Am kommenden Montag beginnt in London die Anhörung, die über die Zukunft von Julian Assange entscheidet. Die US-Justiz hat einen Auslieferungsantrag für den Wikileaks-Gründer gestellt. Assange soll mitgeholfen haben, geheimes Material über US-Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan zu veröffentlichen. Wird er verurteilt, drohen ihm bis zu 175 Jahre Haft. Assanges Vater, John Shipton, sagt im Gespräch, warum sein Sohn am ehesten in der Schweiz Asyl finden könnte.
Sie sind derzeit in Europa unterwegs und treffen sich mit Politikern. Was erwarten Sie von Ihren Treffen?
John Shipton: Ich werde für Julian eintreten und klar machen, dass es einen historischen Wandel in Europa gibt: Für freie Meinungsäusserung und freien Austausch in der europäischen Gemeinschaft. Es gibt eine anschwellende Unterstützung für Julian.
In welchem Land sehen sie denn die grössten Chancen auf Asyl für ihren Sohn?
Fangen wir doch in der Mitte an: der Schweiz. Die Schweiz wird Julian ein humanitäres Visum anbieten. Das ist die erste offizielle Anerkennung, und sehr wichtig. Auch in Frankreich wird es einen Versuch geben. Im absoluten Herzen Europas zu sein, würde bedeuten, in der Schweiz zu sein. Er kann sich dort von den Folgen seiner Folter erholen. Und er kann von dort aus Gastprofessuren in ganz Europa annehmen. Es wäre eine sehr feine Sache für Europa, eine Stimme wie Julian im Herzen Europas sitzen zu haben. Ich selbst lebe in Melbourne – und hätte es natürlich gerne, würde Julian eine Strasse weiter leben und auf eine Tasse Tee oder Kaffee vorbeikommen.
Was ist denn das Ziel Ihrer Mission?
Ich bin gerade in Wien, um mich mit dem Aussenministerium zu treffen, um hier für Beistand für Julian zu werben. Damit Österreich Teil dieser globalen Bewegung wird, die sich wünscht, dass Julian frei kommt – als Ikone der Unterdrückung von Journalisten und Publizisten. Das wird passieren. Aber Unterdrückung wird passieren, wenn Julian an die USA ausgeliefert wird. Das hiesse, dass jeder Bürger Europas, der seine Regierung in den Beziehungen zu den USA verstehen will, vor Gericht gestellt und ausgeliefert werden kann. Die Unterdrückung von Journalisten ist ein globales Problem. Wenn es nicht jetzt gelöst wird, dann wird es den Geschmack und den Geruch des kommenden Jahrhunderts bestimmen.
Wie ist der gesundheitliche und mentale Zustand Julian Assanges?
Ich kann seinen mentalen zustand nicht kommentieren. Ich kann nur meinen eigenen mentalen zustand kommentieren. Sein Gesundheitszustand ist ein Problem nach neun Jahren zunehmender psychologischer Folter, wie sie Nils Melzer (UNO-Sonderberichterstatter über Folter, Anm.d.Red.) in seinem Bericht hervorgehoben hat. Julian ist ein Intellektueller, ein feinfühliger Mensch. Und er sitzt in einem Hochsicherheitsgefängnis zusammen mit Terroristen und Mördern; ein feinfühliger Mensch aber eben einer mit einem sehr starken Willen.
Was erwarten sie von der Auslieferungsanhörung am Montag?
Ich arbeite jeden Tag, wie wir alle, für Julians Freiheit – in Erwartung eines eventuellen Erfolgs. Aber ich nehme jeden Tag, wie er kommt.
Ich entdecke, dass jemand eine Straftat begeht und veröffentliche/melde das.
Der Verbrecher bin natürlich dann ich, weil ich ein Verbrechen veröffentlicht habe. Nicht die Person, die die eigentliche Straftat begangen hat.