International
Russland

Nawalny legt seinen eigenen Attentäter herein – und bringt ihn zum Reden

FILE - In this Saturday, July 20, 2019 file photo, Russian opposition activist Alexei Navalny gestures while speaking to a crowd during a political protest in Moscow, Russia. Russia's top diploma ...
Überlebte einen Anschlag des russischen Geheimdienstes: Alexej Nawalny.Bild: keystone

Nawalny legt seinen eigenen Attentäter herein – FSB spricht von Fälschung

21.12.2020, 17:1022.12.2020, 08:05
Mehr «International»

Ein Agent des russischen Inlandsgeheimdiensts FSB soll nach Darstellung des Kremlkritikers Alexej Nawalny den Giftanschlag auf ihn zugegeben haben.

Unter dem Titel «Ich habe meinen Mörder angerufen. Er hat gestanden» veröffentlichte Nawalny am Montag auf Youtube den Mitschnitt eines Telefonats mit dem mutmasslichen FSB-Agenten. Nawalny gab sich in dem Gespräch am 14. Dezember demnach als Assistent des Chefs des russischen Sicherheitsrats aus, um das Vertrauen des Mannes zu gewinnen.

Nawalny spricht mit seinem Attentäter: Das ganze Gespräch mit Englischer Übersetzung.Video: YouTube/bellingcat

Der Inkognito-Anruf erfolgte im Rahmen einer Recherche mehrerer Medien, darunter des Nachrichtenmagazins Spiegel. Die Journalisten hatten in der vergangenen Woche Rechercheergebnisse veröffentlicht, denen zufolge mindestens acht russische Geheimdienstagenten den Anschlag auf Nawalny verübt haben sollen.

Nawalny fragte den Agenten am Telefon etwa, was in Zukunft geschehen müsse, damit das Attentat nicht wieder schief gehe.

Der Agent antwortete: «Wenn er länger geflogen wäre …»

Nawalny fragte weiter: «Wo war die höchste Konzentration des Gifts?»

«Auf der Unterhose», antwortete der Agent.

«An welcher Stelle der Unterhose?»

«An der Innenseite.»

Nawalny war im August auf einem Inlandsflug zusammengebrochen. Der mutmassliche FSB-Mann sagte in dem nun veröffentlichten Telefonat, das Gift sei an der Innenseite der Unterhose angebracht gewesen. Nawalny habe den Anschlag nur überlebt, weil der Flug nicht lange genug gedauert habe.

Der Pilot hatte damals eine Notlandung in der sibirischen Stadt Omsk unternommen. Nawalny wurde zunächst dort in ein Krankenhaus gebracht und später in die Berliner Charité geflogen.

Nawalny soll mit einem in der Sowjetunion entwickelten chemischen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet worden sein. Russland hatte wiederholt Vorwürfe zurückgewiesen, nichts zur Aufklärung des Falls beizutragen, und das Vorlegen von Beweisen gefordert.

epa08897624 Russian President Vladimir Putin attends a video conference meeting on the occasion of the signing of a memorandum of intent between Russia's Gamaleya National Research Center of Epid ...
Wladimir Putin will nicht für die Vergiftung verantwortlich sein.Bild: keystone

Auf seiner grossen Jahrespressekonferenz hatte Kremlchef Wladimir Putin eine Beobachtung Nawalnys durch den Geheimdienst zwar eingeräumt. Für eine Vergiftung seines schärfsten Gegners gebe es aber keinen Grund, hatte der Präsident betont.

Das FSB hat das Telefonat als Fälschung bezeichnet. Das Gespräch sei eine «geplante Provokation zur Diskreditierung des russischen FSB», teilte der FSB nach Angaben der Staatsagentur Ria Nowosti am Montagabend mit. Es würden Ermittlungen eingeleitet.

(cma/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
68 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Varanasi
21.12.2020 17:46registriert August 2017
Aber Putin hat doch letzte Woche noch gesagt, dass er mit dem Mordanschlag auf Nawalny nichts zu tun hat! Er wird doch nicht etwa gelogen haben?

Das alles ist eine unglaubliche Geschichte. Mir schwant kein gutes Ende für den Geheimdienstler.
63038
Melden
Zum Kommentar
avatar
maxx6000
21.12.2020 18:00registriert April 2020
das dünkt mich jetzt doch etwas gar einfach...ich zweifle nicht im geringsten daran dass der russ. geheimdienst involviert war aber dass ein spion solche infos einem nicht bekannten assisten am tel. preissgiebt...naja
44670
Melden
Zum Kommentar
avatar
G. Nötzli
21.12.2020 18:27registriert Juni 2015
Das Video von Nawalny ist sehr sehenswert. Es zeigt auch exemplarisch wie die Korruption in Russland zum Zerfall des Geheimdiensts führt und nur deswegen solche krasse Fehler geschehen konnte...
9826
Melden
Zum Kommentar
68
Gute Nachricht für Spaniens First Lady: Vorermittlungen wurden eingestellt

Gute Nachricht für Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez in der Korruptionsaffäre um First Lady Begoña Gómez: Die Staatsanwaltschaft in Madrid habe eine Einstellung der Vorermittlungen gegen Gómez beantragt, berichteten der TV-Sender RTVE, die Zeitung «El País» und andere Medien unter Berufung auf die Justiz.

Zur Story