Weshalb Wladimir Putin jetzt in der Arktis aufrüstet
Der norwegische Verteidigungsminister Tore Sandvik warnt, Russland ziehe derzeit massiv Kampf-U-Boote und Atomwaffen rund um den arktischen Polarkreis zusammen. Damit wolle sich Putin auf einen möglichen Krieg gegen die Nato vorbereiten. Der britischen Tageszeitung «The Telegraph» erklärte Sandvik, seine Regierung habe insbesondere rund um die russische Halbinsel Kola deutlich verstärkte militärische Aktivitäten beobachtet.
Demnach testet Russland dort regelmässig verschiedene Waffensysteme, darunter Hyperschallraketen und nuklearbetriebene Torpedos. Die Kola-Halbinsel liegt an der äussersten Nordwestflanke Russlands am Polarkreis und grenzt an Finnland sowie an die nördlichsten Gebiete Norwegens. Dort befindet sich eines der grössten Arsenale an Atomsprengköpfen weltweit. Diese seien, so Sandvik, «nicht nur auf Norwegen gerichtet, sondern auch auf Grossbritannien und über den Pol hinweg auf Kanada und die USA».
Er warnt davor, die russischen Fähigkeiten zu unterschätzen:
Russland könne den Krieg in der Ukraine zwar nicht gewinnen, bleibe durch die atomare Bedrohung und seine von der Kola-Halbinsel ausgehende Zweitschlagsfähigkeit dennoch eine Supermacht, so der norwegische Verteidigungsminister.
Russlands Flottenaufrüstung
In den vergangenen zwei Jahren habe Russland bei Kola eine weitere Fregatte sowie ein neues Mehrzweck-U-Boot in Dienst gestellt. Bereits vor dieser jüngsten Aufrüstung verfügte die Nordflotte über mindestens 16 atomar betriebene U-Boote sowie die Hyperschallrakete Tsirkon, die Geschwindigkeiten von bis zum Achtfachen der Schallgeschwindigkeit erreicht.
Neben den USA und Grossbritannien verfolgt auch Norwegen diese Aktivitäten «rund um die Uhr», so Sandvik. Es sei «die wichtigste Überwachungsaufgabe der Nato».
In Zukunft könnte die Region weiter an Bedeutung gewinnen. Durch die globale Erwärmung schmilzt immer mehr Polareis, wodurch sich neue Schifffahrtsrouten öffnen – deren Kontrolle sich für Russland, gerade in Zeiten harter Wirtschaftssanktionen, als äusserst lukrativ erweisen könnte.
In Oslo betonen Beamte laut «Telegraph», dass der Wettlauf um zwei strategisch wichtige Routen in der Arktis an Bedeutung gewinnt – entscheidend im Falle eines Krieges mit Russland. Dabei geht es um die Bärenlücke zwischen dem norwegischen Festland und Spitzbergen, durch die russische Schiffe in den Atlantik gelangen, sowie die GIUK-Lücke zwischen Grönland, Island und Grossbritannien.
«Putin muss eine Bastion-Verteidigung aufbauen, die Kontrolle über die Bärenlücke sichern und den Nato-Verbündeten den Zugang zur GIUK-Lücke verwehren», erklärt Sandvik. Ziel sei es, Nachschub und Unterstützung aus dem transatlantischen Raum zu unterbinden, weshalb es für Norwegen entscheidend sei, beide Routen zu kontrollieren.
Neue Arktispolitik mit Sicherheitsfokus
Auch in Deutschland scheint man die Zeichen der Zeit erkannt zu haben. Am 18. September dieses Jahres verabschiedete die Bundesregierung neue Leitlinien für die deutsche Arktispolitik. Die bisherige Strategie von 2019 war noch stark von Klimaschutz und internationaler Kooperation geprägt; die neue Ausrichtung setzt hingegen einen klaren sicherheitspolitischen Schwerpunkt.
Nach der schrittweisen Entmilitarisierung der Region infolge des Zusammenbruchs der Sowjetunion wurde 1996 der Arktische Rat gegründet, der sich vorwiegend mit zivilen Themen wie Klimaforschung und Umweltschutz, nicht jedoch mit militärischen Fragen befasste. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Jahr 2022 stellten die westlichen Arktisstaaten ihre Zusammenarbeit mit Moskau ein. Seither ist der Arktische Rat blockiert.
Verwendete Quellen:
- yahoo.com: "Russia is massing a nuclear fleet in the Arctic, documents show" (Englisch)
- blaetter.de: "Die Arktis: Vom Friedenshort zum Kampffeld"

