Am Dienstag trafen sich Delegationen aus der Ukraine und Russland im türkischen Istanbul, um die Friedensverhandlungen fortzuführen. Die Gespräche dauerten rund vier Stunden.
Nach dem Treffen liess der russische Vize-Verteidigungsminister Alexander Formin verlauten, dass man die «Feindseligkeiten in Richtung Kiew und Tschernihiw drastisch reduzieren» werde.
Russia’s deputy defense minister says Moscow has decided to “fundamentally cut back military activity in the direction of Kyiv and Chernigiv” in order to “increase mutual trust for future negotiations to agree and sign a peace deal with Ukraine.” pic.twitter.com/2qDYOzAzDp
— max seddon (@maxseddon) March 29, 2022
Dieser Schritt solle dazu dienen, gegenseitig Vertrauen aufzubauen und die Bedingungen für weitere Verhandlungen zu schaffen, sagte Fomin. Die Ukraine sei zudem dabei, einen Vertrag vorzubereiten über einen neutralen Status des Landes ohne Atomwaffen. Eine ausführliche Information über die Vereinbarungen von Istanbul solle es nach der Rückkehr der Delegation nach Moskau geben, so Formin.
Der ukrainische Generalstab teilte bereits mit, dass im Gebiet um die Hauptstadt Kiew und die nordukrainische Grossstadt Tschernihiw bereits ein Abzug einzelner Einheiten russischer Streitkräfte zu beobachten sei.
Es war die erste Ankündigung zu einem Rückzug dieser Art von russischer Seite. Das Verteidigungsministerium hatte vor einigen Tagen mitgeteilt, sich auf den Donbass im Osten der Ukraine konzentrieren zu wollen.
Nein. Trotz erster Zusagen Russlands gestalten sich die Verhandlungen als schwierig. Die Positionen liegen weit auseinander: Die ukrainische Regierung will einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantien. Moskau fordert unter anderem einen Verzicht der Ukraine auf einen Nato-Beitritt sowie eine Anerkennung der abtrünnigen ostukrainischen Separatistengebiete als eigene Staaten und der 2014 annektierten ukrainischen Schwarzmeer-Halbinsel Krim als Teil Russlands.
Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Aussenministeriums, sagte zudem am Dienstag der Agentur Interfax, dass Russland seine «spezielle Militäroperation» fortsetzen wolle. «Sie verläuft streng nach Plan».
Die Aufgaben und Ziele würden weiter erfüllt. Bei den Friedensverhandlungen zwischen beiden Ländern gehe es weiterhin um die «Entmilitarisierung der Ukraine, die Entnazifizierung», sagte Sacharowa.
Präsidentenberater Mychajlo Podoljak bezeichnete die Gespräche auf Twitter als «schwierig». Die ukrainische Delegation beharrt im Austausch für einen möglichen neutralen Status auf harten Sicherheitsgarantien.
Unconditional security guarantees for Ukraine, ceasefire, effective decisions on humanitarian corridors and humanitarian convoys, observance by the parties of the rules and customs of war. Difficult negotiations for peace in our country. Istanbul round right now… pic.twitter.com/SUTAQrAhA2
— Михайло Подоляк (@Podolyak_M) March 29, 2022
Diese sollten von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats wie den USA, Frankreich, Grossbritannien, China oder Russland kommen, sagte Delegationsmitglied David Arachamija am Dienstag vor Journalisten in Istanbul. Dazu könnten auch die Türkei, Deutschland, Kanada, Italien, Polen, Israel und andere Länder gehören.
Die Garantien sollten ähnlich wie der Artikel fünf des Nato-Vertrages formuliert sein. Demnach sind die Mitglieder des Militärbündnisses zum sofortigen militärischen Beistand im Falle eines Angriffs auf einen Partner verpflichtet.
Weiter soll die Ukraine Möglichkeiten eines EU-Beitritts aushandeln wollen, wie der russische Unterhändler Wladimir Medinsky verlauten liess.
Gebietsabtretungen seien für Kiew zudem indiskutabel. «Wir erkennen nur die Grenzen der Ukraine an, die von der Welt mit Stand 1991 anerkannt sind», betonte der Fraktionsvorsitzende der ukrainischen Präsidentenpartei. Dabei könne es keine Kompromisse geben.
Komme es zu einem Friedensvertrag, so müsse dieser zudem erst vom ukrainischen Volk gebilligt werden. Ein Referendum sei jedoch nur in Friedenszeiten möglich.
As for Crimea, it is offered to clearly record the parties' intention to settle the issue exclusively through 🇺🇦-🇷🇺 bilateral negotiations within 15 years. It's also offered not to resolve the Crimean issue by military means in any case. Only political & diplomatic efforts.
— Михайло Подоляк (@Podolyak_M) March 29, 2022
Präsidentenberater Mychajlo Podoljak schrieb in einem Tweet, dass die Frage der Krim nach dem Ende der aktuellen Kampfhandlungen innerhalb von 15 Jahren diskutiert werden solle. Dieses Angebot sei der russischen Delegation auch an den Gesprächen unterbreitet worden.
Der Leiter der russischen Delegation, Wladimir Medinsky, bezeichnete die Gespräche in Istanbul als «konstruktiv».
Der russische Vize-Verteidigungsminister Alexander Formin sprach indes davon, dass man mit der Reduzierung der «Feindseligkeiten» in eine praktische Ebene der Verhandlungen übergehe.
In den russischen Medien äusserte sich Formin nicht ganz so diplomatisch. Er bediente weiterhin das Narrativ der «Entnazifizierung» und stellte weitere Forderungen. So soll er gegenüber dem russischen Medium «Kommersant» gesagt haben: «Wir fordern den vollständigen Ausschluss der Folterpraxis bei unseren Kriegsgefangenen. Wir fordern die ukrainische Seite auf, umfassende Massnahmen zu ergreifen, um diese Praxis zu beseitigen.» In diesem Kontext habe Formin die Ukraine zudem dazu aufgefordert, sich bei der Behandlung von Kriegsgefangenen an die Genfer Konvention zu halten.
Wann die Friedensverhandlungen weitergehen, ist momentan noch unklar. Es werde keinen zweiten Verhandlungstag geben, teilte das türkische Aussenministerium mit.
Der russische Chefunterhändler Medinski sagte laut der Nachrichtenagentur Reuters, dass man sich über die Vorschläge der ukrainischen Delegation unterhalten werde.
Derweil hätten russische Bataillonsgruppen bereits einige Gebiete in der Nähe von Kiew verlassen, wie CNN unter Berufung auf Quellen aus der US-Regierung berichtet. Der Sender stellt fest, dass der US-Geheimdienst dies als «grossen strategischen Wandel» bezeichnet. Gleichzeitig wird davor gewarnt, dass russische Truppen jederzeit neu stationiert werden können, wenn die Kampfbedingungen dies zulassen.
(dfr/mit Material der SDA)
Deshalb, unterstützen der Ukraine verbessern, Stärke zeigen, und nicht einkicken vor dem Despoten Putin.
Natürlich tut sie das, alles andere wäre sich dem Tiger erneut zum Frass vorwerfen.