In Spanien ist eine Debatte über ein Jesus-Plakat entbrannt. Vorgestellt worden war das Motiv, das für die diesjährige Karwoche in Sevilla wirbt, am vergangenen Wochenende. Die Feierlichkeiten der sogenannten Semana Santa in Sevilla gelten als die wichtigsten und bekanntesten Karwochenfestivitäten in ganz Spanien.
Das Plakat zeigt einen vom örtlichen Künstler Salustiano García gemalten Jesus nach der Auferstehung. Der Gottessohn sieht den Betrachter mit ernstem, aber sanftem Blick an. Mit der linken Hand weist er auf sein Wundmal an der Brust, die Figur ist halbnackt. Jesus trägt einen Bart und lange Haare, insgesamt wirkt das Bild nicht allzu ungewöhnlich verglichen mit herkömmlichen Jesusdarstellungen.
Este cartel es una verdadera aberración.
— Instituto de Politica Social (@IPS_Esp) January 27, 2024
❌ Un Cristo sexualizado y amanerado
Desde el Instituto de Política Social (IPSE), consideramos una ofensa grave este cartel que descontextualiza completamente el verdadero significado de la #SemanaSanta.
Exigimos su retirada isofacta pic.twitter.com/6amhDQX3E5
Es erregt dennoch Aufsehen. Allen voran ereifert sich das spanische Institut für Sozialpolitik (IPSE), das sich selbst als «gemeinnützige bürgerliche Einrichtung» versteht. Ziel des Instituts sei es, für Familien und «das Recht auf Leben» einzutreten, ebenso wie für «die Einheit Spaniens und die Religionsfreiheit».
Institutspräsident Pablo Hertfelder García-Conde tobte, der Jesus auf dem Plakat stelle «ein mögliches Hassverbrechen und einen Angriff auf religiöse Gefühle» dar. Die Figur sei «sexualisiert und verweichlicht» dargestellt.
Es folgte eine Wutwelle und eine Unterschriftenaktion. Tausende haben sich bisher dafür ausgesprochen, dass das Plakat für die Karwoche in Sevilla eingestampft wird. «Wir fordern die sofortige Rücknahme», heisst es in der Petition. Kommentatoren wettern über die in ihren Augen «obszöne», «blasphemische» und «feminisierte» Jesus-Darstellung, die eine «Beleidigung der Christen» sei.
Auf der Gegenseite schütteln viele nur den Kopf und kritisieren ihrerseits das ultrakonservative Institut für Sozialpolitik, das sich auch schon dazu verstiegen hatte, das Recht auf Abtreibung mit den Verbrechen der Nationalsozialisten zu vergleichen. Abtreibungen seien «der grösste Holocaust der Menschheitsgeschichte», hatte das Institut behauptet.
Im Internet griffen zig Nutzer den Streit auf. Schriftsteller Salvador Gutiérrez Solís prophezeite «einen neuen Weltrekord an Memes». Tatsächlich kursieren bereits zahlreiche Witzbilder zum Jesus-Plakat. Der sevillanische Künstler Salustiano García hat sein Bild unterdessen gegen ultrakonservative Kritiker verteidigt: Falls jemand etwas Schmutziges in seinem Gemälde sehe, sei es «sein eigener innerer Schmutz, den er auf das Bild projiziert».
¿Hacemos un hilo con los memes que os vayan llegando? Aquí va uno👇👇👇 pic.twitter.com/F0teP876hM
— Salva Gutiérrez Solís (@gutisolis) January 27, 2024
¿Les presentamos éste? Igual les gusta más pic.twitter.com/t1F20NS5t3
— Rosa Púrpura Madrid (@RosaRojaMadrid2) January 30, 2024
Luego que se lie. Con el de abajo. Tienen muchos carteles e ídolos que quitar. pic.twitter.com/dDn8lmL4qm
— gatomara (@GatomaraUnico) January 30, 2024
Andere verwiesen darauf, dass den Massstäben der Ultrakonservativen noch viel mehr Jesus-Darstellungen zum Opfer fallen müssten. Die halbe Kunstgeschichte des christlichen Abendlandes müsste dann zensiert werden.
Dies sehen auch gemässigte Konservative so, die sich ebenfalls in die Debatte einschalteten. Das Jesusbild sei eine respektvolle Darstellung, schrieb zum Beispiel der Journalist und Universitätsdozent Pepe Santos, der sich selbst als traditionell beschreibt – aber er sei «offen genug, um zuzugeben, dass das Plakat ein gutes Kunstwerk ist. Kühn, ja, aber auch auffällig, überraschend und einzigartig.»
Verwendete Quellen:
Mit Sixpack und Kriegsflegel?