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Russland

Ukraine vermeldet Abwehrerfolge – und übt Gegenschläge in Russland

Sensationelle Wende an der Front? Gegenschläge auf Russland am Boden und aus der Luft

Nach der Eroberung von Awdijiwka versuchte die russische Armee, in mehreren Stossrichtungen die ukrainische Front zu durchbrechen. Jetzt vermeldet die Ukraine einen Abwehrerfolg und geht ihrerseits zum Angriff über.
13.03.2024, 04:56
Bojan Stula / ch media
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Der Verlust von Awdijiwka, die Munitionskrise, die bröckelnde Unterstützung in den USA und das drohende Comeback von Donald Trump: Massiert war die Ukraine in den vergangenen Wochen mit schlechten Nachrichten konfrontiert. Wenige Tage vor den Wahlen in Russland scheint sich das Blatt erneut zu drehen. In einem Interview vermeldete Präsident Wolodimir Selenski am Montagabend, die russische Offensive sei gestoppt worden.

«Die Lage ist viel besser als in den vergangenen drei Monaten», betonte Selenski gegenüber dem französischen Sender BFMTV. In seiner allabendlichen Videoansprache an die Bevölkerung führte er weiter aus, dass die eigenen Truppen die Front erfolgreich stabilisieren und ihre Befestigungsanlagen ausbauen würden.

US-Panzer stoppen Vormarsch

Angesichts der horrenden russischen Verluste beim Ansturm auf Awdijiwka und der inzwischen verkürzten ukrainischen Abwehrlinien käme ein vorübergehender Stillstand auf russischer Seite zumindest nicht unerwartet. Laut verschiedenen Quellen haben die Ukrainer zur Vermeidung eines grösseren russischen Durchbruchs sogar ihr militärisches «Tafelsilber» eingesetzt, die wenigen verfügbaren US-Panzer vom Typ M1 Abrams sowie zusätzliche Eliteeinheiten.

Ein M1A1 Abrams Kampfpanzer, bedient von ukrainischen Truppen in der Ukraine, wohl Winter 2024 (unsicher).
Ein ukrainischer M1A1 Abrams.Bild: X/Telegram

Weitere Meldungen über ukrainische Erfolge am Dienstag verstärken den Eindruck, wie Kiew dieser Tage alles daran setzt, Kreml-Herrscher Wladimir Putin vor dessen Wiederwahl die Propagandaschau zu stehlen.

Angriffe auf russischem Boden

So haben laut eigenen Angaben drei aus Putin-Gegnern zusammengesetzte Freiwilligenverbände die russische Grenze überschritten und Ziele im Raum Belgorod und Kursk angegriffen.

Der russische Gouverneur der Region Kursk Roman Starowoit bestätigte in einer Videobotschaft auf Telegram, feindliche Kämpfer hätten versucht, in die Grenzstadt Tetkino einzudringen:

«Es gab einen Durchbruchsversuch durch eine Sabotage- und Aufklärungsgruppe. Es gab ein Feuergefecht, aber es gab keinen Durchbruch.»

Bei den angreifenden exilrussischen Einheiten handelt es sich um die «Kampfgruppe Legion Freiheit Russlands», das «Russische Freiwilligenkorps» und das «Sibirische Bataillon», die sich den Sturz des Putin-Regimes auf die Fahne geschrieben haben.

Zuletzt sorgten diese im Mai 2023 mit einem begrenzten Vorstoss auf Belgorod für Schlagzeilen -aber auch damit, dass sie in rechtsextremen Kreisen um Nachwuchs werben.

In den sozialen Netzwerken kündigte ein Sprecher der «Legion Freiheit Russlands» an, auf ihre Weise «ebenfalls an den Wahlen in Russland teilzunehmen». Dazu kursierten am Dienstagmorgen verschiedene Videos über Feuergefechte und sogar einen Vorstoss mit exilrussischen Panzern.

Angriffe auf Russlands Hauptschlagader

Beinahe zur gleichen Zeit machten in Russland Bilder von einer brennenden Ölraffinerie in Nischni Nowgorod östlich von Moskau die Runde. Schon seit Wochen greift die Ukraine mit Fernlenkdrohnen bis zu 800 Kilometer entfernte Ziele der russischen Ölproduktion an, um die Haupteinnahmequelle des Putin-Regimes zu treffen.

Da in Russland das Arsenal an Raketen und Marschflugkörper zurzeit neu aufgefüllt werden muss, werden aktuell Angriffe auf ukrainische Städte hauptsächlich mit iranischen Schahed-Drohnen ausgeführt. Die Ukraine versucht in der Luft dagegen zu halten und mit ihren weiterentwickelten Langstrecken-Drohnen Moskau die strategische Initiative streitig zu machen. Neben Nischni Nowgorod brannte am Dienstag auch in Orjol eine Öl-Industrie-Anlage.

Wie weitreichend die ukrainischen Gegenschläge zu Wochenbeginn tatsächlich sind, wird sich in den kommenden Tagen weisen. Nachdem die russische Armee unter Aufbietung aller Kräfte einen entscheidenden Sieg vor Putins Wiederwahl und dem Einsetzen der zweiten Schlammperiode gesucht hat, setzt zumindest im Informationskrieg die Ukraine gerade schmerzhafte Nadelstiche. (bzbasel.ch)

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192 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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rodolofo
13.03.2024 06:11registriert Februar 2016
Erfreulich!
Und nach Russland gegenüber schon immer wachsamen und misstrauischen Osteuropäern wachen nun auch immer mehr Westeuropäer auf und scheinen begriffen zu haben, dass der Überlebenskampf der Ukraine auch in unserem Interesse geführt wird!
Ich bin kein Fan von Macron, aber in letzter Zeit zeigt er Führungsstärke und Entschlossenheit, was man von seinem deutschen Amtskollegen nicht behaupten kann.
Und laut Chodorkovski, der es wissen muss, ist das die einzige Sprache, die Putin versteht.
Wer mit einem Mafiaboss zu tun haben will, darf kein "Weichei" sein...
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Gion Gieri
13.03.2024 07:04registriert März 2022
Die Überwindung der Putin-Dikatur mit ihrer menschenverachtenden Kriegs- und Grossmachtsideologie und die Rückkehr zu einer demokratischen Ordnung, ist letztlich auch für Russland das Beste. Und wenn das für Putin und seine Spiessgesellen sowie für seine westlichen Fans und Demoktraiefeinde untoll ist, dann ist das auch gut.
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Matte Lonkel
13.03.2024 07:38registriert Februar 2024
Die Legion "Freies Russland" kommt zurück und erobert ein russisches Dorf. Wo ist die grosse russische Streitmacht mit ihren unerschöpflichen Ressourcen?
Die russische Welt schrumpft, und das nicht nur wegen der stark abnehmenden Bevölkerung.
Ausserdem greifen ukrainische Drohnen Ziele tief in Russland an. Auf ihrem langen Weg werden so offenbar nur unzureichend aufgehalten. Und es werden noch mehr Drohnen kommen. Viel mehr.
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