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Lukaschenko: «Habe Putin gesagt, man kann ihn abmurksen»

This handout photo taken from video released Tuesday, June 27, 2023 by Belarus' Presidential Press Office, shows Belarusian President Alexander Lukashenko delivering his speech during a ceremony  ...
Gilt als lachender im russischen Chaos: Belarus' Diktator Alexander Lukaschenko.Bild: keystone

«Habe Putin gesagt, man kann ihn abmurksen»

Sein Aufstand gegen Russlands Führung schlug fehl. Nun soll Jewgeni Prigoschin in Belarus angekommen sein. Die Frage ist, was den Söldner-Chef dort erwartet.
28.06.2023, 04:2428.06.2023, 04:24
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Ein Artikel von
t-online

Nach seinem gescheiterten Aufstand vom Wochenende soll Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in Belarus angekommen sein. Das berichteten belarussische Medien am Dienstag. «Ich kann sehen, dass Prigoschin schon im Flugzeug ist», sagte auch der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko laut Staatsmedien bei einem Treffen mit Offizieren. «Ja, tatsächlich, heute ist er in Belarus», fügte er hinzu.

Blogger hatten den Flug Prigoschins ebenfalls über eine Tracking-App verfolgt und seine Ankunft in dem Land in sozialen Medien mitgeteilt. Demnach landete der 62-Jährige auf einem Flughafen in der Nähe von Minsk, nachdem sein Privatjet das Staatsgebiet der Ukraine grossräumig umflogen hatte. Im Netz wurde daraufhin darüber gewitzelt, dass Prigoschin wohl grosse Angst vor der ukrainischen Luftabwehr habe.

Vielleicht ist die ukrainische Luftverteidigung aber nicht das einzige, vor dem der Wagner-Boss sich fürchten muss. Die offene Machtprobe, die Prigoschin sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit mit dem Kreml lieferte, könnte für ihn lebensgefährlich werden. «Prigoschin dachte sicher, dass Putin sich auf seine Seite schlagen und mit der Armeeführung brechen würde – eine Fehleinschätzung», sagt der Politikwissenschaftler Herfried Münkler dem «Spiegel».

Russlands Machthaber Wladimir Putin habe aber lieber am institutionellen Staatsapparat festgehalten als sich mit einem «Hasardeur» wie Prigoschin einzulassen. Das könnte ihm noch zum Verhängnis werden, glaubt Münkler.

«Ich gehe davon aus, dass die Russen Prigoschin über kurz oder lang liquidieren werden».

Falls es so kommen sollte, würde Lukaschenko dem russischen Geheimdienst wohl nicht im Weg stehen, so Münkler weiter.

Ähnlich sieht es der Militärexperte Ian Bremmer im US-amerikanischen TV-Sender CNBC. «Ab diesem Moment ist er ein wandelnder Toter», sagte der Geopolitik-Experte mit Blick auf Prigoschins Gang ins belarussische Exil.

Dass diese Einschätzungen zutreffend sein könnte, deutete der belarussische Diktator selbst am Dienstag bereits an.

«Ich habe Putin gesagt, man kann ihn [Prigoschin] abmurksen, das ist kein Problem.»

Das sagte der 69-jährige Machthaber in einem Video, das der präsidentschaftsnahe Telegram-Kanal Pool Perwogo veröffentlichte.

«Aber ich habe gesagt: Tu es nicht.»

Lukaschenko hatte sich nach dem Abbruch der Revolte Prigoschins bereit erklärt, den Söldner-Chef und dessen Männer in Belarus Exil zu gewähren.

Lukaschenko gilt als lachender Dritter in der Auseinandersetzung zwischen Putin und seinem ehemaligen Vertrauten Prigoschin. Der belarussische Alleinherrscher schaffte das, was der Mann im Kreml nicht schaffte: die Beendigung der Revolte ohne grösseres Blutvergiessen. Damit hat sich Lukaschenko nach Meinung von Experten nicht nur gegenüber Putin in Position gebracht, sondern auch seine internationale Reputation verbessern können.

