Wladimir Putin sitzt da und spielt mit seinem Kugelschreiber.
Der russische Präsident, der vor bald zwei Jahren seine Panzer und Flugzeuge in die Ukraine schickte, um das Nachbarland unter den Worthülsen von «Entnazifizierung» und «Demilitarisierung» zu zerstören und Millionen von Menschen Häuser, Leben und Gewissheiten zu nehmen, sitzt in dieser Woche öffentlichkeitswirksam vor den Leitern russischer Kommunalverwaltungen und kann es einmal mehr nicht fassen, wie das Leben in «manchen europäischen Ländern» so funktioniere.
Putin said that more and more citizens who have left Russia dream of going back because in the West there are "common toilets for boys and girls everywhere". pic.twitter.com/hhfajTmZHl
— NEXTA (@nexta_tv) January 16, 2024
Deshalb kehrten so viele Russen nun zurück, die das Land verlassen hätten, behauptet er. Mit gemeinsamen Toiletten für alle Geschlechter könnten diese laut Putin nun wirklich kein vernünftiges Leben führen.
Russland, daran lässt der Kremlherrscher bei jeder Gelegenheit keinen Zweifel aufkommen, Russland sei ein «traditionell normales» Land. Ein Land, in dem laut der staatseigenen Statistikbehörde ein Drittel der ländlichen Bevölkerung ganz «traditionell» ein Plumpsklo aus Holz im Garten stehen hat und in diesem Erdloch mit Überbauung seine Notdurft verrichtet.
Ein Land, in dem in zehn Regionen jede fünfte Schule ohne Kanalisation ist. Ein Land, in dem, wenn es denn beheizte Toiletten in den Wohnungen gibt, selten zwei pro Wohnung zu finden sind.
Was sind da schon die Ukrainer, die in ihren Schulen – so sind russische Politiker und Propagandisten überzeugt – genderneutrale Toiletten einbauten? Die russischen «Jungs» mit «Gewehren in der Hand», so sagte bereits der Sankt Petersburger Gouverneur Alexander Beglow vor wenigen Tagen und kam Putin etwas zuvor, wüssten eben, wofür sie kämpften.
In seinem Telegram-Kanal schrieb er:
Verteidigt der russische Staat mit seinem Krieg in der Ukraine also nicht seine «von Feinden im Westen bedrohte Souveränität», wie der Kreml stets behauptet, sondern seine Toiletten «für normale Mädchen» und «normale Jungen»? «Sortir nasch» also? Das Klo ist unser?
Wofür die russischen Soldaten in der Ukraine kämpfen, das ist auch vielen in Russland immer noch nicht klar. «Vielleicht gibt es dort gar keine Faschisten», sagt so manche Frau, die allen repressiven Gesetzen zum Trotz auf die Strasse geht, um ihren mobilisierten Mann von der Front nach Hause zu holen. Es sind Menschen, die anfangen, die perfekt gemachten Propaganda-Märchen des Staates, die dieser seinem Volk täglich auftischt, plötzlich infrage zu stellen.
In den sozialen Netzwerken posten manche nach Beglows und Putins Skurrilitäten von «genderneutralen Toiletten» zigfach Bilder von windschiefen Plumpsklos, von Gruben an Feldrändern, von Schultoiletten, in denen – wie so oft in russischen Schultoiletten – extra die Türen herausgenommen sind. Einer schreibt:
Since Russian officials are currently on the topic of toilets here is a Russian bathroom that was posted on the TG channel “Хмурое утро” with the following pretty hysterical comment:
— Natalka (@NatalkaKyiv) January 17, 2024
“Sorry for continuing the toilet topic, but I didn’t start it. However, this photograph may… pic.twitter.com/0g870ZbSbm
Eine andere klagt über fehlendes Toilettenpapier, Seife und selbst Spülung in der Schultoilette ihrer Kinder. In manchen russischen Schulen, so berichten unabhängige Online-Portale, dürften die Schüler nur mit einem «Ticket» aufs Klo, das die Lehrerin je nach Benehmen des Kindes austeile.
«Alles klar, nun wissen wir Bescheid. Aber wäre es nicht besser, ‹unsere Jungs› zum Bau funktionierender Toiletten hier abzustellen, anstatt sie zum Zerstören irgendwelcher Klos in der Ukraine einzusetzen?», schreibt ein Boris. Und ein Igor: «Schnell ein Klo her, egal, welches. Ich muss kotzen.»
Die haben sowas noch garnie gesehen.
Kann nicht mehr vor lachen..
btw, die Aussage könnte auch von Trump stammen, die Rhetorik passt. "terrifying mixed toilets. nobody wants to live like this"
Ich würde ja lachen, wenn es nicht so traurig wäre.
Kann mal jemand eine Werbeunterbrechung dazwischen schieben, damit ich endlich aufwache und realisiere, dass ich mich in einer real Satire befinde. Danke!
Zum Glück kann dem mit den üblichen Männlichkeits-Amuletten entgegengewirkt werden: Schwere Motorräder, leistungsstarke Autos, Schusswaffen, Zigarren, martialische Tattoos, breitspuriges Auftreten usw.