An Selbstbewusstsein mangelt es Jascha Rudolphi und Luca Steffen nicht. Die beiden Zürcher Jungunternehmer sind mit dem umstrittenen Verkauf von Atemschutzmasken während der Coronapandemie mehrfache Millionäre geworden. Die stolzen Preise, die sie damals in der Schweiz und in Deutschland realisierten, lösten eine hitzige Debatte darüber aus, inwiefern «Krisengewinnler» den überforderten Staat zu Beginn der Jahrhundertpandemie um Steuermillionen erleichterten.
Die geschäftstüchtigen Jungunternehmer sehen dies selbstredend anders – auch zwei Jahre danach. Auf der Website ihrer Firma Emix Trading schreiben sie heute, ganz der offenbar preissensiblen Kundschaft verpflichtet, die Firma biete «Import und Export zu wettbewerbsfähigen Preisen auch unter herausfordernden und rasch wechselnden Marktbedingungen».
Nun liegt es im Auge des Betrachters, wann ein Preis noch wettbewerbsfähig ist und wann er in Wucher umschlägt. Das Bundesland Bayern, das bei Emix eine Million Masken für 8.9 Millionen Euro bestellt hatte, hat auf diese Frage nun eine Antwort gefunden.
In Bayern arbeitet gerade ein Untersuchungsausschuss die dortige Maskenbeschaffung auf – von «der Aufklärung eines der grössten Politskandale in der bayerischen Geschichte» ist die Rede. Denn in Deutschland geht es nicht nur um mutmasslich überrissene Preise, sondern auch um den CDU-Klüngel um Andrea Tandler, die sich ihre Rolle als «Dealmakerin» für 48 Millionen Euro vergolden liess.
In diesem Zusammenhang wollte der FDP-Abgeordnete Helmut Kaltenhauser von der Bayerischen Regierung wissen, ob die Emix-Preise damals die höchsten gewesen seien, die jemals pro Maske bezahlt wurden.
Kürzlich beantwortete die bayerische Regierung auf diese schriftliche Anfrage mit einem «Ja»: «Nachdem der reguläre Markt insbesondere für den Vertrieb von Schutzmasken Anfang 2020 zusammengebrochen war, da die Nachfrage das Angebot wochenlang deutlich überstieg, wurden für Masken aus heutiger Sicht exorbitante Preise aufgerufen. (…) Eine marktübliche Preisbildung war (…) zu jener Zeit ausgeschlossen.»
In Deutschland belieferte Emix nicht nur das Gesundheitsministerium von Jens Spahn, sondern auch einzelne Bundesländer wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen. Am teuersten zu stehen kamen die Maskengeschäfte mit den Jungunternehmern das Bundesland Bayern. Anfang März 2020 kam ein Vertrag zustande, der den Preis für eine Million FFP2-Masken bei 8.90 pro Stück festsetzte. Die Münchner Staatsanwaltschaft schätzt, dass sich der gesamte Gewinn aus den Geschäften in Deutschland auf bis zu 300 Millionen Euro belief – bei einem Umsatzvolumen von sagenhaften 700 Millionen Euro.
Was sagen Jascha Rudolphi und Luca Steffen dazu? Das hätte auch den bayerischen Untersuchungsausschuss interessiert. Er hatte die beiden deshalb als Zeugen vorgeladen. Als Schweizer Staatsbürger waren sie jedoch nicht verpflichtet, dort zu erscheinen und tauchten wenig überraschend auch nicht auf. Der Leiter des bayerischen Untersuchungsausschusses, Winfried Bausback, macht nun mit einem Gesuch um Rechtshilfe Druck und setzt auf die Hilfe der Schweizer Behörden. Er will von den Masken-Millionären zumindest schriftliche Stellungnahmen einfordern, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtete.
Das Bundesamt für Justiz bestätigt auf Anfrage von CH Media, dass ein entsprechendes Gesuch aus Bayern eingegangen ist. Dieses werde nun geprüft, so eine Sprecherin.
Während Bayern die Emix-Preise nachträglich als «exorbitant» beurteilt, sehen dies die Schweizer Behörden anders. Noch im Frühling 2021 machte die interne Revision des Verteidigungsdepartements «starke Anzeichen» aus, dass der Bund im Coronafrühling 2020 die Masken «zu Marktpreisen eingekauft» habe. Der Armeeapotheke verkaufte die Emix insgesamt Masken im Wert von 22.6 Millionen Franken. Dabei kostete eine FFP2-Maske damals bis zu rekordverdächtigen 9.90 Franken pro Stück. Nachträglich zeigten sich zudem Qualitätsmängel, die die Emix bestreitet.
