Adem (Name geändert) hält die Schweizer Behörden seit dem Jahr 2012 auf Trab. Damals hatte der Äthiopier sein erstes Asylgesuch gestellt, das Staatssekretariat für Migration hatte es abgelehnt. Mit zwei weiteren Asyl- und einem Härtefallgesuch ist er ebenfalls gescheitert. Auch der Uno-Anti-Folter-Ausschuss hält Adems Ausschaffung für zulässig. Dennoch weigert sich der 41-jährige Mann, die Schweiz zu verlassen. Wegen exilpolitischer Aktivitäten drohe ihm in seiner Heimat Gefahr, argumentiert er.
Mehr Erfolg als mit den Asylgesuchen hatte er mit der Forderung nach Schadenersatz. Das Bundesgericht kam zum Schluss, er habe im Jahr 2020 49 Tage zu lange in Ausschaffungshaft im Gefängnis Bässlergut in Basel verbracht, weil der Vollzug der Wegweisung damals faktisch unmöglich gewesen sei.
Das Solothurner Verwaltungsgericht hatte Adems Staatshaftungsklage zuvor abgewiesen. Nun hat es den Fall neu beurteilt und Adem 1715 Franken Schadenersatz zugesprochen, 35 pro Tag. Adem hatte einen Tagessatz von 200 Franken verlangt. Er orientierte sich am Betrag, den Straftäter erhalten, die zu lange im Gefängnis sitzen.
Das Verwaltungsgericht hat den Betrag in seinem Urteil vom 3. Juli deutlich nach unten korrigiert. Gemäss der Rechtsprechung sei es zulässig, die Entschädigungssumme an die wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen jenes Ortes anzupassen, in den der Mann rückgeführt werden soll. Bekanntlich sind Lohnniveau und die Lebenshaltungskosten in Äthiopien um ein Vielfaches tiefer als in der Schweiz.
Das Verwaltungsgericht hielt zudem fest, die widerrechtliche Ausschaffungshaft habe sich überhaupt nicht auf Adems berufliches und soziales Leben ausgewirkt. Es kritisierte ihn für die Nichtkooperation mit den Behörden: «Der Kläger hält sich seit mehreren Jahren rechtswidrig in der Schweiz auf und weigert sich beharrlich, der Pflicht zur Rückreise in sein Heimatland nachzukommen.» Adem hat einen Monat Zeit, das Urteil vor Bundesgericht anzufechten. Gemäss Recherchen dieser Zeitung hält er sich immer noch im Kanton Solothurn auf.
Mit einem ähnlichen Fall hatte sich vor wenigen Wochen das Verwaltungsgericht des Kantons Appenzell Ausserrhoden befasst. Es sprach einem abgewiesenen Asylsuchenden aus der Elfenbeinküste, der sich zunächst als Guineer ausgab, pro Tag unrechtmässige Ausschaffungshaft 25 Franken zu, insgesamt 1375 Franken.
Ich als Laie lese nur, dass sich ein abgewiesener Asylbewerber acht Jahre später immer noch in der CH aufhält, in Ausschaffungshaft sitzt, trotzdem nicht ausgeschafft wurde und dann auch noch Schadenersatz erhielt.
Ist das Standard?