Henning Conle hat sich den Ruf erarbeitet, ein Phantom zu sein. Er ist einer der reichsten Unternehmer der Schweiz, doch es existiert kein öffentliches Bild von ihm. Vor zehn Jahren holte ihn die damalige AfD-Chefin Frauke Petry am Flughafen Leipzig ab und wusste nicht, nach wem sie Ausschau halten sollte. Von Conles Büro erhielt sie deshalb per SMS einen Steckbrief des Gesuchten: «Dunkle Hornbrille, Lederjacke, kurzer Bart, wenig Haar». Dies berichteten ZDF und «Correctiv».
«Die AfD ist jetzt endlich mal eine Partei, der man sein Geld geben kann», soll Conle gemäss staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen einst gesagt haben. Er wollte anonym bleiben, doch Petry wollte keine verdeckten Parteispenden annehmen. Diese sind in Deutschland verboten. Ihre Nachfolger hingegen sollen nach Lösungen gesucht haben, um die Transaktionen zu ermöglichen.
2017 überwies Conle der Partei 150'000 Franken – damals über einen Zürcher Drogisten. Im Februar enthüllten der «Spiegel» und der «Standard», dass der Immobilienmilliardär der AfD über einen österreichischen Strohmannerneut erneut eine Spende überwiesen haben soll. Diesmal geht es um 2,4 Millionen Euro. Beide Male unterstützte er den Wahlkampf von Spitzenkandidatin Alice Weidel, die in Einsiedeln SZ und Überlingen (D) wohnt.
Nun zeigen Recherchen, dass der 81-Jährige in der Schweiz präsenter ist als bisher bekannt. Grundbucheinträge dokumentieren sein Immobilienportfolio. Gelöschte Archivartikel berichten von seiner Einbürgerung. Seine Flugdaten legen seinen Lebensmittelpunkt in Zürich nahe. Handelsregisterunterlagen belegen, dass er 15 Millionen Franken in Zürcher Spitzenforschung investiert hat. Und die Aussage eines Bundesrats bestätigt, dass er auch in der Zürcher SVP vernetzt ist.
Conle stammt aus Duisburg und hat Wohnsitze in London und Zürich. Diese setzt er gezielt ein, um verwirrende Spuren zu legen. Von seinem Vater hat er ein Immobilienimperium von Sozialwohnungen geerbt, das er kontinuierlich ausgebaut hat.
In der Schweiz kommt er auf etwa 2500 Mietobjekte, die er über seine Immobilienfirma Miwo verwaltet. Dazu gehören viele graue Wohnblöcke, in die er wenig investiert. Gemäss den Google-Rezensionen reagiert die Verwaltung nicht, wenn sich Mieter über einen defekten Herd oder Ratten im Keller beklagen. Conle erweckt den Anschein, als sei er nur der Verwalter. Doch Grundbucheinträge zeigen, dass er die Immobilien persönlich besitzt. Dabei gibt er meist seine Adresse in England an.
Henning Conle, Kensington, London – die Grundbucheinträge klingen, als wäre der Besitzer weit weg. Dabei wohnt er nebenan. Sein Hauptwohnsitz liegt in Zürich. In den 1990er-Jahren hat er sich an der Goldküste niedergelassen und später zwei benachbarte Villen auf dem Zürichberg gekauft; eine für sich und eine für seinen Sohn gleichen Namens, Henning Conle junior.
Conle gilt als deutscher Staatsbürger. Dabei hat er sich in der Schweiz längst einbürgern lassen. Diese Information ist in Vergessenheit geraten, weil sie aus der Schweizer Mediendatenbank verschwunden ist.
Für den Schweizer Pass bezahlte er eine Einbürgerungsgebühr von 49'000 Franken. Dies berichtete die «Bilanz» vor zehn Jahren und schätzte sein Vermögen auf 1,25 Milliarden Franken. Die Zeitschrift führte ihn deshalb jahrelang im Ranking der reichsten Schweizer. Doch dann tauchte er plötzlich nicht mehr in der Liste auf, und die «Bilanz» löschte die Archiveinträge – mutmasslich nach einer Intervention Conles.
Damals konnte er noch argumentieren, sein Reichtum sei Privatsache. Deshalb wollte er auch in der Politik als Strippenzieher im Hintergrund bleiben. Spätestens seine umstrittenen Rollen in den Spendenaffären machten ihn jedoch zu einer Person der Zeitgeschichte.
Henning Conle möchte unter dem Radar bleiben. Seinen Privatjet hat er deshalb auf einem Miniflughafen im deutschen Bremgarten stationiert, 40 Kilometer nördlich von Basel. Hier kann er unerkannt abheben, aber nur bei guter Sicht landen. Denn der Flughafen verfügt über keinen Präzisionsanflugradar.
Conle hält über eine eigene Fluggesellschaft, die stets zu seinen Diensten ist, eine Dassault Falcon 900LX. Die Schweiz besitzt ein ähnliches Modell als Bundesratsjet, allerdings in einer einfacheren Variante.
