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Einreisestopp für russische Touristen spaltet die Europäer

A woman sit on the sand as other people enjoy the sea at "Nissi Beach" in the famous southeastern coastal resort of Ayia Napa, Cyprus, Saturday, June 14, 2014. Some 2. 4 million tourists vis ...
Nach Zypern (im Bild der Ferienort Agia Napa) kommen viele russische Touristen. Deshalb lehnt die Mittelmeerinsel einen Einreisestopp in die EU ab.Bild: AP

Einreisestopp für russische Touristen spaltet die Europäer

Mehrere EU-Länder verschärfen die Vergabe von Schengen-Visa an russische Staatsbürger. Deutschland und andere lehnen dies ab. Einen europaweiten Einreisestopp wird es kaum geben.
23.08.2022, 04:5523.08.2022, 11:31
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Nach der Invasion Russlands in der Ukraine vor sechs Monaten verhängte die Europäische Union (EU) ein Einreiseverbot für Russen, die dem Kreml nahestehen. Nun könnte es auf sämtliche russischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ausgeweitet werden, allenfalls mit Ausnahmen. So lauten die Forderungen einiger «Hardliner» in der EU.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete letzte Woche in einem Interview mit der «Washington Post» die Schliessung der Grenzen als «wichtigste Sanktion» neben einem Energie-Embargo. Beides werde nicht vollständig umgesetzt, klagte er. Tatsächlich gibt es Widerstand gegen einen totalen Einreisestopp.

Worum geht es?

Schengen-Visum
Das Schengen-Visum ermöglicht einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen in den beteiligten Ländern.Bild: Shutterstock

In den 26 Ländern des Schengen-Raums, zu dem auch die Schweiz als assoziiertes Mitglied gehört (sie darf mitreden, aber nicht mitbestimmen), wurden letztes Jahr rund drei Millionen Kurzzeitvisa ausgestellt. Ein solches Schengen-Visum erlaubt einen Aufenthalt bis zu 90 Tagen innerhalb von sechs Monaten. Es wird vor allem von Touristen genutzt.

Die grösste Gruppe bildeten die Russinnen und Russen mit mehr als 500’000 Anträgen. Nicht wenige reisten auch in diesem Sommer nach Europa, obwohl die direkten Flug- und Zugverbindungen nach Kriegsbeginn eingestellt wurden und sie Umwege über Belgrad oder Istanbul in Kauf nehmen mussten. Damit soll nach dem Willen einiger Länder Schluss sein.

Wer ist dafür?

Es sind die «üblichen Verdächtigen», also die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie Polen und Finnland. Sie haben traumatische Erfahrungen mit Russland und der Sowjetunion gemacht und gehören zu den eifrigsten Unterstützern der Ukraine. Dazu gehört die Übernahme von Selenskyjs Forderung nach geschlossenen Grenzen.

«Der Besuch Europas ist ein Privileg, kein Menschenrecht», schrieb die estnische Regierungschefin Kaja Kallas auf Twitter. Ihr Land lässt seit Donnerstag so gut wie keine Russen mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengen-Visum einreisen. Vorerst nicht betroffen sind jene mit einem Visum eines anderen Schengen-Lands.

Lettland nimmt praktisch keine Visa-Anträge von russischen Staatsbürgern mehr entgegen. Ausnahmen gibt es nur für die Beerdigung eines nahen Verwandten (rund 25 Prozent der lettischen Bevölkerung sind russischer Herkunft). Die polnische Regierung will in den nächsten Wochen über ähnliche Einschränkungen wie in Estland und Lettland entscheiden.

Nach Finnland reisen besonders viele russische Touristen. Täglich werden rund 1000 Visumsanträge bearbeitet. Diese Zahl soll ab September auf rund ein Zehntel reduziert werden, erklärte Aussenminister Pekka Haavisto letzte Woche. Sympathien für einen Stopp oder eine Einschränkung der Visa-Vergabe an Russen gibt es auch in Tschechien und in Dänemark.

Wer ist dagegen?

