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Russischer Milliardär Tinkow wütet zu Ukraine-Krieg

Russischer Milliardär Tinkow wütet über die «beschissene Armee» seines Landes

Oleg Tinkow kannte man bislang als Boss des Radteams «Tinkoff». Nun richtet er sich an den Westen, schimpft über Russland und fordert das Ende des «irren Kriegs» in der Ukraine.
19.04.2022, 21:2520.04.2022, 17:18
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Den wohlhabenden russischen Geschäftsmann Oleg Tinkow kannte man bislang als exzentrischen und umstrittenen Boss des Radteams «Tinkoff», für das unter anderem der dreifache Weltmeister Peter Sagan die Flandern-Rundfahrt gewann. Sein Geld machte er mit Importen von Elektronikwaren und Tonträgern, der Herstellung von Fertiggerichten und später auch Restaurants.

Tinkow wandelte sich aber in den vergangenen Wochen zunehmend zum «Anti-Kriegs-Oligarch» – wobei man sagen muss, dass er persönlich die Bezeichnung «Oligarch» ablehnt: Er habe nie Beziehungen zu dem von Putin errichteten Regime gehabt, betonte er jüngst in einem Interview. Nicht alle sehen das so, weshalb er in Grossbritannien als Profiteur der russischen Regierung oder deren Unterstützter sanktioniert wurde.

Zumindest Letzteres darf bezweifelt werden: Der russische Milliardär hat seit Ende Februar 2022 regelmässig den russischen Invasionskrieg in der Ukraine kritisiert. Am Dienstag doppelte er nach und verurteilte den «verrückten Krieg»: 90 Prozent seiner Landsleute unterstützten den Kreml-Entscheid nicht, so Tinkow in einem Instagram-Post.

Oleg Tinkow auf Instagram.
Oleg Tinkow auf Instagram.bild: Instagram

In seinem Beitrag schreibt er auch: «Ich sehe nicht einen einzigen Profiteur dieses verrückten Krieges! Unschuldige Menschen und Soldaten sterben.» Natürlich gebe es «Idioten», die das «Z»-Symbol irgendwo hinmalen würden – in jedem Land gebe es aber zehn Prozent «Idioten». Sein Fazit: «90 Prozent der Russen sind GEGEN diesen Krieg.»

«Ich sehe nicht EINEN Profiteur dieses irrsinnigen Krieges! Unschuldige Menschen und Soldaten sterben. Die Generäle sind mit einem Kater aufgewacht und haben festgestellt, dass sie eine beschissene Armee haben. Wie soll die Armee gut sein, wenn alles andere im Lande scheisse ist und in Nepotismus, Lakaientum und Beamtenschaft versinkt?

Kremlbeamte sind schockiert, dass nicht nur sie, sondern auch ihre Kinder diesen Sommer nicht ans Mittelmeer fahren werden. Die Geschäftsleute versuchen zu retten, was von ihrem Eigentum übrig ist … Natürlich gibt es Idioten, die den Buchstaben Z hinmalen – aber in jedem Land gibt es zehn Prozent Idioten. 90 Prozent der Russen sind GEGEN diesen Krieg!

Lieber «kollektiver Westen», bitte geben Sie Herrn Putin einen klaren Ausweg, um sein Gesicht zu wahren und dieses Massaker zu beenden. Bitte seien Sie rationaler und menschlicher!
Übersetzung seines Posts

Tinkow, der grimmig auf dem Foto schaut, wütet im Post auch gegen das Militär: Die Generäle würden mit einem Kater aufwachen und feststellen, dass sie eine «beschissene Armee» hätten. Das sei aber angesichts der politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Struktur Russlands nicht überraschend. Er fordert deshalb eine Reaktion des «Westens»: Dieser müsse Putin einen Ausweg bieten, mit dem das Massaker beendet werden und Putin sein Gesicht wahren könne.

Was er damit genau meint, war zunächst unklar. Es gab zudem keine Informationen darüber, ob sich Tinkow in Russland aufhält. (pit)

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119 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Liebu
19.04.2022 21:40registriert Oktober 2020
Wo er recht hat hat er recht.
Es gibt sie also doch, Russen wie Tinkow, welche klar widersprechen.
Ich hoffe, das ist erst der Anfang.

Nachdem Putin die Sanktionen als unwirksam beschrieben hat, kann man davon ausgehen, dass sie sehr wohl wirken, denn wie wir wissen erzählt er meist das Gegenteil der Sachlage.
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Kotyara
19.04.2022 22:06registriert Januar 2022
Putins Gesichtswahrung ginge auf Kosten von Freiheit und Demokratie. Hier darf es keine Kompromisse geben. Putin muss verstehen, dass es sich nicht lohnt, zivilisierte Länder anzugreifen. Der Westen muss die Ukraine unterstützen und dabei soweit gehen wie nötig. Er muss sich mit allen Mitteln vor Unterdrückung schützen. Er muss die Ukraine als Teil des Westens verstehen. Die Ukraine kämpft für Freiheit und Demokratie. Der Westen braucht den Sieg der Ukraine.
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HappyUster
19.04.2022 21:50registriert August 2020
Bravo!
Doch was soll man WP bieten, damit er sein Gesicht wahrt?
Eine Torte frontal...
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