Von der Munotstadt direkt an die Schalthebel der weltweiten Klimapolitik. Der 21-jährige Schaffhauser Klimaaktivist Maurus Pfalzgraf weilt seit Dienstag für zehn Tage am Klimagipfel in Glasgow. Als ETH-Student hat er einen der begehrten Badges gekriegt – und kann mit einem «Observer-Status» die Panels mit den Mächtigen live vor Ort verfolgen.
«Wir steuern wegen der gescheiterten Klimapolitik der letzten Jahrzehnte auf eine beispiellose Katastrophe zu. Ich will besser verstehen, warum es so weit gekommen ist. Und wie man in solchen Verhandlungen etwas bewirken kann», so Pfalzgraf, der an der ETH Zürich Umweltnaturwissenschaften und Politik studiert. In den kommenden Tagen wird er auf watson über seine Erlebnisse in Schottland berichten.
Der Auftakt seiner Schottlandreise ist turbulent verlaufen. Wegen eines medizinischen Notfalls einer Bekannten musste er länger in London bleiben als geplant. Nun geht es aber richtig los. Am Abend tritt er an einer «Debate Night» des britschen TV-Senders BBC auf. Mit Kolleginnen und Kollegen feilt er zudem an einem offenen Brief von «Fridays for Future», der am Freitag veröffentlicht werden soll. Am Samstag steigt dann in Glasgow eine grosse Klimademo, bei der über 100'000 Teilnehmende erwartet werden.
Der Schaffhauser ist einer von 25'000 Gipfelteilnehmenden. Wegen den vielen Leute platzt Glasgow diese Tage aus allen Nähten. Pfalzgraf hat sich darum eine Unterkunft im rund 45 Minuten entfernten Edinburgh organisiert. «Zum Glück ist der Zugstreik vorbei, sonst wäre das Pendeln mühsam und klimaschädlicher geworden.»
In Glasgow hat er nun als Student und Klimaaktivist zwei verschiedene Hüte auf. «In den ersten Tagen geht es mir vor allem darum, mich mit den Leuten der Fridays-for-Future-Bewegung auszutauschen. In der zweiten Gipfelwoche beginnt für mich der offizielle Teil als angehender Umweltwissenschaftler.» Pfalzgraf dürften aufregende Tage bevorstehen. Denn erfahrungsgemäss beginnt das grosse Ringen um Abschlusserklärung des COP26 erst in den letzten Tagen. «Es laufen viele Pokerspiele, niemand will sich in die Karten schauen lassen», sagte jüngst Klimaexperte Andreas Fischlin im watson-Interview.
Welche Karten muss man ziehen, um endlich eine griffige Klimapolitik zu machen? Klimaschützer Pfalzgraf setzt sich auch in der lokalen Politik für mehr Umweltschutz ein. 2020 schaffte er für die Jungen Grünen den Sprung ins Schaffhauser Kantonsparlament.
Nicht nur dort hat Pfalzgraf grosse Ambitionen. Schon als Teenager hatte er sich hohe Ziele gesetzt. Er nahm als Junioren-Kanute an Welt- und Europameisterschaften teil. Die Sportkarriere hängte er 2020 an den Nagel. In der Spitzensport-RS kam das grosse Umdenken. Jetzt engagiert er sich mit Leib und Seele für das Klima. «Die Welt hat grössere Probleme, als dass ich über 1000 Meter noch 10 Sekunden schneller paddeln kann.»