Sollten die Wagner-Söldner nun tatsächlich nach Belarus gehen und sich dort den regulären Streitkräften anschliessen, wäre das ein weiterer Vorteil, den Lukaschenko aus dem innerrussischen Konflikt zieht. Sein Land könne von der Kampferfahrung der Wagner-Söldner profitieren, sagte er gegenüber Staatsmedien. Die Erfahrungen der Kommandeure seien «unbezahlbar».

Putin haben die Wagner-Kämpfer, die Mitte Mai nach monatelangen, verlustreichen Gefechten die ukrainische Stadt Bachmut einnehmen konnten, laut Kreml-Sprecher Peskow eine ganze Menge gekostet. So habe Moskau im vergangenen Jahr etwas mehr als eine Milliarde Dollar (910 Millionen Euro) an die Gruppe Wagner gezahlt. Das Geld sei zwischen Mai 2022 und Mai 2023 für Solde und Prämien der Wagner-Kämpfer ausgegeben worden, hiess es in der Erklärung weiter. Die «schwere» Militärausrüstung der Söldnertruppe Wagner wird nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums nun der russischen Armee übergeben.

Am Rande einer Schweigeminute für die bei dem Wagner-Aufstand getöteten russischen Soldaten, dankte Putin den Sicherheitskräften dafür, dass sie einen Bürgerkrieg verhindert hätten. Allein die Tatsache, dass Putin es so weit kommen liess und Russland an den Rand einer innerstaatlichen Auseinandersetzung brachte, gilt Experten zufolge als Zeichen für seine Schwächung innerhalb des russischen Machtapparats.

Sogar Lukaschenko konnte sich eine Spitze auf Putin nicht verkneifen. Er kritisierte das politische Management im Zusammenhang mit den Spannungen zwischen der Söldnertruppe und der russischen Armee. «Die Situation ist uns entglitten und wir dachten dann, sie würde sich von alleine lösen, aber das hat sie nicht», sagte Lukaschenko nach Angaben der staatlichen belarussischen Nachrichtenagentur Belta. Er räumte auch ein, dass während des Aufstands der Wagner-Söldner am Wochenende in Russland die belarussische Armee «in Gefechtsbereitschaft» versetzt worden sei.

Für Putin müssen diese Aussagen wie eine Demütigung wirken. Ausgerechnet Lukaschenko, der sich seit den mutmasslich manipulierten Wahlen 2020 nur mithilfe Russlands an der Macht halten konnte, straft den Kreml-Despoten für seine schlechte Führung ab und hilft ihm nun aus der Patsche. Das wäre vor dem vergangenen Wochenende noch unvorstellbar gewesen.

Verwendete Quellen:

  • politico.eu: "Putin condemns Wagner rebellion but says Prigozhin’s men are free to go" (englisch)
  • euronews.com: "Wagner leader Prigozhin breaks his silence, issuing first audio statement since mutiny" (englisch)
  • spiegel.de: "Ich gehe davon aus, dass die Russen Prigoschin liquidieren werden" (kostenpflichtig)
  • cnbc.com: "Russian mercenary chief Prigozhin is a ‘dead man walking,’ Eurasia Group’s Ian Bremmer says" (englisch)
  • Mit Material der Nachrichtenagentur AFP

(t-online, cc)

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Jack Bones (1)
28.06.2023 05:38registriert Juli 2022
Der Luki spielt sich ganz schön auf, ob das Putin gefällt?
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FrancoL
28.06.2023 07:30registriert November 2015
Man kann uns sollte eigentliche da alle "abmurksen" von Putin zu Progoschin zu Lukaschenko.
Was nachkommt mag nicht viel besser sein, aber die drei haben nun schon sehr viel Negatives bewirkt. Die Bevölkerung dieser beiden Staaten muss endlich erwachen.
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Mentos
28.06.2023 07:31registriert Mai 2020
Die Armee von Belarus soll nicht sonderlich gut ausgerüstet und ausgebildet sein - ausser den Atombomben welche er von Putin bekommen hat. Könnte gut sein, dass Lukaschenko die Situation ausnutzt und Prigoschin für ihn (Lukaschenko) eine Privatarmee aufstellen lässt.
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