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Wenn Politiker die Corona-Regeln nicht ganz so ernst nehmen

«Lockdown? Nicht für mich»: Wenn Politiker die Corona-Regeln nicht ganz so ernst nehmen

11.12.2021, 16:0011.12.2021, 16:00
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Politiker sollten sich vorbildlich verhalten. In Pandemiezeiten bedeutet das auch, keine ausschweifenden Partys oder Orgien zu feiern. Zumindest theoretisch.

Praktisch aber halten sie sich nicht immer alle Politiker daran. Hier ein Best of der ungeschicktesten Pandemie-Party-Ausrutscher:

England: Das Business-Meeting

Dezember 2020

«Eine Regel für sie und neue Regeln für den Rest von uns», schrieb die «Daily Mail» gestern. Gemeint waren die Regeln bezüglich Corona-Massnahmen in der Downing Street.

Der Sender ITV veröffentlichte letzte Woche ein Video, das zeigt, wie Johnsons Berater Ed Oldfield und seine damalige Sprecherin Allegra Stratton einige Tage nach einer Weihnachtsparty in der Downing Street in einer Probe für eine Pressekonferenz über die Antwort auf eine mögliche Frage nach einer Party witzeln: «Würde der Premierminister eine Weihnachtsfeier dulden?», fragt Oldfield. «Wie lautet die Antwort?», gibt Stratton kichernd zurück. «Es war ein Business-Meeting», sagt sie lachend.

Damals hat kein Medienvertreter Stratton auf die Weihnachtsparty angesprochen. Aktuell ist die Weihnachtsparty in der britischen Presse aber das grosse Thema. Denn im Dezember 2020 galten strikte Kontaktbeschränkungen, Feiern und Zusammenkünfte waren verboten.

Stratton ist mittlerweile zurückgetreten. Johnson selber hat an der Feier nicht teilgenommen.

Finnland: Regierungschefin in der Disco

Dezember 2021

Ein «besseres Urteilsvermögen» hätte sie haben sollen. Das schrieb die finnische Regierungschefin Sanna Marin reuig auf Facebook. Denn die 36-Jährige hatte letzten Samstag in der Disco gefeiert – während ihr Aussenminister, Pekka Haavisto, positiv auf das Virus getestet worden war. Obwohl sie zuvor engeren Kontakt zu Haavisto gehabt hatte, musste sie nach finnischer Gesetzeslage nicht in Quarantäne. Sie hat also eigentlich nichts falsch gemacht – aber ein besseres Urteilsvermögen über eine mögliche Aussenwirkung einer solchen Aktion wäre für die Finnen wünschenswert gewesen.

Marin war bereits wiederholt wegen Partys in ihrer offiziellen Residenz in die Kritik geraten. Marin sagt dazu: «Ich bin eine Vertreterin der jüngeren Generation. Und ja, das spiegelt sich in meiner Art zu arbeiten und zu leben wider.»

Österreich: Gala während Lockdown

November 2021

Wir befinden uns im Jahr 2021 n. Chr. Ganz Österreich ist im Lockdown. Ganz Österreich? Nein! Unbeugsame Politiker bevölkern eine Charity-Party.

Die österreichische Bevölkerung harrt zu Hause im Lockdown, Veranstaltungen sind abgesagt und Lokale geschlossen. Währenddessen waren bei der «Licht ins Dunkel»-Gala in Wien unter anderem der damalige Kanzler Alexander Schallenberg, Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Vize Werner Kogler zu Gast – und das ORF überträgt die Sause in alle Stuben.

Zwar ging es in der Sendung um den guten Zweck, für die Unterhaltung der Gäste und des Fernseh-Publikums traten aber auch Bands auf. Zum Beispiel «Opus» mit dem Klassiker «Live is Life». Zu den Tönen der österreichischen Gruppe standen alle Gäste auf, klatschen und schunkelten bei bester Laune – ohne Abstand oder Maske.

Brüssel: Illegale Sex-Party

Dezember 2020

Belgien hat im Dezember 2020 den Lockdown verhängt. Trotzdem feiern 25 Männer im ersten Stock einer LGBTQI-Bar eine Orgie. Unter den Feiernden: ein EU-Parlamentarier und mehrere Diplomaten. Als die Polizei eintrifft und die Bar wegen Verstosses gegen die Lockdown-Regeln durchsucht, versucht der EU-Parlamentarier über die Dachrinne zu fliehen – unbekleidet.

Gegenüber den Beamten habe der Mann umgehend seine parlamentarische Immunität geltend gemacht und gedroht, den belgischen Aussenminister einzuschalten, schrieben belgische Zeitungen zum Vorfall.

Der ungarische Politiker Jozsef Szajer hat einige Wochen nach den ersten Gerüchten in den Medien die Teilnahme an der illegalen Party in Brüssel eingeräumt: «Ich war anwesend», schrieb der 59-Jährige in einer offiziellen Stellungnahme. Szajer war damals Mitglied der wertkonservativen Fidesz-Partei von Premierminister Viktor Orban.

Schweiz: Gratulation, Alex!

Dezember 2020

Der Schwyzer SVP-Politiker Alex Kuprecht wurde im Dezember vor einem Jahr zum Ständeratspräsidenten gewählt. Und zu seinen Ehren spielte eine bekannte Ländlerkapelle im Parlament auf.

Während die Schweizer Parlamentarier sich ob des lüpfigen Auftritts erfreuten, versuchte der Rest der Schweiz, die Pandemie nicht in die Welt zu posaunen.

Kuprecht konnte die säuerliche Stimmung der Bevölkerung aufgrund der musikalischen Einlage nicht verstehen und erklärte gegenüber dem Blick: «Die Corona-Regeln waren jederzeit eingehalten. Der Abstand von den Musikern betrug mehr als drei Meter».

(yam)

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Andyk
11.12.2021 16:56registriert September 2018
Auch die Tatsache, dass im Bundeshaus keine Masken getragen werden, finde ich komisch. Sie argumentieren damit, es sei keine Pflicht, da sie Trennschutzwände haben..haben wir auch bei der Arbeit. Es wurde trotzdem die Regelung eingeführt, dass auch dann immer eine Maske getragen werden muss, wenn sich mehr als eine Person im gleichen Raum aufhält. Wir versuchen keine Vorbilder zu sein, sondern nur uns und die anderen schützen. Aber naja..so ist es halt, wenn man nur das Minimum macht und auf Vorgaben wartet, anstatt diese auch mal freiwillig einzuführen.
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stormcloud
11.12.2021 16:55registriert Juni 2021
Alle sind gleich, aber manche sind gleicher. Besonders übel, wenn diese Leute einen Vorbildcharakter haben.
Bestrafen können sie letztlich nur die Wähler...
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Clife
11.12.2021 17:08registriert Juni 2018
Komisch, dass gemäss der Gesetzeslage jeder sonst die „Party“ auflösen muss, aber im Parlament ist dies nicht der Fall. Wann haben wir eigentlich die Monarchie wieder eingeführt? Das muss mir entgangen sein.
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