Im Vergleich zu Bayern ist die Aufarbeitung der Maskenbeschaffung erst zögerlich in die Gänge gekommen. Einen Untersuchungsausschuss wie im deutschen Bundesland gibt es nicht. Stattdessen laufen verschiedene Strafverfahren. Die Zürcher Staatsanwaltschaft III für Wirtschaftsdelikte prüft, ob es sich bei den Preisen um «Wucher» handelte.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen das VBS unter anderem in der Frage, ob sich Beamte strafbar gemacht haben, weil sie wahrheitswidrige Aussagen über Preise und Qualität verbreitet haben. Zudem sei der Rückruf der mangelhaften Emix-Masken zu spät erfolgt und der Kaufpreis hätte zurückgefordert werden müssen. Ob Anklage erhoben wird, ist in beiden Fällen noch offen, wie die beiden Behörden auf Nachfrage erklären.
Dass das Verteidigungsdepartement sich in der Schutzmasken-Affäre grobe Fehler geleistet hat, stellte im Februar die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK) fest. Da die Schweiz nicht über eine akkreditierte Prüfstelle für Masken verfügt, gab es nur behelfsmässige Qualitätsprüfungen. Und als sich die Pandemie im Sommer entspannt hatte, nahm das VBS die Qualität der Emix-Masken nicht erneut unter der Lupe. «Dadurch wurden Möglichkeiten zur Mängelrüge und allenfalls auch Möglichkeiten, von Verträgen zurückzutreten, verpasst (bspw. im Fall Emix)», so die GPK.
Auch bei den ausgehandelten Preisen setzt die Kommission Fragezeichen. Sie kritisiert die interne Revision des VBS, die zum Schluss gekommen war, dass es sich um marktgerechte Preise gehandelt habe. Die «Plausibilisierung» der VBS-Revision, die ohne konkrete Vergleiche mit anderen damaligen Angeboten arbeitete, überzeugte die GPK jedoch nicht. Der Bericht sei deshalb «methodisch ungenügend». Auf eine eigene Untersuchung zu diesen Fragen wie in Bayern drängt die GPK indes nicht. Sie hofft, dass die Staatsanwaltschaften die Frage des Wuchers nun klären.
Insgesamt beurteilt sie die Leistung des VBS bei der Maskenbeschaffung kritisch – besonders mit Blick auf die Transparenz: Es sei «bedauerlich, dass das VBS die Mängel bei den Qualitätskontrollen der Masken und deren Konsequenzen gegenüber der Kommission erst nach mehrmaligem Nachfragen und unter einem gewissen Druck eingeräumt hat».
Der Bundesrat hat sich vor zwei Wochen zur ungewohnt deutlichen Kritik der Parlamentarier geäussert. Er stellt sich vor die Armeeapotheke und das VBS und betont die schwierigen Bedingungen, die damals herrschten. Dass so auch Fehler passierten, sei verständlich. «Letztlich ist es auch dem grossen Einsatz der Armeeapotheke zu verdanken, dass dem Gesundheitswesen genügend Schutzmasken zur Verfügung standen.»
Zur Frage, ob die Preise überzogen waren, äussert sich der Bundesrat nicht. Er sieht auch keinen Handlungsbedarf für eine eigene Untersuchung dazu. Einen Vorschlag der GPK will der Bundesrat aber prüfen: Es soll eine akkreditierte Qualitätsprüfungsstelle für Masken geschaffen werden. (aargauerzeitung.ch)
Am Ende zeigt dies einzig und allein: viele staatliche Stellen das Besorgungswesen nicht im Griff. Hier müsste dringend ausgemistet werden. Angefangen mit mehr Transparenz, damit der Stimmbürger sieht, wie viel Geld über derartige Besorgungsgeschäfte an die Freunde der entsprechenden Beamtenfliesst.
"Wir verlangen eine Untersuchung!"
"Ah, es sind SVPler? Keine Untersuchung! Was für schlaue Geschäftsleute!"
SVP ist wenn Profit aus der Not von Menschen gemacht wird. Geld und Gier vor Mensch und Moral.
Quelle: https://www.watson.ch/schweiz/z%C3%BCrich/544408366-masken-millionaere-sind-svpler-franz-grueter-gratuliert-ihnen