Es geschah am 11. Juni 2023. In einem Hotelzimmer in Teheran wurde ein Schweizer Verteidigungsattaché aufgefunden. Der Diplomat aus dem Verteidigungsdepartement hatte gemäss Informationen von CH Media erhebliche Verletzungen am Kopf erlitten, an beiden Knien sowie im Brust- und Bauchbereich.
Das VBS bestätigte damals den Vorfall. Der Verteidigungsattaché sei in Islamabad stationiert und «im Iran seitenakkreditiert», er habe sich auf Dienstreise befunden.
Der Diplomat erholte sich in der Schweiz, absolvierte laut Informationen von CH Media medizinische Checks. Danach ging er wieder zurück auf seinen sehr exponierten Posten in Islamabad – oder er wurde dahin zurückgeschickt.
Diese Rückkehr wurde dem Mann, 63, jetzt offensichtlich zum Verhängnis: Am Morgen des 5. März 2024 wurde «der Verteidigungsattaché der Schweizer Botschaft in Islamabad leblos in seiner Dienstwohnung aufgefunden». So steht es in einer internen Mitteilung, die der Chef Internationale Beziehungen Verteidigung des VBS gleichentags an die Kolleginnen und Kollegen verschickte.
Laut der Mitteilung konnten die «aufgebotene Polizei sowie die Rettungsdienste nur noch den Tod» des Schweizers feststellen. Die Todesursache sei «momentan nicht bekannt; Hinweise auf eine Dritteinwirkung liegen aktuell nicht vor», hiess es. Und weiter: Die Spurensicherung und weitere Abklärungen durch die lokalen Behörden sei in Absprache mit den Schweizer Behörden sowie der Botschaft vor Ort im Gang.
Die Abteilung Internationale Beziehungen im VBS «trauert um einen engagierten Mitarbeiter und Kollegen und drückt den Angehörigen ihr tiefstes Beileid aus.» Das Verteidigungsdepartement VBS und das Aussendepartement EDA unterstützten die Angehörigen bei den weiteren Schritten.
Armeesprecher Stefan Hofer bestätigte den Todesfall am Dienstag gegenüber CH Media. Zur Todesursache sagte er, dass schon bei der ärztlichen Untersuchung in Islamabad keine äusseren Verletzungen beim Verstorbenen festgestellt worden seien. Die mittlerweile durchgeführte Obduktion in der Schweiz habe keine Hinweise auf Fremdeinwirkung ergeben. Der Abschlussbericht liege aber nicht vor; die Todesursache steht demnach noch nicht fest.
Militärattachés sind Offiziere mit Diplomatenstatus, die die Verteidigungsministerin und die Armee im Gaststaat vertreten und die Botschafterin oder den Botschafter in militärischen Fragen beraten. Sie liefern unter anderem auch Lagebilder über die Streitkräfte in der Region, wozu auch Aufklärungstätigkeiten gehören. Sie bezeichnen sich aber selbst nicht als Nachrichtendienstler.
Der Attaché ist der zweite Schweizer Diplomat innert wenigen Jahren, der in dieser Weltregion unter mysteriösen Umständen ums Leben kam. Das erste Mal traf es eine wichtige Angestellte von Aussenminister Ignazio Cassis.
In der Nacht auf den 4. Mai 2021 stürzte die Diplomatin, 51, vom Balkon ihrer Wohnung im 17. Stock eines Hochhauses in Teheran. Ihre Leiche wurde erst acht Stunden später von einem Gärtner entdeckt.
Die Frau war erste Sekretärin der Schweizer Botschaft im Iran. Sie leitete die Abteilung, die die Interessen der USA im Iran vertritt. Das führte zu Spekulationen, zumal niemand an Selbstmord glaubte. Die Frau war einst mit einem in den USA lebenden Iraner verheiratet.
In einem Gästezimmer wurde eine Notiz gefunden. Darauf stand in englischer Sprache:
In der Notiz gab es aber seltsamerweise keinen Hinweis auf eine bevorstehende Selbsttötung. Es gab auch kein Datum und keine Unterschrift. Das Schreiben könnte irgendwann verfasst worden sein.
Im Fall der toten Diplomatin führt die Bundesanwaltschaft seit fast drei Jahren ein Verfahren. Sie ordnete nach der Rückführung des Leichnams eine gerichtsmedizinische Obduktion an, «um weitere Informationen zu den Umständen des Todesfalls zu erhalten», wie eine Sprecherin festhält. Das Verfahren sei wegen «des Verdachts auf einen aussergewöhnlichen Todesfall eröffnet worden».
Dieses Verfahren laufe noch, hält die Bundesanwaltschaft auf Anfrage fest.