Angeblich drogenabhängige Neonazis, ein regierungstreuer Journalist, drei «The Sims»-Games und eine Unterschrift mit dem Namen «Signatur unklar» – das sind die Zutaten eines seltsamen Vorfalls in Russland. Doch von Anfang an.
Am Montagmorgen verhaftete Russlands berüchtigter Inlandsgeheimdienst (FSB) sechs Personen. Sie hätten geplant, den regierungstreuen Journalisten Wladimir Solowjow zu töten, habe Russlands Präsident Wladimir Putin laut Medienberichten bei einem Treffen mit der Moskauer Generalstaatsanwaltschaft verkündet. Wo sie verhaftet wurden, ist unklar. Die Verdächtigen seien «drogenabhängige Neonazis».
Und das sei noch nicht einmal die ganze Verschwörung: Zwar seien die Verhafteten Russen, doch der Komplott sei von «hochrangigen diplomatischen Beamten in Europa und den Vereinigten Staaten» inszeniert worden – mit dem Ziel, die russische Gesellschaft zu spalten und «Russland von innen heraus zu zerstören», habe Putin behauptet.
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Der FSB veröffentlichte daraufhin ein «Hinter-den-Kulissen»-Video der Verhaftungen einer der Verdächtigen, der versucht habe, den überzeugten Putin-Loyalisten Solowjow zu töten.
Die Aufnahmen des FSB zeigten eine Reihe von angeblich konfiszierten Gegenständen in der Wohnung des Verdächtigen.
Darunter diverse Waffen, ein Foto von Adolf Hitler, ukrainische Pässe, eine billige Perücke, T-Shirts mit Hakenkreuzen (die noch die Falten vom kürzlichen Versand zu tragen scheinen), Hakenkreuz-Flaggen (die gefaltet auf einem Tisch mit Aschenbechern drapiert sind) oder Plastiksäckchen mit einer Substanz, bei der es sich um Methamphetamin handeln soll – und Sims-Computerspiele.
Auf den ersten Blick scheint allerdings nicht ganz klar, warum der FSB in seinem Video Sims-Computerspiele präsentiert, um zu beweisen, dass es sich beim verhafteten mutmasslichen Attentäter um einen Nazi handle (im Video ab Minute 5:30).
User in den Sozialen Medien erklären dies so, dass es wohl Anweisungen für die Einrichtung des Tatorts gegeben habe – und da von drei SIM-Karten hätte die Rede sein können, was von den ausführenden Beamten aufgrund der Transkribierung in kyrillische Buchstaben missverstanden wurde.
Guys, this isn't about LGBT or any other stuff. Somebody from the top most likely wrote: "3 симки" ("three SIM cards"), and some genius obeyed.
— Andrew Protsenko (@AndrewProtsenko) April 25, 2022
Diese Theorie wird davon gestützt, dass ein weiteres Objekt im FSB-Video ein seltsames Detail enthält, das durch ein solches Missverständnis erklärt werden könnte. Im Video blättert ein FSB-Mann ein Buch durch, das eine Widmung enthält (ab Minute 3:58): «Töte, um zu leben. Lebe, um zu töten». Unterzeichnet ist der Text mit dem Namen «Signatur unklar».
Russian FSB has fabricated a "plot" to kill Russian TV propagandist Solovyov. Allegedly by Ukrainian SBU and Nazis. One of the "evidences" is neonazi inscription on a book. Signed by "Signature unclear". Yes, FSB got an order to sign it with a "signature unclear" - and did so! pic.twitter.com/P1vnDOXOIB
— Sergej Sumlenny (@sumlenny) April 25, 2022
Der FSB scheint die Peinlichkeiten nach der Erstveröffentlichung des Videos gemerkt zu haben. Denn auf dem FSB-YouTube-Kanal wurde das Video der Verhaftung in einer überbearbeiten Version veröffentlicht und das Original gelöscht. Nun sind die Szenen mit den Sims-Spielen und der Buch-Widmung herausgeschnitten.
Trotz offensichtlicher Lücken in der offiziellen Darstellung des angeblichen Attentats scheint der Kreml an seiner Geschichte festzuhalten: Am Montag erklärte der Leiter des FSB, Alexander Bortnikow, gegenüber dem russischen Sender Rossija-1, dass eine Gruppe von sechs russischen Neonazis tatsächlich geplant hätten, Solowjow auf Befehl der Ukraine und des Westens zu töten.
Gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur «RIA Novosti» erklärte Solowjow, er habe nicht bemerkt, dass er verfolgt wurde. Er dankte dem FSB ausgiebig, dass sein Leben gerettet worden sei.
In seiner abendlichen Show auf dem Sender Rossiya-1 debattierte Solowjow am Montag mit Gästen darüber, wie ukrainische Neonazis dingfest gemacht werden könnten.
Rossiya-1 berichtete in einer Nachrichtensendung zudem über angebliche Mord-Pläne an weiteren russischen Medienschaffenden. Ein unkenntlich gemachter angeblicher Attentäter sagte, dass mindestens sechs weitere Medienschaffende hätten ausgeschaltet werden sollen. (yam)
Oder jemand hat das bewusst gemacht, um den FSB blosszustellen.
Was auch immer, ich bin froh nicht unter diesem faschistischen Regime leben zu müssen.
Jemand hämmert dir an die Tür und du machst die Tür innerhalb einer halben Sekunde auf vorallem dann auch noch in boxershorts. Ja, sehr realistisch 🤣🤣🤣🤷♂️
Also echt, Russland sollte sich schon ein bisschen mehr mühe geben. Krass finde ich aber das auch hier immerwieder Leute auf diese Propaganda hereinfallen...
Die Bilderstrecke hätte gut dazu gepasst.
🤣