Russische Menschenrechtler haben Foltervideos aus einem Gefängniskrankenhaus in der Stadt Saratow veröffentlicht und damit Ermittlungen und Entlassungen erzwungen. Auf den Filmaufnahmen aus der Einrichtung rund 900 Kilometer südöstlich von Moskau sind Szenen schwerer Misshandlungen von Männern zu sehen. Der Chef des russischen Strafvollzugs, Alexander Kalaschnikow, entliess den Leiter des Gefängniskrankenhauses und weitere Bedienstete wegen Folterung von Gefangenen, wie die Behörde am Mittwoch mitteilte. Zudem wurden mehrere Strafverfahren eingeleitet.
Die russischen Straflager stehen international als «Hölle auf Erden» in der Kritik. Die Filmaufnahmen belegen nach Darstellung von Menschenrechtlern in bestürzender Weise die immer wieder kritisierten Zustände. Der Gründer der Organisation Gulagu.net, Wladimir Ossetschkin, sagte, dass es mehr als 1000 Videodateien aus dem Strafvollzugssystem gebe, die den «systematischen Charakter von Folter» bestätigen würden.
Aufnahmen gebe es etwa auch aus Straflagern und Gefängnissen aus der sibirischen Region Irkutsk und aus Wladimir in der Nähe von Moskau. «Das Videomaterial straft auch jene widerlichen Leugner Lügen, die in Russland Menschenrechtsarbeit imitieren und den Sicherheitskräften dabei helfen, den systematischen Charakter der Folter in Russland zu verschleiern», teilte Ossetschkin bei Facebook mit.
Opfer der Misshandlungen waren nach Angaben von Ermittlern in Saratow vier Männer in einem Tuberkulose-Krankenhaus. Zwischen Januar 2020 und Mai 2021 gab es demnach auch mehrere Vorfälle von sexueller Gewalt gegen Gefangene. Gulagu.net hatte am Dienstag und am Mittwoch Aufnahmen öffentlich gemacht und damit breites Entsetzen ausgelöst. Die Videoaufnahmen im Umfang von 40 Gigabyte wurde ihnen von einem ehemaligen Gefängnisinsassen zugespielt, der für das Gefängnisarchiv zuständig war.
Ossetschkin äusserte die Vermutung, dass die Videos im Auftrag des Inlandsgeheimdienstes FSB und des Strafvollzugs angefertigt wurden, um etwa Gefangene erpressbar zu machen. Teils gebe es auch Feinde der Inhaftierten, die gegen viel Geld die Folter bestellten und sich dafür Videobeweise liefern liessen, hiess es. (saw/sda/dpa)