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50-Euro-Grenze für Schweizer Einkaufstouristen: Alles zur neuen Regelung

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Eine lange Autokolonne und ein Tram bahnen sich den Weg zum Zoll von Basel her beim Einkaufszentrum Rhein Center in Weil am Rhein, Deutschland, am Samstag, 17. Januar 2015.Bild: KEYSTONE

50-Euro-Grenze für Schweizer Einkaufstouristen – die wichtigsten Fragen und Antworten

Peter Schenk
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Zur Entlastung des Zolls hat die deutsche Regierung neue Regelungen für Einkaufstouristen aus der Schweiz beschlossen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Einführung der Bagatellegrenze von 50 Euro – und zur Einführung einer neuen App.
31.07.2019, 11:2531.07.2019, 13:44

Was ändert sich durch den Entscheid der deutschen Regierung?

Bisher konnten Personen mit Wohnsitz in der Schweiz sich bei jedem Einkauf in Deutschland die deutsche Mehrwertsteuer zurückerstatten lassen. Das war möglich ohne eine Mindestgrenze. Neu soll dies erst bei einem Einkauf ab 50 Euro gehen, die sogenannte Bagatellegrenze.

Wie ist die Bagatellegrenze definiert?

Einkäufe dürfen nicht kumuliert werden. Das bedeutet, sie müssen an der gleichen Kasse bezahlt werden. Es ist nicht möglich, Einkäufe im Bio-Laden, in der Buchhandlung und im Supermarkt zusammenzurechnen. Einen grünen Zettel für die Rückerstattung der Mehrwertsteuer erhält man erst, wenn der Einkauf in einem Geschäft 50 Euro oder mehr beträgt.

Wieviel würde man bei einem Einkauf von 50 Euro zurückerhalten?

Das kommt ganz auf den Mehrwertsteuersatz der eingekauften Waren an. Bei den Drogeriewaren liegt er in der Regel bei 19 Prozent. Wer im Drogeriemarkt für 50 Euro einkauft, erhält rund zehn Euro zurück. Den gleichen Mehrwertsteuersatz haben auch alkoholhaltige Getränke oder Säfte. Für Lebensmittel liegt er meist bei 7 Prozent. Die Erstattung wäre dann dementsprechend tiefer.

Ab wann gilt die neue Regelung?

Sie soll mit dem neuen Jahressteuergesetz Anfang 2020 in Kraft treten.

Ist die Bagatellgrenze zeitlich begrenzt?

Im Gesetzestext heisst es, dass sie abgeschafft wird, wenn eine neue digitale Lösung mit einer App auf dem Smartphone fertig ist. Das soll bereits Ende 2021 der Fall sein, könnte sich aber auch verzögern.

Wie läuft die Erstellung des digitalen Systems?

Der deutsche Zoll, der Detailhandel, die Konsumenten und die Finanzverwaltung sind schon seit Jahren an dem Thema. Es ist äussert komplex. Die App müsste flächenübergreifend in ganz Deutschland und auch auf Flughäfen funktionieren. Ein Problem war, dass der Bundesrechnungshof die 28 Millionen Euro, die für die Entwicklung des Systems bereit stehen, nicht frei geben wollte. Dies sollte jetzt aber schnell gelöst sein.

Wie funktioniert die App?

Jeder Konsument mit Wohnsitz in der Schweiz muss die App laden, sich registrieren und identifizieren. Das heisst, er muss gegenüber den deutschen Behörden nachweisen, dass er wirklich in der Schweiz lebt. Beim Übertritt an der Grenze reicht es, den Barcode zu scannen. Kontrollen, ob die angegebenen Waren wirklich ausgeführt werden, wird es weiter stichprobenartig geben.

Ist der Kunde verpflichtet, die App zu laden?

Nein. Nicht auszuschliessen ist, dass manche Personen sich dagegen wehren, weil sie den deutschen Behörden keine persönlichen Daten zur Verfügung stellen wollen. Laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee würden sich 70 bis 80 Prozent der befragten Personen registrieren lassen.

Bekommt man die Mehrwertsteuer auch ohne App zurück?

Im Gesetz wird nichts Gegenteiliges erwähnt. Zwei Bestimmungen für Personen mit und ohne App wären unwahrscheinlich.

Wird das Abstempeln am Zoll in Zukunft schneller gehen?

Das ist nicht gesagt. Der deutsche Zoll geht davon aus, dass von 15 Millionen grünen Zetteln, die 2018 an der Schweizer Grenze im Bereich der Hauptzollämter Singen und Lörrach abgestempelt wurden, ab 2020 ein Drittel, also 5 Millionen, wegfallen. Allein beim Hauptzollamt Lörrach sind derzeit 130 Zollbeamte mit dem Abstempeln beschäftigt. Mit der neuen Bagatellgrenze will der Zoll 43 Beamte und eine Lohnsumme von zwei Millionen Euro einsparen. Die Zollbeamten werden also weniger Arbeit haben, aber auch nicht mehr so viel sein. Prognose: Die Schlangen am Zoll bleiben.

Werden in Zukunft weniger Schweizer in Deutschland einkaufen?

Ja. Die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee geht von einem veränderten Einkaufsverhalten aus. Weil sie nicht mehr so oft ins Deutsche kommen, würde der Rückgang der Kunden bei 25 Prozent liegen. Um die benötigte Einkaufssumme von 50 Euro zu erreichen, dürften sie die Einkäufe gruppieren. Ob auch der Umsatz der deutschen Detailhändler im gleichen Ausmass sinkt, ist noch unklar.

Wie viele Schweizer kaufen im nahen Ausland ein?

Genauere Zahlen gibt es nicht. Man weiss nur, dass der Jahresumsatz durch Schweizer Einkaufstouristen zwischen Lörrach und Konstanz bei 1,5 Milliarden Euro liegt. In den meisten Branchen beträgt ihr Anteil 30 Prozent, bei einzelnen sogar bis zu 50 Prozent.

Ab wann bekommt man die MwSt. in anderen Nachbarländern der Schweiz zurück?

In Frankreich ab 175 Euro, in Österreich ab 75 Euro, in Italien ab 155 Euro. Für Gäste in der Schweiz gilt die Regelung bei Einkäufen ab 300 Franken. (bzbasel.ch)

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103 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Berick
31.07.2019 11:55registriert Februar 2016
Wer kauft denn für weniger als 50 € ein?
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DrFreeze
31.07.2019 12:15registriert November 2018
Richtiger Entscheid, wenn ich sehe dass gewisse Leute wegen 2 Euro Warenwert abstempeln gehen.
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Hein Doof
31.07.2019 12:03registriert Januar 2019
Man hätte die Grenze ruhig auch bei 100 Euro ansetzen können... Aber immerhin geht was :-)
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