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G-7 üben in einem Brief Druck auf die Schweiz aus

28.06.2022, Bayern, Elmau: US-Pr
Das letzte G-7 Treffen war in Deutschland im Juni 2022. Bild: DPA

G-7 üben in einem Brief Druck auf die Schweiz aus

Botschafter der G-7-Staaten haben einen Brief an den Bundesrat geschrieben. Sie fordern härtere Sanktion gegen Russland.
14.04.2023, 14:4414.04.2023, 17:24
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In einem Brief an den Bundesrat werfen die Botschafter der G-7-Staaten der Schweiz vor, die Sanktionen gegen russische Oligarchen ungenügend umzusetzen. Dem «Tagesanzeiger» liegt das ganze Schreiben vor. Bisher war nur die Existenz des Briefes bekannt.

Der Brief wurde von den Botschaftern Michael Flügger aus Deutschland, Scott C. Miller aus den USA, Frédéric Journès aus Frankreich, Silvio Mignano aus Italien, Patrick Wittmann aus Kanada, James Squire aus Grossbritannien, Fujiyama Yoshinori aus Japan und Petro Mavromichalis von der EU unterzeichnet, der bei der G-7 nur Beobachterstatus hat.

Zuerst Lob, dann folgt harsche Kritik

Höflich ist nur der Einstieg des Briefes: Die G-7-Gruppe schreibt, sie würden «die Reaktion der Schweiz auf die russische Invasion vor über einem Jahr» anerkennen. Die Schritte der Schweiz – sich den Sanktionen anzuschliessen, die Sanktionen auszuweiten, Vermögen einzufrieren und eine Preisobergrenze für russisches Öl zu verhängen – seien «sowohl lobenswert als auch wichtig».

Und dann beginnt die Kritik: Unter anderem sei die Sorge aufgekommen, dass Schweizer Datenschutzbestimmungen im Bankensektor «auch dazu verwendet werden können, die Spuren von geparktem Vermögen (‹financial shelter›) zu verschleiern». Zudem bestehe auch die Befürchtung, dass der Schutz der Privatsphäre die Strafverfolgungsbehörden daran hindere, illegale Finanzstrukturen zu untersuchen.

Nachdem die G-7-Vertreter mit Anwaltsorganisationen und Strafgeldverfolgungsbehörden in Bern gesprochen hatten, fordere man die Schweizer Regierung also dazu auf, «weitere Schritte zu unternehmen, um die Unterscheidung zwischen dem Schutz der Privatsphäre von Rechtssuchenden und denjenigen zu klären, die die Privatsphäre missbrauchten, um wirtschaftliche Eigentümer zu schützen». Damit seien die russische Elite und die russischen Geschäftsleute gemeint, schreibt der «Tagesanzeiger».

Zu wenig Geld eingefroren?

Beamte des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) hielten zuvor fest, dass sie keine Vermögenswerte einfrieren können, die von Doppelbürgern stammen, von Personen mit legalem Wohnsitz in der Schweiz und von Personen mit rechtlichen Verbindungen zu Schweizer Unternehmen. Ebenfalls könnten keine Vermögen eingefroren werden, die indirekt via Firmenkonstrukte Vermögenswerte kontrollierten.

Dies wird von der G-7-Gruppe angezweifelt: Die 7,5 Milliarden an eingefrorenen Russengeldern seien zu wenig. Die Botschafter schreiben: «Unabhängige Quellen schätzen, dass der Gesamtbetrag, der in der Schweiz gehalten wird, deutlich höher sein könnte.» Die «unabhängigen Quellen» werden dabei nicht genauer deklariert.

Dann heisst es: «Wir teilen die Besorgnis, dass diese Schlupflöcher den Ruf der Schweiz gefährden.» Sie schlagen dem Bundesrat vor, verdächtige Finanzstrukturen aktiv zu untersuchen, Ermittlungsressourcen aufzustocken und «weitere Leitlinien für die Einhaltung der Vorschriften in Betracht zu ziehen».

Beitritt in die Repo-Taskforce

Auch ein Beitritt in die Repo-Taskforce wird gefordert. Die Aufgabe der Taskforce ist es, versteckte Gelder der russischen Elite und russischer Geschäftsleute aufzuspüren, einzufrieren oder zu beschlagnahmen.

Zur Repo-Taskforce gehören bislang nur die G-7-Staaten und Australien. Doch die Schweiz hat sich bisher gegen eine volle Beteiligung an der Taskforce entschieden.

Schweiz lädt die Botschafter vor und widerspricht dem Brief

Der Bundesrat habe den G-7-Brief dem Seco übergeben, berichtet die NZZ.

Die involvierten Stellen der Bundesverwaltung widersprechen dem Botschafterbrief in einer Stellungnahme Punkt für Punkt, schreibt der «Tagesanzeiger». Das Wirtschaftsdepartement schreibe, dass die Vorwürfe im G-7-Brief nicht zutreffend seien. Die Schweiz werde nun alle Botschafter zu einer klärenden Aussprache einladen.

Insbesondere weist das Seco den Vorwurf zurück, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte in der Höhe von 7.5 Milliarden Franken seien zu tief. Immerhin entspreche die Höhe der von der Schweiz blockierten Vermögenswerte gut einem Drittel der in der ganzen EU eingefrorenen Summe von 21,5 Milliarden.

(oee)

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90 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Allkreis
14.04.2023 15:13registriert Januar 2020
Es würde mich absolut nicht wundern, wenn die Kritik der G-7 berechtigt ist. Die Schweizer Behörden haben ganz sicher keine Kontrolle über die Aktivitäten der Finanzinstitute und Verwalter, Briefkastenfirmen, etc...
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MarGo
14.04.2023 16:16registriert Juni 2015
"... sie befürchten, dass diese Schlupflöcher dem Ansehen der Schweiz schaden könnten."

Au contraire mes frères - Das ist es, was die Schweiz zur Schweiz machte ;) ;D
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butlerparker
14.04.2023 16:10registriert März 2022
Lustig vor allem der letzte Satzz:

"Immerhin entspreche die Höhe der von der Schweiz blockierten Vermögenswerte gut einem Drittel der in der ganzen EU eingefrorenen Summe von 21,5 Milliarden."

Liebe Seco, wenn das alles ist, was Ihr zur Begründung anbringen könnt, dann könnte Ihr echt einpacken. Klar, wenn rechtzeitig das meiste Vermögen der RUS Oligarchen + mit RUS verbundenen Unternehmen in der CH versteckt wurde, dann kann hat man anderswo natürlich keinen Zugriff mehr darauf.

Ich finde, da habt Ihr Euch ein verspätetes Osterei ins Nest gelegt.
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