Seit bald einem Jahr tobt nun bereits der Krieg in der Ukraine. Bilder von den Fronten erreichen uns täglich. Sie kommen meist von den beteiligten Soldaten selber. Auf beiden Seiten posten die Kämpfer ihre Videos und Schnappschüsse vom Frontgeschehen via Twitter oder Telegram.
Manchmal kommt man jedoch auch an Material, das von höheren Stufen veröffentlicht wird. So publiziert der ukrainische Nachrichtendienst gelegentlich Mitschnitte aus abgehörten Telefonaten russischer Soldaten. Sie geben interessante Einblicke, wie es in den russischen Lagern an der Front, aber auch zu Hause aussieht.
Die Authentizität der Telefonate lässt sich nicht unabhängig verifizieren. Wer da telefoniert und von wo aus, bleibt unter den Gesprächsteilnehmern – und dem Nachrichtendienst. Nichtsdestotrotz: Hier sind drei Beispiele solcher Mitschnitte.
Aufgrund der besseren Verständlichkeit haben wir die grosszügig verwendeten Fluchwörter auf das Minimum beschränkt.
In einem Telefonat beschwert sich ein Soldat über die Zustände an der Front. Die Probleme, von denen er berichtet, sind nichts Neues: kein Essen, kein Personal mehr und keiner, den es interessiert.
Als der Mann mit seiner Einheit in der Ukraine ankam, seien sie noch 240 Mann gewesen. Jetzt seien es nur noch 94, sagt er. Jeden Tag werden sie zwei oder drei weniger: Manche laufen davon, andere werden verletzt, wieder andere sterben.
Im Gespräch erwähnt der Soldat auch einen Streit mit seiner Mutter, den er während eines anderen Telefonats hatte. Dabei habe er ihr erzählt, wie man ihn am besten «da rausholen könnte». Seine Mutter habe ihm darauf trocken geantwortet:
5. Russian soldier goes on a long rant complaining about his conditions, calling the war a "fucking hell" and a "survival quest" as he has to eat raw potatoes. His family is not responsive to complaints with his mother telling him to keep serving if that's what he wanted. pic.twitter.com/e7kWH24CDm
— Dmitri (@wartranslated) January 22, 2023
Scheinbar hat die russische Armee nicht nur an der Front mit Problemen zu kämpfen, sondern auch im Hinterland. So berichtet ein Anrufer, der aus Mordwinien kommt, von seiner Front-Ablösung, die zwar noch in Russland steckt, aber bereits 30 Verletzte zu beklagen hat – wegen Sauferei und Erfrierungen.
A thread with the intercepted calls for this week.
— Dmitri (@wartranslated) January 22, 2023
1. Mordovian man says the newly formed mobilised unit in Ulyanovsk has thirty wounded before even reaching Ukraine due to drunken fights, overdoses, and frostbites. pic.twitter.com/TTGoANBiaI
In einem anderen Telefonat erklärt eine Frau einem Mann, wie die Lage in der Heimat ist. Dabei erzählt sie, dass immer mehr Menschen aus ihrem Umfeld eingezogen würden, auch wenn sie nicht den medizinischen Zustand dazu hätten.
Katja habe ihr von einem Bekannten erzählt, der operiert worden sei. Zehn Tage nach dem Eingriff habe man ihn abgeholt. Xenias Bogdan habe man auch abgeholt. Diese habe gesagt: «Aber du kannst doch mit deiner Krankheit nicht in den Krieg!» Aber wenn er noch lebe, müsse er gehen.
Offiziell gibt es keine zweite Mobilisierungswelle für die sogenannte «Sonderoperation». Die Berichte über weitreichende Einziehungen häufen sich jedoch.
2. Russian woman tells a soldier about the new wave of mobilisation, saying all those with military experience or on contracts are called up, even those who had recent surgeries, to boost up personnel numbers. pic.twitter.com/Jasbmzo2ma
— Dmitri (@wartranslated) January 22, 2023
an diesem Satz kann man sehen wie verblendet viele von den Jungs da sind ...
Krieg IST die Hölle ... deswegen sollten wir alles tun dass es nicht mehr soweit kommen kann!