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Bundeskanzler Olaf Scholz sprach sich an seiner Sommerpressekonferenz gegen einen Einreisestopp aus.Bild: keystone

Deutschland als grösstes EU- und Schengen-Land lehnt die Schliessung der Grenzen ab. Er tue sich «mit diesem Gedanken sehr schwer», sagte Bundeskanzler Olaf Scholz an seiner Sommerpressekonferenz. Es sei Putins Krieg, und nicht der des russischen Volkes. Politiker von CDU und CSU hingegen unterstützten eine Touristenvisa-Sperre für Russen.

Frankreich und die Niederlande sind ebenfalls skeptisch. Gleiches gilt für Staaten im Süden Europas, die zu den beliebtesten Ferienzielen von Russinnen und Russen gehören. Portugal und Griechenland sind gegen einen Einreisestopp, ebenso Zypern, das nicht zum Schengen-Raum gehört, aber besonders viele russische Touristen beherbergt.

Wie ist die rechtliche Lage?

Die Vergabe von Langzeitvisa fällt in die Kompetenz der Mitgliedsstaaten, sie haben einen entsprechend grossen Spielraum. Kurzzeit- oder Touristenvisa aber werden durch die EU geregelt. Die Kommission in Brüssel strebt ein «koordiniertes Vorgehen» an. Sie lässt aber durchblicken, dass sie ein allgemeines Verbot für Russinnen und Russen kritisch beurteilt.

«Es gibt bisher kein rechtliches Instrument, um Bürger eines Staates komplett aus dem Schengen-Raum rauszuhalten», erklärte der Politologe Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin gegenüber t-online. Die Nationalstaaten hätten durchaus einen Ermessensspielraum, aber es handle sich um eine «rechtliche Grauzone».

Was ist zu erwarten?

Da jeder Antrag einzeln geprüft werden muss, ist ein generelles Visaverbot für russische Staatsbürger kaum durchsetzbar. Die EU-Aussenminister werden voraussichtlich bei einem Treffen in Prag am 31. August über die Forderung der «Hardliner» diskutieren. Weil Einstimmigkeit erforderlich ist, dürfte ein totaler Einreisestopp chancenlos sein.

Was sagt die Schweiz?
Die Schweiz wendet die Regeln von Schengen/Dublin an. «Dazu gehören auch die gemeinsamen Visabestimmungen für Aufenthalte von bis zu 90 Tagen», schreibt das Staatssekretariat für Migration auf Anfrage von watson. Sollten Anpassungen der Bestimmungen über Kurzzeitvisa für russische Staatsbürger vorgeschlagen werden, würden diese «zu gegebener Zeit geprüft». Die Schweiz sei aber bislang von der EU nicht dazu kontaktiert worden. Mit anderen Worten: Die Schweiz wartet die weitere Diskussion ab.
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128 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Grobianismus
23.08.2022 05:07registriert Februar 2022
Man möchte keine Einreisestopps, da es die russische Zivilbevölkerung trifft... Treffen nicht alle Sanktionen die Zivilbevölkerung?
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In per tuts, tuts per in
23.08.2022 06:27registriert Juli 2020
Das Grossreichdenken haben leider viele Russen. Es unterstützen deshalb viel mehr Putins Imperialgedanken und somit den Krieg (sonst würden auch viel mehr Soldaten desertieren), als wir uns selber einreden. Und ulkigerweise bestätigen wir gegenüber Putin und Co. mit diesem Grenzenoffenhalten, dass wir Demokratien schwach und verweichlicht sind.
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Nony
23.08.2022 06:33registriert Februar 2019
Wenn es nur der Krieg von Putin und einer handvoll seiner Schergen wäre, wäre das ganze Theater schon vorbei gewesen, bevor es überhaupt angefangen hätte. Solange aber noch breite Teile der russischen Bevölkerung diesen Krieg nicht nur tolerieren oder richtig finden, sondern auch noch unterstützen, halte ich eine komplette Isolation von russischen Bürgern für richtig und vertretbar.
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