Eine Auswertung der Flugdaten ergibt ein Bewegungsprofil. Demnach steuerte Conles Jet in den vergangenen Jahren am häufigsten Zürich an. Hier steht der Flieger auch am häufigsten für längere Zeit herum. Regelmässig pendelt der Jet nach Klagenfurt in Österreich, wo die Familie neben Immobilien eine Waffenschmiede für Jagdwaffen und ein Jagdrevier samt riesigem Wald besitzt. Nach England fliegt der Jet hingegen nur selten.
Viele Geschäfte erledigt Conle auf dem Zürichberg. Er besucht die Drogerie im Quartier, wo er den Inhaber einst als Strohmann für seine erste AfD-Spende gewonnen hat.
Bei gesundheitlichen Problemen wendet sich das Ehepaar an die Zürcher Universitätsklinik Balgrist, die ebenfalls in Gehdistanz der Villa liegt. Die Conles haben hier ihren Wunderarzt gefunden.
Der Orthopäde Mazda Farshad entwickelt eine Lösung für Patienten, denen im Alter der Kopf nach vorne hängt. Mit Spendersehnen stabilisiert er die Wirbelsäule. So bleibt sie beweglich, während sie bei konventionellen Eingriffen versteift.
Das Ehepaar Conle profitierte dem Vernehmen nach selbst von diesem Eingriff und erhielt ein verstärktes Rückgrat – ein lebensveränderndes Ereignis. So sollen die beiden auf die Idee gekommen sein, die revolutionäre Technologie zu fördern und weiteren Patienten zugänglich zu machen.
Im Mai 2024 investierten die Conles 15 Millionen Franken in die Firma Moving Spine. Das ist ein Spin-off der Zürcher Universitätsklinik und das Experimentierfeld von Chirurg Farshad. Die Conles halten nach einer Kapitalerhöhung die Hälfte der Aktien. Henning Conle sitzt im Verwaltungsrat der Medtech-Firma. Seine Frau Dorit führt die Firma, die das Geld investierte. Das Gründungskapital wiederum stammte von einer Offshore-Gesellschaft auf den Britischen Jungferninseln.
Henning Conle senior und junior engagieren sich auch in der lokalen Politik. Sie luden Spitzenpolitiker der Zürcher SVP und der Mutterpartei mehrmals zu Abendessen in ein Bootshaus in Stäfa am Zürichsee. In diesem exklusiven Rahmen brachten die Conles ihre Ideen in die Politik ein und vernetzten sich.
Bei einem dieser Treffen war Albert Rösti als Präsident der SVP Schweiz vor acht Jahren dabei. Der heutige Bundesrat bestätigt dies auf Anfrage und sagt: «Nach meiner Erinnerung waren rund zwanzig Personen anwesend. Es handelte sich um ein geselliges Beisammensein unter Parteifreunden.» Danach habe er – soweit ihm bekannt – Conle nicht mehr persönlich getroffen.
Henning Conle sponserte 2017 das 100-Jahr-Fest der SVP Zürich, wofür ihm die Partei in der Parteizeitung dankte. Der Eintrag in der Spenderliste zeigt allerdings auch, dass die Parteifunktionäre den neuen Financier nicht wirklich verstanden. Er sucht nicht nach öffentlicher Anerkennung. Im Gegenteil: Es wäre ihm wohl am liebsten gewesen, sein Name wäre nie aufgetaucht.
Seit zwei Jahren tritt Conle im Handelsregister allerdings vermehrt unter seinem eigenen Namen auf, während er früher Stellvertreter zeichnen liess. Seine Geschäfte tätigt er dennoch am liebsten anonym.
Eine Vielzahl von Firmen in Deutschland, England, Österreich und der Schweiz gehört zu seinem Reich. Eine Firmenstruktur ist nicht erkennbar, dafür eine Reihe verschiedener Anstalten in Liechtenstein, die von einem Treuhandbüro gemanagt werden. So etwa die Thalassoleon Anstalt. Sie verfolgt das erklärte Ziel, ausgewählte Unternehmen unabhängig von Banken zu machen. Die unterstützten Firmen sollen dadurch auf dem Immobilienmarkt schneller und schlagkräftiger werden.
Conle ist damit der Gegenentwurf des insolventen René Benko. Wo dieser mit maximaler Fremdfinanzierung arbeitete, setzt Conle mit seiner Bankenskepsis auf eigenes Geld. Wo sich jener ein Labyrinth anonymer Aktiengesellschaften schuf, baute Conle auf ein Konstrukt mit Kommandit- und Kollektivgesellschaften. Während Benko zudem spekulativ mondäne Geschäftsliegenschaften anschaffte, beruht Conles Reichtum – in der Tradition der Familie – auf Mietskasernen.
Der grösste Unterschied jedoch: Wo Benko das Rampenlicht suchte, bleibt Conle hinter den Kulissen. Ein Telefonanruf wird in seiner Villa grusslos abgebrochen. Auf Fragen bei seinem Anwalt erfolgte keine Reaktion.
Mitarbeit: Ruben Schönenberger
(aargauerzeitung.ch)
Das heisst, der ach so verhasste Sozialstaat buttert seit jahrzehnten jeden Monat pünktlich den Mietzins auf sein Konto. Die Wohnungen lässt er velottern, schliesslich haben die Bewohner nicht sie Mittel, sich zu wehren. Seine Lieblingsparteien gehen danach mit Hetze gegen Armutsbetroffene und die "Sozialindustrie" auf Stimmenfang.