International
Russland

Wie die «Pussy Riot»-Aktivistin Aljochina vor Putin fliehen konnte

epa09020899 A handout photo made available by the Press Service of the Moscow City Court shows Pussy Riot member Maria Alyokhina (C) during a hearing in Moscow City Court in Moscow, Russia, 18 Februar ...
Da war sie noch in den Fängen des russischen Justizapparats: Nun ist Maria Aljochina (33) eine spektakuläre Flucht aus Moskau gelungen. archivBild: keystone

Fake-Uniform: Wie die «Pussy Riot»-Anführerin aus Russland fliehen konnte

Mit provokanten Aktionen gegen Russlands Diktator Putin erregte die Gruppe «Pussy Riot» Aufmerksamkeit. Nun ist eines ihrer Mitglieder aus Moskau in die EU geflüchtet – unter spektakulären Bedingungen.
11.05.2022, 08:2811.05.2022, 09:51
Mehr «International»
Ein Artikel von
t-online

Seit mehr als 10 Jahren kämpft die russische Aktivistin Maria Aljochina für Menschenrechte in ihrem Heimatland und ist dabei immer wieder mit der Justiz in Konflikt geraten. Nun hat das Mitglied der Punkband «Pussy Riot» nach Angaben ihres Anwalts trotz polizeilicher Überwachung Russland verlassen. Aljochina befinde sich nicht mehr auf russischem Staatsgebiet, hiess es Dienstagabend nach Angaben der Agentur Interfax.

Die «New York Times» berichtete von einer spektakulären Fluchtaktion: Getarnt als Kurierin eines Lieferdienstes soll Aljochina Moskau verlassen haben.

«Ich verstehe immer noch nicht ganz, was ich getan habe.»
Maria Aljochinaquelle: «new york times»

Mit der Verkleidung, einer grünen Uniform, habe sie die Polizei, die das Apartment überwachte, täuschen können. Ihr Mobiltelefon habe sie zurückgelassen, damit die Behörden sie nicht aufspüren konnten.

Aljochina (links) und ihre Freundin fotografierten sich in Moskau mit ihren Essenskurier-Verkleidungen.
Aljochina (links) und ihre Freundin fotografierten sich in Moskau mit ihren Essenskurier-Verkleidungen.screenshot: «new york times»

Dem NYT-Bericht zufolge hält sich Aljochina inzwischen in Vilnius auf. Sie sei von einem Freund an die Grenze zu Belarus gefahren worden und habe dann nach etwa einer Woche Litauen erreicht. Ein gültiges Reisedokument sei für sie ins Land geschmuggelt worden.

Der Ausgang ihres Fluchtplans sei laut Aljochina «unvorhersehbar» gewesen und ein «grosses» Signal an die russischen Behörden. «Ich bin froh, dass ich es geschafft habe», wird sie in der «New York Times» zitiert. «Ich verstehe immer noch nicht ganz, was ich getan habe», so Aljochina.

Zu zwei Jahren Straflager verurteilt

Aljochina erregte zum ersten Mal weltweite Aufmerksamkeit, als ihre Punkband «Pussy Riot» im Jahr 2012 in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau gegen Präsident Wladimir Putin demonstrierte. Mit ihrer Bandkollegin Nadeschda Tolokonnikowa wurde sie daraufhin zu zwei Jahren Straflager verurteilt. 

Seitdem geriet die 33-Jährige immer wieder mit der russischen Justiz in Konflikt. Im Zusammenhang mit Aufrufen zu Demonstrationen für den inhaftierten Kremlgegner Alexej Nawalny wurde sie im September des Vorjahres zu einem Jahr Freiheitsbeschränkung verurteilt. So durfte sie ihre Wohnung nachts nicht verlassen. Seit Jahresbeginn wurde sie mehrmals von den Sicherheitsbehörden unter diversen Vorwürfen aufgegriffen.

epa04098646 Riot police detain Pussy Riot feminist punk group members Maria Aliokhina (L), Nadezhda Tolokonnikova (C) and her husband Piotr Verzilov (R) during a protest action in front of Zamosvorets ...
Eine frühere Polizeiaktion gegen die Pussy-Riot-Aktivistinnen.archivBild: EPA

Aljochina und ihre Gruppenmitglieder setzen sich in Russland für Menschenrechte und Meinungsfreiheit ein. Nachdem sie im Dezember 2013 vorzeitig aus der Haft entlassen worden war, gründete Aljochina zusammen mit einem anderen Mitglied von «Pussy Riot» ein unabhängiges Nachrichtenmedium, in dem über die Themen Kriminalität und Bestrafung in Russland berichtet wird.

Aljochina sei laut «New York Times» entschlossen gewesen, trotz Überwachung und Druck der Behörden in Russland zu bleiben. Nun gehöre aber auch sie zu den Zehntausenden Russen, die seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine  aus ihrer Heimat geflohen sind.

Unerschrockene Aktivistin
Maria W. Aljochina erregte zum ersten Mal die Aufmerksamkeit der russischen Behörden – und der Welt – als ihre Punkband und Performance-Art-Gruppe Pussy Riot 2012 einen Protest gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau veranstaltete. Für diese Rebellion wurde sie wegen «Rowdytum» zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, wie die «New York Times» schreibt. Doch die junge Frau (geboren 1988) blieb entschlossen, gegen Putins Unterdrückungssystem zu kämpfen, auch nachdem sie seit Sommer 2021 sechs weitere Male inhaftiert wurde, jeweils für 15 Tage, «immer unter erfundenen Anschuldigungen, die darauf abzielten, ihren politischen Aktivismus zu unterdrücken».

(dsc)

Quellen

(dsc/t-online)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Pussy Riot
1 / 9
Pussy Riot
Nun erst recht: Nach der gestrigen Verhaftung von Nadezhda Tolokonnikova demonstrieren die Pussy Riots erneut.
quelle: x80003 / pool
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Arnold Schwarzeneggers Rede an das russische Volk: Die Highlights
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
41 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Opossum2
11.05.2022 10:02registriert Januar 2022
Mittlerweile verstehe ich, warum sie damals in einer Kirche diese Show abgezogen haben. Die russisch-orthodoxe Kirche ist ja offenbar auch nur ein Arm des Regimes.
1915
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jureitis
11.05.2022 09:52registriert Januar 2022
Bewundernswert, wie sie und viele andere jahrelang trotz Repressionen gegen die Diktatur ankämpfen. Tiefster Respekt.
1734
Melden
Zum Kommentar
avatar
L.G.
11.05.2022 08:39registriert Juni 2016
Freut mich das Ihr die Flucht gelungen ist!
1757
Melden
Zum Kommentar
41
Nex Benedict: Behörden sehen Tod als Suizid – keine Anklage
Sieben Wochen nach dem Tod des nicht-binären Teenagers Nex Benedict liegt der Polizei-Autopsiebericht vor. Im Blut wurde ein Mix aus Medikamenten gefunden.

Nex Benedict, ein nicht-binärer 16-jähriger Teenager der Owasso High School, starb am 10. Februar, einen Tag nach einer Schlägerei in einer Schultoilette mit drei Mädchen. Der nun veröffentlichte staatliche Autopsiebericht kommt zu dem Schluss, dass es ein Suizid war. Menschenrechtsgruppen protestieren, dass die Folgen des langjährigen Mobbings ausser Acht gelassen werden, das Nex erlebte.

Zur Story