlich für die Umwelt ist.»
Spencer studiert an der University of North Carolina in Chapel Hill Politikwissenschaften. Die Anliegen der jungen Menschen sieht er viel zu wenig repräsentiert.
Der 19-Jährige sitzt auf einer Bank des weitläufigen Uni-Geländes, als er Auskunft gibt. Die Herbstsonne strahlt, die gelben und roten Blätter der Bäume sorgen für eine malerische Kulisse. Unzählige Eichhörnchen rennen herum. Sie finden problemlos Nahrung, es ist zwar fast November, aber noch immer über 20 Grad warm.
Statistik-Studentin Ayla ist auf dem Weg in die nächste Vorlesung, auch sie übt Kritik:
Die beiden grossen Parteien würden zugunsten des Geldes politisieren, im Sinne ihrer Parteifinanzierer, so die 21-Jährige, «und nicht nach den tatsächlichen Bedürfnissen der Wählerschaft».
Die University of North Carolina in der Stadt Chapel Hill gehört zum sogenannten «Research Triangle». Es handelt sich dabei um eine Region mit mehreren urbanen Zentren, in der auch die North Carolina State University in der Hauptstadt Raleigh und die Duke University in Durham angesiedelt sind.
«Die Konzentrierung von grossen Forschungsinstitutionen und die zunehmende Präsenz von Wirtschaftszweigen, die einen akademischen Abschluss voraussetzen, ziehen eine sehr gebildete Wählerschicht an», sagt Marc Hetherington, Professor für Politikwissenschaft an der University of North Carolina in Chapel Hill. Dies hat Folgen:
Dennoch hat es den demokratischen Präsidentschaftskandidaten in den vergangenen Jahrzehnten in North Carolina fast nie gereicht. Ausserhalb der urbanen Zentren wählen die Leute republikanisch. Der einzige Demokrat, der den «Tar-Heel-State» seit Jimmy Carter gewinnen konnte, war Barack Obama 2008.
Hetherington vergleicht die heutige Situation in North Carolina mit der des Nachbarstaates Virginia. Viele hochgebildete Arbeitskräfte, die in der Hauptstadt Washington arbeiten, sind nach Virginia gezogen. Dies hat zur Folge, dass der Staat nach jahrzehntelanger Dominanz der Republikaner seit 2008 demokratisch wählt.
Im «Research Triangle» in North Carolina lässt sich die Unterstützung der Demokraten durch die gut ausgebildete Wählerschaft seit mehreren Wahlzyklen beobachten. In den entsprechenden Countys holten Harris' Vorgänger bei vergangenen Präsidentschaftswahlen bis zu 80 Prozent der Stimmen.
Der hohe Zuspruch für die Demokraten dürfte auch dadurch zu erklären sein, dass die Biden-Harris-Regierung den ansässigen akademischen Institutionen grosszügige finanzielle Zuschüsse gewährt.
Die Umfrage auf dem Campus der Universität North Carolina at Chapel Hill zeigt, in welche politische Richtung das Pendel der befragten Studierenden – allesamt Erstwählende – ausschlagen wird.
Ethan (19) studiert Pflege und hat Kamala Harris gewählt:
Ethan wünscht sich, dass in allen Bundesstaaten bis mindestens zur 24. Schwangerschaftswoche ein Recht auf Abtreibung gilt. Und:
Statistik-Studentin Ayla sagt:
Sie sei zwar auch von Kamala Harris nur bedingt begeistert, «in unserem Zweiparteiensystem ist sie jedoch die einzige Option, um die Demokratie in unserem Land aufrechtzuerhalten».
Journalismus-Studentin Eliza (21) ist von Kamala Harris ebenfalls nicht vollends überzeugt. «Die Inhalte, die mir wichtig sind, eine bessere Kontrolle von Schusswaffen und die Unterstützung von LGBTQ+-Rechten, geht sie jedoch besser an als Donald Trump.»
Die Rechte für homosexuelle und trans Menschen sind auch Spencer (19) wichtig:
Die Gespräche mit den Studierenden auf dem Uni-Campus zeigen, dass ihnen die Wahl wichtig ist. «Obwohl die Wahlbeteiligung höher sein könnte, sind sie viel interessierter an Politik als vor 25 Jahren, wo ich mit dem Unterrichten angefangen habe», so Professor Hetherington.
Auch Isaac Unah, ebenfalls Professor für Politikwissenschaft an der University of North Carolina in Chapel Hill, bestätigt, wie viel Raum die bevorstehende Wahl auf dem Uni-Campus einnimmt. «Es sind in meinen Augen vor allem drei Dinge, welche die jungen Menschen politisch beschäftigen: der Klimawandel, die Abtreibungsfrage und die starke Polarisierung.»
Gleichzeitig fühlen sich viele jüngere Menschen von beiden Parteien zu wenig gehört. Woran liegt das? Gemäss Professor Hetherington liege es bei den Republikanern an den politischen Inhalten:
Ob LGBTQ+-Rechte, Gleichberechtigung der Frauen und Ethnien oder die Bereitschaft, für Einwanderer Empathie aufzubringen, «bei diesen Themen klaffen die Positionen von jungen Leuten und den Republikanern gewaltig auseinander».
Dass die Anliegen der jüngeren Wählerschichten auch bei den Demokraten zu wenig Gehör finden, sei auf einen Teufelskreis zurückzuführen:
Doch trotz aller Unzufriedenheit, die bei einem Teil der Jungen festzumachen ist: Geht es nach dem Vorbild Virginia, scheint der Weg für Kamala Harris in North Carolina geebnet.
Das war er jedoch bereits bei vergangenen Präsidentschaftswahlen. Vor vier Jahren gewann Trump mit 49,9 Prozent der Stimmen, Biden erreichte 48,6 Prozent. In keinem anderen Bundesstaat hat der Republikaner so knapp gewonnen.
Ähnlich sehen die aktuellen Zahlen aus. Gemäss Umfragen führt Donald Trump in North Carolina mit 49 zu 48 Prozent. Das Rennen ist offen wie nie.
Doch!
Oh...
Ist ja hier nicht anders. Je ungebildeter die Leute sind, umso eher wählen sie SVP, AfD oder die Conservative Party.
Der Beitrag soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es an den Colleges auch extrem verblendete MAGA's gibt. Wenn ich mir die Social Media Aktivitäten von gewissen Studenten anschaue die in einem Zusammenhang mit dem College Football stehen graust es einem teils schon fast.