Der Verlust von Awdijiwka, die Munitionskrise, die bröckelnde Unterstützung in den USA und das drohende Comeback von Donald Trump: Massiert war die Ukraine in den vergangenen Wochen mit schlechten Nachrichten konfrontiert. Wenige Tage vor den Wahlen in Russland scheint sich das Blatt erneut zu drehen. In einem Interview vermeldete Präsident Wolodimir Selenski am Montagabend, die russische Offensive sei gestoppt worden.
«Die Lage ist viel besser als in den vergangenen drei Monaten», betonte Selenski gegenüber dem französischen Sender BFMTV. In seiner allabendlichen Videoansprache an die Bevölkerung führte er weiter aus, dass die eigenen Truppen die Front erfolgreich stabilisieren und ihre Befestigungsanlagen ausbauen würden.
Angesichts der horrenden russischen Verluste beim Ansturm auf Awdijiwka und der inzwischen verkürzten ukrainischen Abwehrlinien käme ein vorübergehender Stillstand auf russischer Seite zumindest nicht unerwartet. Laut verschiedenen Quellen haben die Ukrainer zur Vermeidung eines grösseren russischen Durchbruchs sogar ihr militärisches «Tafelsilber» eingesetzt, die wenigen verfügbaren US-Panzer vom Typ M1 Abrams sowie zusätzliche Eliteeinheiten.
Weitere Meldungen über ukrainische Erfolge am Dienstag verstärken den Eindruck, wie Kiew dieser Tage alles daran setzt, Kreml-Herrscher Wladimir Putin vor dessen Wiederwahl die Propagandaschau zu stehlen.
So haben laut eigenen Angaben drei aus Putin-Gegnern zusammengesetzte Freiwilligenverbände die russische Grenze überschritten und Ziele im Raum Belgorod und Kursk angegriffen.
1/Was passiert gerade in RU? (wird aktualisiert)
— Ukrainki_UA (@Ukrainki_UA) March 12, 2024
Heute Morgen sollen russ. Freiwillige der Legion Freiheit RUs, des Russ. Freiwilligenkorps u. des Sibirischen Bataillons, die an der Seite der UA kämpfen, nach russland eingedrungen sein.
Einwohner:innen haben Panzer gesichtet. pic.twitter.com/zO065QwHN8
Der russische Gouverneur der Region Kursk Roman Starowoit bestätigte in einer Videobotschaft auf Telegram, feindliche Kämpfer hätten versucht, in die Grenzstadt Tetkino einzudringen:
Bei den angreifenden exilrussischen Einheiten handelt es sich um die «Kampfgruppe Legion Freiheit Russlands», das «Russische Freiwilligenkorps» und das «Sibirische Bataillon», die sich den Sturz des Putin-Regimes auf die Fahne geschrieben haben.
Zuletzt sorgten diese im Mai 2023 mit einem begrenzten Vorstoss auf Belgorod für Schlagzeilen -aber auch damit, dass sie in rechtsextremen Kreisen um Nachwuchs werben.
Good morning from the Russian-Ukrainian border.
— "Liberty of Russia" Legion (@legion_svoboda) March 12, 2024
Like all our fellow citizens, in the Legion we dream of a Russia freed from Putin's dictatorship. But we don't just dream: we work hard to realise those dreams.We will take back our land centimetre by centimetre from the regime.… pic.twitter.com/Qj8SjBaxrU
In den sozialen Netzwerken kündigte ein Sprecher der «Legion Freiheit Russlands» an, auf ihre Weise «ebenfalls an den Wahlen in Russland teilzunehmen». Dazu kursierten am Dienstagmorgen verschiedene Videos über Feuergefechte und sogar einen Vorstoss mit exilrussischen Panzern.
Beinahe zur gleichen Zeit machten in Russland Bilder von einer brennenden Ölraffinerie in Nischni Nowgorod östlich von Moskau die Runde. Schon seit Wochen greift die Ukraine mit Fernlenkdrohnen bis zu 800 Kilometer entfernte Ziele der russischen Ölproduktion an, um die Haupteinnahmequelle des Putin-Regimes zu treffen.
Da in Russland das Arsenal an Raketen und Marschflugkörper zurzeit neu aufgefüllt werden muss, werden aktuell Angriffe auf ukrainische Städte hauptsächlich mit iranischen Schahed-Drohnen ausgeführt. Die Ukraine versucht in der Luft dagegen zu halten und mit ihren weiterentwickelten Langstrecken-Drohnen Moskau die strategische Initiative streitig zu machen. Neben Nischni Nowgorod brannte am Dienstag auch in Orjol eine Öl-Industrie-Anlage.
Lukoil describes it as an 'operational upset' at the 17-million tonne/year Kstovo refinery in Nizhny Novgorod. This facility handles 5% of Russia's oil volume and sits 800 km away from Ukraine 👀 pic.twitter.com/b1xaXqH0Pw
— Maria Avdeeva (@maria_avdv) March 12, 2024
Wie weitreichend die ukrainischen Gegenschläge zu Wochenbeginn tatsächlich sind, wird sich in den kommenden Tagen weisen. Nachdem die russische Armee unter Aufbietung aller Kräfte einen entscheidenden Sieg vor Putins Wiederwahl und dem Einsetzen der zweiten Schlammperiode gesucht hat, setzt zumindest im Informationskrieg die Ukraine gerade schmerzhafte Nadelstiche. (bzbasel.ch)
Und nach Russland gegenüber schon immer wachsamen und misstrauischen Osteuropäern wachen nun auch immer mehr Westeuropäer auf und scheinen begriffen zu haben, dass der Überlebenskampf der Ukraine auch in unserem Interesse geführt wird!
Ich bin kein Fan von Macron, aber in letzter Zeit zeigt er Führungsstärke und Entschlossenheit, was man von seinem deutschen Amtskollegen nicht behaupten kann.
Und laut Chodorkovski, der es wissen muss, ist das die einzige Sprache, die Putin versteht.
Wer mit einem Mafiaboss zu tun haben will, darf kein "Weichei" sein...
Die russische Welt schrumpft, und das nicht nur wegen der stark abnehmenden Bevölkerung.
Ausserdem greifen ukrainische Drohnen Ziele tief in Russland an. Auf ihrem langen Weg werden so offenbar nur unzureichend aufgehalten. Und es werden noch mehr Drohnen kommen. Viel mehr.